Der Unternehmensberater, Digitalisierungsexperte, Unternehmer und Buchautor Karl-Heinz Land war am gestrigen Montag zu Gast in der Redaktion von Report-k.de. Vor dem Mikrofon beantwortete er Fragen zur Digitalisierung, ihrer Bedeutung und den Konsequenzen für Mensch, Wirtschaft und Gesellschaft.

Auch wenn der „digitale Darwinist“ eine Erfindung ist, Karl-Heinz Land gehört zu den Digitalexperten, auf die der Begriff zutrifft. Die passendste Übersetzung für diesen Begriff dürfte „Hoffnungsbringer“ sein, denn mit seinem jüngsten Buch „Erde 5.0“ blickt Land über den Tellerrand der Digitalisierung als technischer Revolution hinaus. Und Hoffnung verbreitet sein Buch in der Tat. Das zeigt der Blick auf das Jahr 2060. In einem Epilog am Ende des Buches hält der dann 98-jährige Entrepreneur eine Rede vor der Steve-Jobs-University.

Darin blickt Land auf die vielen Veränderungen, die Digitalisierung in den vergangenen 42 Jahren mit sich brachte. Live-Überwachung der Gesundheitsdaten via Funkchip, das Reproduzieren abgetrennter Fingerkuppen aus einem 3D-Drucker, autonomes Autofahren, Augmented Content, ein schuldenfreies, prosperiendes Afrika, das sich anschickt, dank seiner äquatorialen Nähe der Lieferant von nachhaltigem Strom für die Welt zu werden. Selbst die Bedrohung für den Arbeitsmarkt, der in diesen Tagen der Digitalisierung angelastet wird, hat sich in Wohlgefallen aufgelöst. Kinder und Schüler werden intensiver betreut und dank Blockchain hat jeder Mensch weltweit seine eigene digitale Identität und Souveränität, schöne neue Welt.

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Im Hier und Jetzt ist das Zukunftsmusik und auch in einer digitalen Welt wird das Analoge, der zwischenmenschliche Kontakt, die Freude an den schönen Dingen des Lebens, das Haptische weiterhin seinen Platz haben. Aber die Chancen, die mit der Digitalisierung und der damit verbundenen Vernetzung und Automatisierung einhergehen, sind gigantisch. „Alles, was digitalisiert (vernetzt, automatisiert) werden kann, wird digitalisiert (vernetzt/automatisiert)!“, lautet einer der Kernsätze, die in seinem jüngsten Werk in blauer Schrift, quasi als Merksatz, hervorgehoben werden.

Risiken und Gefahren als Folge der Unsicherheit

Die reale Welt und deren ökonomische und politische Ausgestaltung spricht derzeit jedoch eine andere Sprache. Land bezeichnet die Gegenspieler einer „Lösungsorientierung“ als „Monster“, in Anlehnung an den italienischen Philosophen Antonio Gramsci. „„Die alte Welt liegt im Sterben, die neue ist noch nicht geboren. Es ist die Zeit der Monster. Nur, dass die Monster heute Weidel, Gauland oder Erdogan heißen“. Damit spielt Land auf die Unsicherheit an, die für viele mit der digitalen Revolution einhergeht. Statt sich mit ihr auseinanderzusetzen, nutzen die „Monster“ diese Unsicherheit aus, indem sie Schuldige suchen.

In seinem Blog widerspricht Land vehement jedem argumentativen Verständnis für Rechtsaußen. Dass Bundesinnenminister Horst Seehofer die Migration als die „Mutter aller Probleme“ bezeichnet, ist aus seiner Sicht an „Dummheit nicht zu überbieten“. Statt der Abgrenzung das Wort zu reden, müsse man in Zusammenhängen denken. An der entstehenden Unsicherheit trägt Politik durch ihre Behäbigkeit nicht unwesentlich ihren Anteil. In seinem „Digital Latency Model“ beschreibt Land, wie Technologie erst das Business, dann die Werte, die Gesellschaft und damit die Kultur vorantreibt. Erst zuletzt kommen Politik und Regulatorik. Diese Latenzzeit müsse man verkürzen, so einer seiner zentralen Empfehlungen.

So kommt dem Zeitfaktor eine enorme Bedeutung zu. „Amazon, Apple, Google oder Facebook waren vor zehn oder 15 Jahren bedeutungslose Unternehmen. Heute sind sie die Unternehmen mit den höchsten Börsenwerten. Das ist für uns etwas komplett Neues, die Geschwindigkeit, mit der es passiert“, umschreibt der Experte die Veränderungen, die mit der Digitalisierung und den ökonomischen Pionieren, die sie forcieren, einhergeht. Exponentiell der Anstieg der Börsenwerte, aber auch der gespeicherten Information in Wort und Bild.

Fazit: Am Ende bleibt die Hoffnung

Doch statt den Kopf in den Sand zu stecken und sich in Verzweiflung zu üben oder die Risiken einfach auszublenden, predigt Land auch in seinen Vorträgen die Chancen, die sich mit dem Fortschritt ergeben. So kann Künstliche Intelligenz (KI) das Versprechen von Big Data wahrmachen, die damit ermöglichte Datenverarbeitung im großen Stil ließe sich nutzen, um zum Beispiel die Landwirtschaft „smart“ zu machen oder aktuelle Verkehrsprobleme zu lösen. Eine Gefahr für die demokratische Mitbestimmung sei das weniger, wie er im Interview ausführte. Dafür ist das Reale, das Analoge im menschlichen Miteinander zu wichtig.

Sein Buch „Erde 5.0“ hebt sich deutlich vom aktuellen Kanon aktueller Gegenwartsliteratur ab, die Digitalisierung entweder idealisiert oder verteufelt. Es ist das Verdienst von Karl-Heinz Land, Chancen und Risiken der Digitalisierung durch die gesamten 200 Seiten seines Buches kontinuierlich abzuwägen. Zu keinem Zeitpunkt lässt er Zweifel daran, dass ihm die Chancen mehr zusagen.

Die Menschen gewinnen sogar an Souveränität, weil sie sich durch die Möglichkeiten der Digitalisierung entscheiden müssen, welche Zukunft sie haben wollen. So endet auch sein Buch mit einem Plädoyer für die Synthese von Mensch und Technologie. „Die Möglichkeiten der Technologie sind immer etwas verlockender, als sie für die Menschen gut sein könnten. Also, wenn sie von der nächsten und übernächsten Stufe der Transformation träumen, lassen Sie dieses ewige erste Grundrecht nie außer Acht: Die Würde des Menschen ist unantastbar!“

[infobox]Karl-Heinz Land, Erde 5.0., Future Vision Press, Köln 2018, 224 Seiten, 29,80 Euro.

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Autor: Ralph Kruppa
Foto: Karl-Heinz Land vor dem Mikro im Studio von Report-k.de. Mehr als eine halbe Stunde stand er der Redaktion Rede und Antwort zu seinem neuen Buch „Erde 5.0“.