Der Eingang zum NS-Dokumentationszentrum in Köln

Köln | aktualisiert | Das EL-DE-Haus in Köln ist Gedenkstätte für die menschenverachtenden Gräueltaten der Gestapo und Nationalsozialisten in Köln und beherbergt das NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln. Zwei Tage vor dem 8. Mai, der als „Tag der Befreiung“ von Demokraten gefeiert wird und das Ende des Zweiten Weltkriegs markiert sowie vor der Woche, in der Köln an die Bücherverbrennung vor 90 Jahren erinnert, zieht der im Verfassungsschutzbericht des Landes NRW 2022 als in seiner Bedeutung einer lokalen rechtsextremistischen Splittergruppe geführte „Aufbruch Leverkusen“ gemeinsam mit der Kölner Organisation „Brücke zwischen Deutschland und Russland“ vor die Gedenkstätte. Der Verein EL-DE-Haus ruft alle Kölner Demokrat:innen auf, diesen besonderen Ort durch eine Menschenkette zu schützen.

Die Demonstration und Kundgebung des rechtsextremen „Aufbruch Leverkusen“ und der Kölner Organisation „Brücke zwischen Deutschland und Russland“ ist für den morgigen Samstag, 6. Mai angekündigt. Es ist nicht die erste gemeinsame Demonstration und Kundgebung dieser beiden Organisationen in Köln mit dem Ziel prorussischer Propaganda. Der Verein EL-DE-Haus ruft daher zum Schutz des Hauses vor Rechtsextremisten und nationalistischen Kriegstreibern auf. Der „Aufbruch Leverkusen“ mobilisiert mit der Organisation „Brücke zwischen Deutschland und Russland“ zu einem Autokorso, der gegen Mittag in Leverkusen starten soll und zum EL-DE-Haus führt.

Der Zeitpunkt zwei Tage vor dem 8. Mai und der Ort EL-DE-Haus ist nicht zufällig gewählt von den beiden Anmeldern „Aufbruch Leverkusen“ und „Brücke zwischen Deutschland und Russland“. Der 8. Mai 1945 ist der Tag, an dem der Zweite Weltkrieg endete, der in Russland als „Großer Vaterländischen Krieg“ gilt. In Russland gibt es einen extremen Kult um den „Großen Vaterländischen Krieg“ und Putin nutzt dies für sein Narrativ und das neoimperiale Mythos, das die russische Identität prägt. Dies ist Teil der aggressiven Außenpolitik von Putins Russland. Gleichzeitig verbreitete Putin das Narrativ der nazistischen Ukraine. Beide Narrative können am EL-DE-Haus von den Anmeldern erzählt werden und damit wird diese Gedenkstätte, wo an die Opfer nationalsozialistischer Gewaltherrschaft und Diktatur gedacht wird, von der Organisation „Brücke zwischen Deutschland und Russland“, die dort sogar Blumen niederlegen wollte, für prorussische Propaganda missbraucht. Gleiches gilt für den rechtsextremen „Aufbruch Leverkusen“, dem der Verfassungsschutzbericht attestiert er missachte mit seinen Aussagen und Forderungen die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte, insbesondere die Menschenwürde und das Diskriminierungsverbot.

Der Verein Freies Russland schließt sich dem Gegenprotest an

Die Putin-Kritiker in NRW von Freies Russland NRW beteiligen sich an den Protesten gegen die Pro-Russischen Kundgebungen morgen in Köln und halten fest: “ ‚Wir können es wiederholen‘ – so lautet einer der Slogans auf den Plakaten der Putin-Anhänger, die jedes Jahr rund um den 9. Mai sowohl in Russland als auch im Ausland in Siegeswahn verfallen. Gemeint ist damit der Einmarsch der sowjetischen Truppen in Berlin 1945. Unter dem Vorwand einer Befreiungsaktion führt Russland heute einen Krieg gegen die Ukraine. Und vergleicht ihn mit dem Kampf mit Faschismus im Zweiten Weltkrieg.“ Die Gegendemonstranten erwarten Parolen wie „Wir können es wiederholen“, „Z“-Zeichen oder „St. Georg-Schleifen“ beim Auto- und beim Motoradkorso durch Köln. Der Verein Freies Russland wird sich morgen dem Gegenprotest auf dem Neumarkt anschließen. Letztes Jahr sei es den Aktivisten von Freies Russland NRW gemeinsam mit Ukrainern gelungen den Autokorso der Putin-Anhänger in der Kölner Stadtmitte erfolgreich zu verhindern. Die Polizei habe die Route geändert und die Autos durch Kölner Randbezirke umgeleitet. Auch dieses Jahr geht es darum, zu zeigen, dass ein Gedenktag an die Opfer nicht für die Befeuerung des Ukraine-Krieges mit Propaganda-Parolen genutzt werden dürfe, so der Verein. Es gehe darum, „nein zum Siegesrausch“, „nein zur Militarisierung der russischen Gesellschaft“, „nein zu Militärmärschen in russischen Kindergärten“ zu sagen.

Menschenkette rund um das EL-DE-Haus geplant

Der Verein EL-DE-Haus forderte ein Verbot der Kundgebung vor dem EL-DE-Haus und dem Deserteurs-Denkmal. Dies fand nicht statt, die Kölner Polizei spricht lediglich von Hundertschaften, die sie einsetzen wolle, um Meinungsgegner zu trennen. Der Verein EL-DE-Haus appelliert an die Kölner Demokrat:innen: „Wir rufen alle Demokratinnen und Demokraten auf, mit uns gemeinsam das EL-DE-Haus friedlich mit einer großen Menschenkette zu schützen: Kommen Sie/Kommt alle am Samstag, dem 6. Mai ab 14:30 Uhr zum EL-DE-Haus.“

Wer sind „Aufbruch Leverkusen“ und der Verein Brücke zwischen Deutschland und Russland?

Der Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen führt den „Aufbruch Leverkusen“ in der Kategorie Rechtsextremismus.  Der „Aufbruch Leverkusen“ setzt die Arbeit der aufgelösten Partei „Pro NRW“ fort. Seit 2022 verbreite der Verein die Narrative der russischen Regierung zu deren Angriffskrieg auf die Ukraine. Mit dieser eindeutigen Positionierung, so die Verfassungsschützer, verfüge der Verein in der rechtsextremen Szene NRWs über ein Alleinstellungsmerkmal. Es finde zudem eine Vernetzung mit anderen rechtsextremistischen Gruppierungen statt, die von der Behörde ebenfalls als Sprachrohre von Putins Propaganda gesehen werden. Die öffentliche Wirkung des Vereins sei regional begrenzt.

Die Organisation „Brücke Freundschaft zwischen Russland und Deutschland“ wird maßgeblich von einem Paar betrieben, die die Köpfe bilden. Der Verein EL-DE-Haus berichtet, dass das Paar im Innenhof der Gedenkstätte Blumen niederlegen wollte. Das NS-Dok lehnte dies ab. Dazu der Verein: „Wir, der Verein EL-DE-Haus, Förderverein des NS-Dokumentationszentrums, stehen hinter der Entscheidung der Direktion des Hauses, den Zugang zu untersagen. In unserer Satzung ist festgelegt, dass wir uns einsetzen für Toleranz und die demokra­tische Grundordnung sowie gegen jegliche Form von: Hass, Verschwörungserzählun­gen, Rassismus, Faschismus, Neofaschismus, Nationalismus, Revanchismus.“ Der Verein EL-DE-Haus wirft dem Paar vor mit der extremen Rechten eng zusammenzuarbeiten, wie dem „Aufbruch Leverkusen“ und enge Kontakte zu ehemaligen AfD- und NPD-Funktionären, Rechtsextre­misten, Reichsbürgern, Verschwörungs-Ideologen und Corona-Leugnern zu pflegen. Den Aufruf des EL-DE-Haus-Vereins unterzeichneten bis zum 25. April mehr als 40 Institutionen und Organisationen, darunter Arsch huh, Omas gegen Rechts, die Synagogengemeinde Köln, die Kölnische Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit oder das Lew Kopelew Forum, um nur einige zu nennen.

Die Polizei Köln mit Auflagen

Die Polizei Köln werde starke Kräfte der Bereitschaftspolizei einsetzen, um die Versammlungen zu schützen und tätliche Auseinandersetzungen zwischen Meinungsgegnern zu unterbinden, so das Kölner Polizeipräsidium in einer Mitteilung. Die Polizei teilt zum Demonstrationsweg des Autokorsos des rechten „Aufbruch Leverkusen“ und der Organisation „Brücke Freundschaft zwischen Russland und Deutschland“ mit, dass dieser in Leverkusen-Küppersteg gegen 12 Uhr starten werde. Dieser würde zunächst zur Deutzer Werft in Köln-Deutz fahren. Dort gehe es weiter zur Neven-DuMont-Straße, wo eine Zwischenkundgebung stattfinden solle und anschließen retour zur Deutzer Werft.

Zu dieser Demonstration wurden mehrere Gegenkundgebungen unter anderem am Heumarkt, am Appellhofplatz und am Rautenstrauch-Joest-Museum angemeldet.

Eine weitere prorussische Demonstration ist von Chorweiler aus ab Merianstraße zum Friedhof Köln Ost als Motorradkorso angemeldet. Die Abschlusskundgebung soll am Kratzweg in Merheim stattfinden. Untersagt sind in den Auflagen der Polizei zu den Versammlungen Solidaritätsbekundungen mit dem russischen Angriffskrieg oder das Zeigen von „Z“ oder „V“-Symbolen.