Berlin | Liveticker | Ein Lkw ist am Montagabend, 19. Dezember 2016, in den Weihnachtsmarkt an der Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche gerast. Dabei kamen nach Angaben der Polizei 12 Menschen ums Leben, 48 wurden verletzt. Die Aufarbeitung der Geschehnisse wird fortgeführt. Die Ermittler haben in dem Lkw ein Ausweisdokument gefunden. Die Polizei fahndet nun bundesweit nach dem Verdächtigen Anis Amri. Für Hinweise, die zur Ergreifung des Beschuldigten führen, ist eine Belohnung von bis zu 100.000 Euro ausgesetzt.

Lesen Sie hier den Liveticker vom 19./ 20. Dezember 2016 zum Anschlag in Berlin und zum Tag danach >>>

19:33 Uhr > Gesuchter Terrorverdächtiger wurde bis September observiert
Der gesuchte Tunesier Anis Amri ist von März bis September von den Berliner Ermittlungsbehörden observiert worden. Das erklärt die Generalstaatsanwaltschaft am Mittwoch. Dabei sei es um Informationen gegangen, wonach Amri einen Einbruch plane, um sich Mittel für den Kauf automatischer Waffen zu beschaffen – „möglicherweise, um damit später mit noch zu gewinnenden Mittätern einen Anschlag zu begehen“.

18:35 Uhr > BKA veröffentlicht Fahndungsfotos von Anis Amri
Die Polizei hat erstmals Fahndungsfotos des Tatverdächtigen Anis Amri veröffentlicht.

17:49 Uhr > Öffentliche Fahndung gestartet – 100.000 Euro Belohnung ausgesetzt
Das Bundeskriminalamt hat am Mittwochnachmittag im Auftrag des Generalbundesanwalts die öffentliche Fahndung nach dem Berliner Terrorverdächtigen gestartet. Zuvor war nur polizeiintern gefahndet worden. Nun wird auch offiziell der volle Name genannt. Gesucht wird nach dem 24-jährigen Anis Amri. Der Gesuchte sei geboren in Tunesien, 178 cm groß, wiege circa 75 kg, habe schwarze Haare und braune Augen. Das Bundeskriminalamt warnt, dass Amri gewalttätig und bewaffnet sein könne. Für Hinweise, die zur Ergreifung des Beschuldigten führen, ist eine Belohnung von bis zu 100.000 Euro ausgesetzt.

15:50 Uhr > Asylantrag von Terror-Verdächtigem war abgelehnt
Der Asylantrag des neuen Berliner Tatverdächtigen sei im Juli 2016 abgelehnt worden. Das teilte Ralf Jäger, nordrhein-westfälische Innenminister, am Mittwoch in Düsseldorf mit. Aufgrund des Fehlens gültiger Ausweispapiere konnte der Gesuchte bislang nicht abgeschobene werden. Der Tunesier sei im Juli 2015 nach Deutschland eingereist und habe seit Februar 2016 seinen Lebensmittelpunkt in Berlin gesucht. Er sei zuvor „hochmobil“ gewesen und habe sich auch in Baden-Württemberg und NRW aufgehalten. Der Verdächtige sei von verschiedenen Sicherheitsbehörden als Gefährder eingestuft worden. „Er war sicherlich nicht nur von den Behörden NRWs im Visier, sondern auch von anderen Behörden“, so Jäger. Zuletzt wurden im November 2016 Informationen zu dem Verdächtigen im Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum von Bund und Ländern ausgetauscht. Ob der gesuchte Mann aber tatsächlich der Täter von Berlin ist, sei noch unklar – bisher seien nur die Duldungsapapiere gefunden worden. Zu den Maßnahmen zur Ergreifung des Tatverdächtigen wollte sich Jäger nicht äußern.

15:00 Uhr > De Maiziere bestätigt Fahndung nach neuem Verdächtigen von Berlin
Thomas de Maiziere, Bundesinnenminister, hat bestätigt, dass nach dem Berliner Terroranschlag vom Montagabend nach einem neuen Verdächtigen europaweit gefahndet wird. Der Verdächtige sei seit Mitternacht zur Fahndung ausgeschrieben, sagte de Maiziere nach einer Sondersitzung des Innenausschusses am Mittwoch in Berlin.

12:31 Uhr > Hackerangriff auf BKA-Hinweisportal
Auf das Hinweisportal des Bundeskriminalamtes (BKA) zu dem Berliner Terroranschlag hat es einen Hackerangriff gegeben. Das berichten die Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Auf der BKA-Internetseite können Zeugen Videos oder Fotos von dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Berlin hochladen. Das BKA bestätigte den Vorfall gegenüber den Zeitungen. Am Dienstag zwischen 17 und 19:30 Uhr sei das Portal aufgrund einer sogenannten DDos-Attacke nicht erreichbar gewesen. Gegenmaßnahmen seien sofort ergriffen worden, sodass die Seite am Abend wieder funktioniert habe, teilte eine Sprecherin des BKA mit. In Fachkreisen wird das Portal „Boston Cloud“ genannt. Nach den Anschlägen auf den Boston-Marathon 2013 hatten die US-Behörden eine Datenbank eingerichtet, mit deren Hilfe Tausende Bilder und Filme ausgewertet werden konnten. Ein Portal nach diesem Muster richtete nun auch das BKA für den Anschlag in Berlin ein.

13:45 Uhr > Tatverdächtiger von Berlin sei vorbestraft
Offenbar sei der mutmaßliche Täter, dessen Papiere im Fußraum des Berliner Terror-Lkw gefunden wurde, wegen Körperverletzung seit Juli vorbestraft. Das berichtet die Rheinische Post unter Berufung auf Ermittlerkreise. Der mutmaßliche Täter soll demnach zwölf Alias-Namen verwendet und sich unter anderem als Ägypter ausgegeben haben. Die Behörden stuften ihn laut Zeitung als Gefährder ein. Zu Pflichtterminen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) soll er mehrmals nicht erschienen sein. Eine offizielle Bestätigung der bundesweiten Fahndung nach dem Tatverdächtigen soll es bisher nicht gegeben haben.

11:12 Uhr > Polizei fahndet bundesweit nach Verdächtigem
Die Polizei fahndet offenbar bundesweit nach einem Verdächtigen. Die Ermittler hätten in dem Lkw ein Ausweisdokument gefunden, berichtet „Spiegel-Online“. Demnach handele es sich bei dem Verdächtigen um einen tunesischen Staatsbürger. Die Ermittler haben laut „Spiegel“ beim Generalbundesanwalt eine Öffentlichkeitsfahndung beantragt. Bei dem Ausweisdokument handele es sich offenbar um eine Duldungsbescheinigung.

10 Uhr > Breitscheidplatz bleibt weiter gesperrt
Der Berliner Breitscheidplatz bleibt vorerst weiter abgesperrt. Das teilte die Polizei am Dienstagabend mit und bat die Bevölkerung um Verständnis. Das LKA werde auch noch am Mittwoch weitere Ermittlungen vor Ort durchführen, hieß es. Unterdessen wird weiterhin nach dem Attentäter und möglichen Komplizen gesucht. Ob die Polizei überhaupt eine heiße Spur hat, ist bislang nicht bekannt. Ein am Montag zunächst festgenommener Tatverdächtiger wurde am Dienstag wieder freigelassen. Die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) hat den Anschlag für sich reklamiert. Über den eigenen Propaganda-Dienst „Amaq“ wurde eine entsprechende Meldung verbreitet. Die Quellenlage ist bei solchen Meldungen allerdings oft zweifelhaft. Auch „Amaq“ hat in der Vergangenheit schon Anschläge in der Türkei für den IS reklamiert, die andere Organisationen aber ebenfalls begangen haben wollen. Dennoch halten Terrorexperten eine Verbindung zum „Islamischen Staat“ in diesem Fall für möglich, da er bekannten Mustern entspricht. Auch hatte eine IS-Publikation in der Vergangenheit schon Tipps veröffentlicht, wie mit Lkws Anschläge durchgeführt werden können.

Bevölkerung gibt über 500 Hinweise
Die Polizei hat innerhalb von 24 Stunden hunderte Hinweise aus der Bevölkerung bekommen. Allein am extra geschalteten Hinweistelefon seien bis Dienstagabend 508 Hinweise zum Breitscheidplatz eingegangen, teilte die Polizei mit. Das Telefon ist unter der Rufnummer 030-54024111 geschaltet. Im Internet bitten die Ermittler zudem darum, Fotos und Videos vom Geschehen hochzuladen, anstatt sie in sozialen Netzwerken zu verbreiten. Auch hier seien schon viele Dateien eingegangen, die sehr hilfreich seien, so die Polizei.

Innenminister will verschärfte Sicherheitsmaßnahmen zu Silvester
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat verschärfte Sicherheitsmaßnahmen zu Silvester angekündigt. In einem Interview mit „Bild“ (Mittwoch) erklärte de Maizière: „Dass die Sicherheitslage in Deutschland sehr angespannt ist, wissen wir nicht erst seit Montagabend. Es wird vor Ort mehr Sicherheitsmaßnahmen geben. Wenn ich sage, dass wir uns unser freiheitliches Leben nicht zerstören lassen dürfen, gilt das auch für das Silvesterfest. Aber: Achtsamkeit untereinander und miteinander ist in schwierigen Zeiten wie diesen besonders wichtig. Wir müssen aufeinander Acht geben.“

Politische Debatte: Rufe nach mehr Sicherheit und verschärften Gesetzen
Der Chef der Innenministerkonferenz, Saarlands Ressortchef Klaus Bouillon (CDU), hat Gesetzesverschärfungen verlangt. „Es gibt bundesweit zahlreiche Flüchtlinge, von denen wir nicht wissen, wo sie herkommen und wie sie heißen – da ist ein Unsicherheitspotenzial drin“, sagte der CDU-Politiker der „Rheinischen Post“ (Mittwochsausgabe). Bouillon sprach zudem davon, dass sich Deutschland im „Kriegszustand“ mit Terroristen befinde. Kritik gab es dafür von dem Vorsitzenden des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), André Schulz. „Krieg führen zwei souveräne Staaten miteinander, nicht Staaten mit kriminellen Einzeltätern oder Vereinigungen“, sagte er der „Berliner Zeitung“ (Mittwochsausgabe). Der BDK-Chef hält neue Gesetze für nicht erforderlich. „In erster Linie müssen wir die bestehenden Gesetze konsequent umsetzen“, erklärte er.

Der Logistikverband BGL hat mehr Polizeischutz für Lkw auf Rastplätzen gefordert. „Wir brauchen mehr Polizeipräsenz an den von Lastwagen frequentierten Rast- und Parkplätzen“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL), Karlheinz Schmidt, der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Zudem müssten die Ruheplätze durch bauliche Veränderungen sicherer werden. Übergriffe auf LKW-Fahrer seien keine Seltenheit.

Autor: dts, co, ib | Foto: Bundeskriminalamt Berlin