Köln | Wie feiern Kölner Immigranten eigentlich Karneval? Verstehen Immigranten denn die Kölsche Sprache? Diese Fragen und weitere Themen wie die aktuellen Bauernproteste oder das Gendersternchen waren Themen auf der Immisitzung am Donnerstag, 11. Januar 2024 im Kölner Bürgerhaus Stollwerck. Die Künstlerinnen und Künstler begaben sich auf eine Reise durch verschiedene aktuelle Themenwelten aus Sicht der Immigranten und brachten diese dem Publikum durch Tanz, Gesang und Sketches näher.
„Jede Jeck is von woanders.“ So lautete das Motto der diesjährigen Premiere der Kölner Immisitzung. Aber was ist eigentlich die Immisitzung? Immis, so nennen die Kölner und Kölnerinnen alle, die zugezogen sind. Und um genau deren Erlebnisse geht es auf der Immisitzung. Das etwa dreistündige Programm beschäftigt sich mit dem gesellschaftlichen Treiben und dem Karneval aus Sicht der Immis. Es geht also um den üblichen Wahnsinn des Alltags, wie Gendersternchen die Sprache verändern oder um die hohen Mietpreise. Das Besondere: Die Künstlerinnen und Künstler sind eine bunte Truppe mit eigenen familiären Verbindungen zu einem Dutzend verschiedener Länder. Sie sprechen Deutsch, nehmen aber in Sketchen oft Bezug zu ihren Muttersprachen.
Anders als bei klassischen Karnevalssitzungen gibt es bei der Immisitzung keinen Elferrat, keine Büttenredner und keine Gastauftritte von Künstlern oder Künstlerinnen.
Premiere Immisitzung im Kölner Stollwerck
Bereits zu Beginn der Sitzung herrschte ausgelassenen Stimmung im Bürgerhaus Stollwerck. Eröffnet wurde die Sitzung durch eine Gesangseinlage der Künstlerinnen und Künstler. Anschließend ergriff Präsidentin Myriam Chebabi das Wort und glänzte mit kleinen Gags wie „Immis dürfen keinen Sauerbraten mehr essen, das ist kulturelle Aneignung“. Die verschiedenen Acts reichten von Sketches über Querdenker bis hin zu einem brasilianischen-kölschen Krätzjer. Zwischendurch tauchten zwei Puppen, eine aus Deutschland und eine aus Frankreich oberhalb der Bühne auf, die sich über kontroverse Themen unterhielten. Die Puppen machten sogar eine Zeitreise, um herauszufinden, woher das klassische Stippeföttche kommt. Auf ihrer Reise trafen sie etwa auf Tünnes & Schäl, sowie auch auf Lukas Podolski.
Der Künstler Franzisco Rodriguez konnte mit einer Mischung aus Geschichte und Lied über Köln und insbesondere seinem Heimatkaff Junkersdorf begeistern. „Ich dachte immer es heißt A Polonia. Auf Spanisch heißt das „Nach Polen“ und habe mich immer gefragt warum singen alle „Nach Polen“. Dann hat mich jemand verbessert und gesagt, es heißt „A Colonia““. Er erzählte von den Zollstockolanern, den Lindenthalentlos, den Jeckmahnen und den Deutztukken. Die Zuschauerinnen und Zuschauer lachten, was das Zeug hielt. Anschließend präsentierte er ein Lied über Junkersdorf „Vamos a mi Veedel“.
Zwischendurch den Auftritten warfen die Präsidentin und die zwei Puppen immer wieder Sprüche in den Saal wie etwa „Wagenknecht? Die blinkt nach links und fährt nach rechts.“
Anschließend präsentierten Eddie und Debbie ihr Krätzjer in dem es hieß „Ich hab Samba in der Hüfte und Kölsch im Bauch!“ Das Publikum stand auf und tanzte und sang laut mit.
Inga, 39, aus Köln-Rodenkirchen, kommt ursprünglich aus Polen und erklärte: „Ich besuche die Immisitzung zum ersten Mal und bin begeistert! Mal was ganz Anderes!“
Zur Pause stimmten die Künstlerinnen und Künstler Elton John’s „Give Peace a Chance“ an und der gesamte Saal sang laut mit.
Die zweite Hälfte wurde gefüllt mit kontroversen Fragen wie „Warum heißt es denn DIE Jungfrau? Das ist doch ein Kerl!“ Zudem wurden für eine Klischee-Quizshow zwei Zuschauer auf die Bühne geholt. Zu gewinnen gab es Kölsch.
Nach zweieinhalb Stunden unterhaltsamen Programm, laute Lacher und einem laut singenden Publikum fanden sich alle Künstlerinnen und Künstler gemeinsam auf der Bühne ein und zeigten den letzten Act „60 Jahre „Das sind wir““. Die Themen waren hier etwa Gastarbeit im Ford-Werk, die ersten 111 Pizzerien in Köln, die Fußball WM 2006 oder die Landtagswahlen 2023. Zum Schluss sangen sie „Wir sind stark, wir sind fit, auch bei Gegenwind!“
Die Stimmung war bis zum Ende der Veranstaltung so ausgelassen wie auf selten einer traditionellen Karnevalssitzung.