Karlsruhe | aktualisiert | Die Drei-Prozent-Hürde bei der Europawahl in Deutschland ist nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Das entschieden die Karlsruher Richter am Mittwoch. Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle begründete das Urteil damit, dass die Sperrklausel gegen die Wahlrechts- und Chancengleichheit der Parteien verstoße.

Die Stimme eines jeden Wählers müsse grundsätzlich die gleiche Erfolgschance haben, so Voßkuhle. Die Karlsruher Entscheidung fiel knapp: Im Zweiten Senat des Verfassungsgerichts stimmten fünf Richter für das Kippen der Drei-Prozent-Hürde, drei waren dagegen. Gegen die Drei-Prozent-Hürde hatten viele kleinere Parteien geklagt, darunter etwa die Piratenpartei und die Grauen Panther.

Sie hatten argumentiert, dass die Sperrklausel bei der Wahl zum Europäischen Parlament gegen die Chancengleichheit der Parteien verstößt und waren deshalb vor das Bundesverfassungsgericht gezogen. Politiker von Union und SPD hatten hingegen Befürchtungen geäußert, dass mit dem Wegfall der Drei-Prozent-Hürde die Funktionsfähigkeit des EU-Parlaments in Gefahr gebracht würde. Bereits Ende 2011 hatte Karlsruhe die damals geltende Fünf-Prozent-Sperrklausel bei der Europawahl für verfassungswidrig erklärt.

Gemischte Reaktionen auf Karlsruher Urteil zur Drei-Prozent-Hürde

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die Drei-Prozent-Hürde zur Europawahl zu kippen, hat in der Berliner Politik gemischte Reaktionen hervorgerufen. „Die Drei-Prozent-Hürde bei der Europawahl ist Geschichte. Das ist ein guter Tag für die Demokratie“, sagte etwa Matthias Höhn von den Linken.

Der Grünen-Sprecher für Innenpolitik, Volker Beck, erklärte hingegen, die Entscheidung der Karlsruher Richter sei „nicht unbedingt eine Stärkung des Europäischen Parlamentes“. Es liege nun an den Wählern, „den eigenen Einfluss nicht durch eine zu große Zersplitterung des deutschen Abgeordnetenkontingents unnötig zu schmälern“, so Beck. Der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele, der im Gegensatz zur Grünen-Fraktion im Bundestag gegen die Sperrklausel gestimmt hatte, sieht sich hingegen bestätigt.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) erklärte, er „nehme das Urteil zur Kenntnis“. Zudem sagte der CDU-Politiker, dass man aus seiner Sicht gute Erfahrungen mit Sperrklauseln gemacht habe. Der Unionsfraktionsvize Thomas Strobl (CDU) erklärte nach der Entscheidung der Verfassungsrichter, es sei „bedauerlich, dass Karlsruhe unsere Einschätzung über die gestiegene politische Bedeutung des Europäischen Parlaments nicht teilt“.

Man werde nach der Europawahl „sehr genau beobachten, wie sich die Arbeitsverhältnisse im Europäischen Parlament verändern. Die Funktionsfähigkeit des Europäischen Parlaments muss erhalten bleiben“, betonte der CDU-Politiker. Der Staatsminister für Europa im Auswärtigen Amt, Michael Roth (SPD), erklärte, dass sich Deutschland seit langem „für eine demokratische und bürgernahe Europäische Union“ einsetze und das dem EU-Parlament eine herausragende Bedeutung im EU-Gefüge zuteilwerde.

„Das Europäische Parlament ist die Herzkammer der europäischen Demokratie. Als einziges durch Direktwahl legitimiertes Organ der EU spielt es eine ganz wesentliche Rolle, um eine unmittelbare und lebendige Verbindung zwischen den Bürgerinnen und Bürgern einerseits und der Europäischen Union andererseits zu sichern.“ Bei den Europawahlen Ende Mai liege es laut Roth nun „ganz in der Hand“ der Wähler, „ein handlungsfähiges Europäisches Parlament zu wählen“. Die Verfassungsrichter hatten am Mittwoch die Drei-Prozent-Hürde für die Europawahl in Deutschland gekippt. Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle begründete das Urteil damit, dass die Sperrklausel gegen die Wahlrechts- und Chancengleichheit der Parteien verstoße. Die Stimme eines jeden Wählers müsse grundsätzlich die gleiche Erfolgschance haben, so Voßkuhle.

Autor: dts