„Am 11. April wird der Bundestag in namentlicher Abstimmung über die Änderung des Stammzellgesetzes beschließen. Auf den Abgeordneten aller Parteien liegt an diesem Tag eine besonders schwere Verantwortung. Von ihnen hängt es ab, ob der 11. April zu einem schwarzen Tag für den Lebensschutz in Deutschland wird oder ob er einen Gewinn für die Menschenwürde der Schwächsten und Wehrlosesten bringt. 

Als Erzbischof von Köln fordere ich alle Abgeordneten des Bundestags auf, ihre Gewissensentscheidung an der höchsten und wichtigsten Norm des Grundgesetzes auszurichten: Die Würde jedes Menschen ist unantastbar. 

Die katholische Kirche hat aufgrund des christlichen Menschenbilds dazu eine ganz klare und eindeutige Position: Das Leben des Menschen beginnt mit der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle. Von diesem Zeitpunkt an verbietet es sich, den Menschen als bloßes Zellenmaterial zu benutzen. Kein medizinischer oder wissenschaftlicher Zweck erlaubt es uns, von dieser Norm eine Ausnahme zu machen. 

Embryonale Stammzellen werden gewonnen durch schwere Schädigung oder Tötung von Menschen am Anfang ihrer Existenz. Auch falls die Gewinnung solcher Stammzellen in Deutschland verboten bleibt und nur importierte Zellen für Forschungszwecke benutzt werden, können wir uns über eine Tatsache nicht hinwegtäuschen: Jeder Nutznießer von aus dem Ausland eingeführten embryonalen Stammzellen trägt Mitverantwortung und Mitschuld für die Art und Weise, wie diese Stammzellen gewonnen sind. Dasselbe gilt auch für diejenigen, die mit ihren politischen Entscheidungen die Voraussetzungen dafür schaffen. 

Es war bereits ein großer Fehler, dass man sich seinerzeit überhaupt auf die Stichtagsregelung im Stammzellgesetz eingelassen hat. Schon damals war vorauszusehen, dass diese Festlegung irgendwann in Frage gestellt würde. Der völlige Verzicht auf die Forschung an embryonalen Stammzellen ist daher letztlich der einzige Weg, um das Unrecht gegen Würde und Leben embryonaler Menschen zu beenden. 

Auf keinen Fall aber darf es dazu kommen, dass durch eine Verschiebung oder Aufhebung des bestehenden Stichtages die gesetzlichen Beschränkungen, die jetzt noch bestehen, weiter aufgeweicht werden. Darum appelliere ich nachdrücklich an alle Abgeordneten des Bundestags, sich ihrer ernsten Verantwortung am 11. April zu stellen. Es geht nicht um eine Spezialistenfrage, sondern es geht um die Grundlagen des christlichen Menschenbilds und um die Werte unserer freiheitlich-demokratischen Verfassung.“

[nh; Quelle: Erzbistum Köln]