Lüdinghausen | Spielt die deutsche Elf, sind drei Männer friedlich. So zerstritten die Hip-Hop-Band Kunstschmiede während der Bundesliga-Saison ist, so euphorisch ist sie, wenn Deutschland bei der Fußball-Europameisterschaft spielt. Das gemeinsame Youtube-Video des Schalke-Anhängers Paul Szitar und der Borussia-Dortmund-Fans Sören Dröge und Dennis Zittlau zum Song „Wenn der Ball rollt!“ bringt dem Trio bei Deutschlands Viertelfinalspiel am Freitag gegen Griechenland sogar den ersten Public-Viewing-Auftritt ein – in Lüdinghausen. Doch das soll nur der Anfang sein. Wenn Deutschland Europameister wird, träumt die Band von einem Auftritt auf der Berliner Fanmeile.

Die Nervosität ist den Hobby-Rappern bei der Generalprobe zwei Tage vor dem Auftritt in Lüdinghausen anzumerken. Der 32-jährige Szitar stößt eine Glasflasche um, bevor er das erste Mal zum Mikrofon greift. Wie im Video ist die Band mit einer kompletten Fan-Montur ausgestattet: Deutschland-Trikot, -Schal, -Brille, -Schweißbänder und -Fahnen. Dann schmettern sie den Refrain: „Wenn der Ball rollt, werden wir Siege sehen, weil wir locker gegen jedes andere Team bestehen.“

Rund zwei Wochen vor dem Start der EM hatten sie die Idee zu einem eigenen Lied. Zwei Tage bevor es losging, stellten sie ein Video zusammen. Dazu gründeten sie im sozialen Netzwerk Facebook die Gruppe „Videodreh Kunstschmiede“, und am nächsten Morgen trafen sich zehn Münsterländer mit einer Videokamera und CD-Player auf dem Lüdinghauser Sportplatz. Als der Akku nach 90 Minuten den Geist aufgab, war das Video im Kasten.

Pünktlich zum Turnierbeginn einen Tag später war das Video unter dem Titel „EM 2012 Kunstschmiede – Wenn der Ball rollt“ online. „Wir wollten Aufmerksamkeit erregen und bekannter werden für Live-Konzerte“, sagt der 28-jährige Finanzbeamte Dennis Zittlau. Die Strategie ging auf. Am Mittwoch knackten sie auf Youtube die Marke von 10.000 Klicks.

„Dann singen wir den Song auf der Fanmeile in Berlin“

Das Geheimnis des Clips ist, dass die drei Bandmitglieder natürlich wirken. Die Vorfreude, die sie auf dem Video ausstrahlen, wirkt ungekünstelt. „Wir sind total fußballbegeistert. Aus dieser Faszination ist auch die Begeisterung für den Track entstanden“, sagt der 28-jährige Sören Dröge. Mit seiner New-York-Yankees-Baseball-Kappe, die nur halb auf dem Kopf sitzt, wirkt er wie ein Vorzeige-Hip-Hopper. Die schwarz-rot-goldenen Plastikstreifen, die in seiner Brille die Gläser ersetzen, stehen für seine Fußballverrücktheit.

Dass sich einmal mehr als 10.000 Menschen für ihren Song und die spontane Party einen Tag vor EM-Beginn auf dem Lüdinghauser Sportplatz interessieren würden, hätten sie selbst nicht gedacht. „Das hat alle unsere Erwartungen gesprengt“, sagt Zittlau. Der Rollstuhlfahrer trägt auf dem Trikot seinen Spitznamen „Sitting Bull“. Darunter steht die Nummer 12. „Der zwölfte Mann, das sind wir, die Fans, die Deutschland zum Titel tragen“, erklärt Zittlau.

Neben dem EM-Titel hat Zittlau noch einen anderen Traum. Wenn Deutschland am 1. Juli im Endspiel steht, wollen die Musiker von Kunstschmiede vor einer halben Million Menschen in der Hauptstadt auftreten. „Dann singen wir den Song für die Nationalmannschaft auf der Fanmeile in Berlin.“

Autor: Jean-Charles Fays, dapd
Foto: Symbolfoto Public Viewing in Köln