Das Symbolfoto zeigt einen ICE der Deutschen Bahn im Winter

Berlin | dts | Nach dem Beginn des Warnstreiks der Lokführergewerkschaft GDL am Donnerstagabend ist in der Nacht zu Freitag der „Notfallplan“ für den Personenverkehr der Deutschen Bahn angelaufen. Im gesamten Fern- und Regionalverkehr komme es zu „massiven Beeinträchtigungen“ durch den GDL-Streik, teilte die Bahn mit. Fahrgäste sollten ihre Reise möglichst auf die Zeit nach dem Streik verschieben.

Wer dennoch fahren müsse, solle sich kurz vor Antritt der Reise über den Status informieren. Der Streik soll noch bis Freitagabend um 22 Uhr andauern. Alle Fahrgäste, die ihre für den Donnerstagabend und Freitag geplante Reise verschieben möchten, können ihr Ticket zu einem späteren Zeitpunkt nutzen – die Zugbindung für Sparpreis-Tickets wurde aufgehoben.

Tickets gelten dabei für die Fahrt zum ursprünglichen Zielort, auch mit einer geänderten Streckenführung, Sitzplatzreservierungen können kostenfrei storniert werden. In dem Tarifpoker geht es nicht nur um mehr Geld, sondern auch um flexiblere und kürzere Arbeitszeiten. Die GDL hatte die Verhandlungen zuletzt als gescheitert erklärt.

Kommunen werfen GDL Egoismus vor

Angesichts des neuen Warnstreiks wirft der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) der Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GDL) Egoismus zulasten des gesamten Landes vor. „Die Interessen dieser kleinen Gewerkschaft sind offenbar wichtiger als Funktionsfähigkeit des ganzen Landes“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der „Bild“ (Freitagsausgabe). Der Warnstreik sei „viel zu kurzfristig angesetzt worden“, kritisierte Landsberg.

Bürger und Kommunen hätten praktisch keine Zeit, „sich umzustellen“. Angesichts der schon geplanten Urabstimmung sei der Ausstand zu dem „vollkommen unerklärlich“, sagte Landsberg. „Alle sollen auf die Bahn umsteigen, doch wenn die mal funktioniert, wird sie von dieser Minigewerkschaft lahmgelegt. Das schadet Millionen Menschen und auch noch dem Klima.“ GDL-Chef Claus Weselsky verteidigte unterdessen den erneuten Streik: „So leid mir das für die Kunden tut, aber wir haben derzeit keine andere Wahl“, sagte er der „Rheinischen Post“. Das Management und der Personalvorstand Martin Seiler seien nicht bereit, über die Absenkung der Wochenarbeitszeit und über die Tarifverträge für Fahrdienstleiter zu verhandeln.

„Wer nicht zuhören will, muss die Konsequenzen tragen“, sagte Weselsky. Die Bahn wolle keinen Kompromiss. „Die Kunden müssen sich bei der Bahn beschweren“, ergänzte der GDL-Vorsitzende.

Zugleich sagte Weselsky: „Die Streikbereitschaft unserer Mitglieder liegt bei 100 Prozent.“ Das zeigten die Auswirkungen des laufenden Ausstands: „Die Bahn steht weitgehend still.“ Erneut versicherte Weselsky, dass es vor Weihnachten keinen weiteren Ausstand geben werde.

„Das ist unser letzter Warnstreik vor Weihnachten. Wenn der zu Ende geht, setzt die friedvolle Weihnachtszeit ein. Die geht bis zum 7. Januar.“

Bahn soll sich kompromissbereiter zeigen

Der Gewerkschaftsexperte Wolfgang Schröder fordert derweil vom Bahnmanagement mehr Kompromissbereitschaft beim Thema Arbeitszeit: „Was mich gewundert hat, ist, wie apodiktisch sich die Bahnführung von Anfang an gegen die Arbeitszeitforderungen der GDL positioniert hat und damit die starke Polarisierung in diesem Konflikt erst ermöglichte“, sagte Schröder dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. „Die 35-Stunden-Woche ist kein utopisches Ziel. Sie ist in der Mehrheit der Branchen der verarbeitenden Industrie seit den 90er-Jahren Realität und auch in einem kleineren Teil der Dienstleistungswirtschaft“, so Schröder.

Die Bahnführung solle ihre Ablehnung aufgeben und Wege aufzeigen, wie Arbeitszeiten besser organisiert werden können. „Man könnte sagen: Wir wollen auf 35 Stunden und machen einen Plan, wie wir schrittweise in einem überschaubaren Zeitraum dorthin kommen können“, sagte der Politologe von der Uni Kassel. Ferner müsse geklärt werden, ob das GDL-Argument überhaupt stimme, dass mit 35 Stunden bei vollem Lohn die Attraktivität der Jobs bei der Bahn gesteigert werde.

Die Bahn hätte ferner auch eine Kommission vorschlagen können, die versucht, die widerstreitenden Interessen auszutarieren. Auch unterschiedliche Arbeitszeiten für die verschiedenen Altersgruppen seien eine Stellschraube. „Es gibt viele Möglichkeiten, die sich jenseits eines großen zusätzlichen Kostenbergs bewegen. Da ist die Bahnführung im Obligo“, so Schröder. Die Lokführer verlangen für die Beschäftigten im Schichtdienst eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit von 38 auf 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich. Die Bahn hat Verhandlungen darüber abgelehnt, weil dies nicht finanzierbar sei und die dann notwendigen zusätzlichen Beschäftigen auf dem Arbeitsmarkt nicht zu finden seien.

Die GDL hatte die Tarifverhandlungen zuletzt abgebrochen und zu dem neuen Warnstreik aufgerufen, der am Freitag um 22 Uhr enden soll.