Köln | Am 27. Januar 1945 wurde das deutsche Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau von sowjetischen Truppen befreit. 1996 erklärte der damalige Bundespräsident Roman Herzog dieses Datum zum Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus. Seit 22 Jahren erinnert der „Kölner Jugend- und Schülergedenktag“ daran. Im NS-Dokumentationszentrum zeigen elf Schulen, wie sie sich mit Diktatur und Rassismus auseinandergesetzt haben.

Es sind bemerkenswerte Ergebnisse, die von höchstem Engagement und intensiver Auseinandersetzung mit Rassismus damals und heute zeugen. Das Gymnasium Odenthal erforschte die NS-Vergangenheit und die damit verbundene Verfolgung jüdischer Einwohner ihrer Heimatstadt – nachzulesen in einer umfangreichen Dokumentation. Eine Klasse der Realschule Herkenrath dokumentierte das Leben von Zeitzeugen. Schülerinnen und Schüler der Kölner Gustav-Heinemann-Schule gaben drei Stolpersteinen Gesichter.

Das Leben der Edelweißpiratin Gertrud Koch „rekonstruiert“

An der Gemeinschaftsgrundschule Wipperfürther Straße hat eine Klasse das Leben der 2016 verstorbenen Edelweißpiratin Gertrud „Mucki“ Koch „rekonstruiert“. Da sieht man eine Stoffwindel, die sie getragen haben könnte, Kinderfotos, Bücher, die sie gelesen hat und die Bommelmütze, die – je nachdem, wie sie getragen wurde – anzeigte, ob Gefahr in der Nähe war.
Dass sich junge Menschen auch mit aktuellem Rassismus, Menschenverachtung oder Demokratieabbau auseinandersetzen, zeigt die Leverkusener Käthe-Kollwitz-Schule. Sie stellten sich der Aufgabe, ein Mahnmal zu entwerfen – und das gestalteten sie nicht nur für die Ermordeten von Auschwitz, sondern unter anderem auch in Form vieler kleiner gefalteter Papierschiffchen für die Flüchtlinge, die immer noch im Mittelmeer ertrinken. Ebenso für Kritiker der Erdogan-Regierung oder unterdrücke Frauen in Indien..

Wenig Interesse von Kölner Schulen am NS-Dok

Die diesjährige Teilnehmerliste zeigt zwei positive Tendenzen. Da ist – über die Jahre gesehen zum einen die zunehmende Teilnahme von Grund- und Realschule. Anfangs war dies eine Domäne der Gymnasien. Zum anderen melden sich immer mehr Schulen jenseits der Kölner Stadtgrenzen. Und das ist die negative Beobachtung: Obwohl mindestens zweimal auf diesen Gedenktag und die damit verbundene Ausstellung aufmerksam gemacht (durch die „Schulpost“ des Schuldezernats und einen Rundbrief des Museumsdienstes) nimmt deren Teilnahme ab.

Dasselbe Phänomen ist auch bei den Besuchern des NS-Dok zu beobachten: Im Umland scheint das Zentrum bekannter zu sein als bei den Kölner Schulen. Vielleicht sollten die zuständigen Stellen überlegen, für jeden Schuljahrgang den Besuch der Erinnerungs-, Forschungs- und Ausstellungsstätte zur Pflicht zu machen. Die Mitarbeiter des NS-Dok sind in der Lage, daraus alles andere als einen lästigen Zwangs-Ausflug zu machen.   

[infobox]„Erinnern – eine Brücke in die Zukunft“ – Ausstellung zum Jugend- und Schüler-Gedenktag 2019 – bis 3. März 2019. NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln, Appellhofplatz 23-25, 50667 Köln, www.nsdok.de, Di-Fr 10-18 Uhr, Sa und So 11-18 Uhr, erster Donnerstag im Monat 10-22 Uhr.

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Autor: ehu
Foto: „Köpfchen muss sein“ ist der Titel dieses Plakats, das an der Gesamtschule Gummersbach entstand.