Köln | Bienen sind wie Menschen staatenbildende Lebewesen mit komplexer Aufgabenverteilung. Nun haben Forscher der Universität zu Köln und der FU Berlin das Gedächtnis der Honigbiene unter die Lupe genommen, mit erstaunlichen Schlussfolgerungen.

So funktioniere das Kurzzeitgedächtnis der Honigbiene hauptsächlich über Gerüche, die im sogenannten Pilzkörper, dem olfaktorischen Lernzentrum, verarbeitet werden. So beeinflussen die kleinen Insekten ihr Verhalten, wie der Kölner Zoologe Prof. Dr. Martin Nawrot von der Kölner Uni erläuterte. Zusammen mit seinem Berliner Kollegen Prof. Dr. Randolf Menzel hat er die Ergebnisse seiner Forschungsarbeit nun im Fachmagazin „eNeuro“ veröffentlicht.

„Wir konnten erstmals messen, wie sich die Verbindungen zwischen Nervenzellen in diesem Teil des Gehirns plastisch verändern. Was wir außerdem zeigen konnten, und das ist vorher noch nie gezeigt worden: Je ausgeprägter die plastische Veränderung der Verbindungen nach dem Trainieren auf einen bestimmten Duft wurde, desto zuverlässiger konnten wir das erlernte Verhalten der Biene beobachten. Es gibt eine eindeutige Korrelation zwischen der Stärke einer hochlokalisierten plastischen Veränderung im Gehirn und dem Lernerfolg eines Tieres“, so Nawrot weiter.

Die plastische Veränderung der Verbindungen zwischen Nervenzellen (Synapsen) nennt sich neuronale Plastizität und ist ein Indikator für den Lernstand: Je häufiger während des Trainings ein Reiz von A nach B geht und das Tier dabei eine Belohnung erfährt, desto kräftiger wird die erlernte Verknüpfung beider Punkte. Man spricht auch von einer „Gedächtnisspur“. Ein Reiz löst dann nach dem Training unmittelbar die antrainierte Reaktion aus. Auf der Verhaltensebene ist das die klassische Konditionierung oder Pawlowsche Konditionierung, bekannt als „Hund und die Glocke“.

Lernen durch Wiederholen

In der Honigbienen-Studie hatte das Team von Forscherinnen und Forschern aus Köln, von der Freien Universität Berlin und aus Japan die kleinen Insekten auf verschiedene Gerüche hin konditioniert. Anschließend wurde gemessen, ob die Biene nach bereits bekanntem beziehungsweise nach unbekanntem Duft versuchte, die erwartete Belohnung (Zuckerwasser) aufzusaugen.

Über Wiederholungen testeten die Forscher die Frage, ob die Biene ihren Saugrüssel positonierte oder eben nicht. Wenn ein bestimmter Duft vorher durch Zuckerwasser belohnt wurde, ein anderer Duft aber nicht belohnt wurde und die Biene das gelernt hat – dann würde sie im Test ihren Rüssel herausstrecken, sobald sie den zuvor belohnten Duft riecht, auch wenn gar keine Belohnung da ist. Der nicht-belohnte oder ein unbekannter Duft führt dann nicht zu einem Rüsselrausstrecken. So konnten die Forscher messen, wie gut das Tier gelernt hat und sein Gedächtnis abrufen kann.

Die Ergebnisse tragen zum Verständnis der physiologischen Grundlagen der Gedächtnisbildung in einem Insektengehirn bei. Insektenschutz steht derzeit auch auf der politischen Agenda. „Bienen sind heutzutage bei der Palette an Pflanzenschutzmitteln vielen gefährlichen Gerüchen ausgesetzt. Im Idealfall erlernen sie, dass diese schlecht für sie sind. Dann können sie sich daran erinnern und einen Bogen darum machen. Bei Geschmäckern wissen sie bereits, wann ihnen schon einmal schlecht wurde“, wagt Nawrot den Bogenschlag zwischen seiner Forschung und der aktuellen Debatte um das Insekten- und Bienensterben.

Autor: rk