Symbolbild Windenergie

Köln | aktualisiert | Die schwarz-grüne Landesregierung stellt Veränderungen in der Landesbauordnung vor. Unter anderem werden Regeln zugunsten des Einsatzes von Erneuerbaren Energien vereinfacht oder angepasst. Jetzt ist der NRW-Landtag dran und muss das Gesetz, dass am 1. Januar 2024 in Kraft treten soll beschließen. Von den NRW-Grünen und der NRW-SPD gibt es erste Statements zu den Änderungen im Bereich Windenergieanlagen.

Bürokratie

Die neue Landesbauordnung will die Schriftformerfordernis aufgeben. Es reicht in Zukunft die Textform. Der größte Unterschied ist, dass bei Schriftformerfordernis Schriftstücke, Verträge oder Urkunden nicht nur schriftlich abgefasst, sondern auch eigenhändig mit voller Namensunterschrift unterzeichnet werden müssen. Bei der Textform genügt eine lesbare Erklärung ohne Unterschrift. So können Erklärungen in Zukunft auch per E-Mail oder SMS abgeben werden. Damit will die Landesregierung vor allem die Unteren Bauaufsichtsbehörden in den Kommunen entlasten, die nach ihrer Aussage bei der Digitalisierung gut vorankämen.

Erneuerbare Energie

Die Abstandsregeln für Windkraftanlagen werden angepasst. So müssen diese in Zukunft nur noch einen Abstand von 30 statt 50 Prozent von ihrer Höhe zu Wohngebäuden einhalten. Zudem gilt ab dem 1. Januar 2024, dass Windkraftanlagen im vereinfachten Verfahren beantragt und genehmigt werden können. Zudem soll auf Antrag es möglich werden alle Zulassungsverfahren bei einer einzigen Stelle abzuwickeln. Die schwarz-grüne Landesregierung rechnet mit einer Beschleunigung bei bauaufsichtlichen Verfahren für Windenergieanlagen.

Für den Bau von Wärmepumpen fallen die bauordnungsrechtlichen Mindestabstände in NRW zu Nachbargrundstücken weg. Aber es gelten weiterhin die gesetzlichen Bestimmungen der TA Lärm, die einzuhalten sind. Damit wird die Installation von Außengeräten zwar erleichtert aber es entbindet Bauherren nicht mit ihren Installateuren die Frage nach dem Schallschutz gegenüber Nachbarn zu klären. Für die Abstandsregel bestand seit Dezember 2022 schon ein Erlass, der nun gesetzlich formuliert wird.

Ab dem 1. Januar 2024 können Solaranlagen ohne Abstand zur Grenzwand auf Dächern installiert werden. Auch beim Wasserstoff gibt es Änderungen. Wer Wasserstoff für die Eigennutzung produziert und eine Speichermenge von 20 kg pro Gerät nicht überschreitet kann die Anlagen genehmigungsfrei installieren.

Mobilfunk in NRW

Wer Mobilfunk-Antennen in NRW installieren will, der kann dies ohne Höhenbegrenzung jetzt ohne baurechtliches Verfahren umsetzen. Antennen die nicht an einen festen Ort gebunden sind dürfen bis zu 48 Monate errichtet werden. Zudem erhofft sich die Landesregierung einen Schub an Bahnstrecken. Denn dort dürfen jetzt Antennen und deren Versorgungseinheiten mit einem Volumen bis zu 30 Kubikmetern genehmigungsfrei errichtet werden. Bislang galt für die Versorgungseinheiten eine Größenbeschränkung von 10 Kubikmetern.

Vereinfachte Baugenehmigungen

Die schwarz-grüne Landesregierung will die Genehmigungsverfahren am Bau vereinfachen. Unter bestimmten Voraussetzungen sollen Wohngebäude bis zur Gebäudeklasse 4 künftig genehmigungsfrei gebaut werden dürfen. Bisher galt dies nur für Gebäude der Klassen 1 bis 3. Zudem soll die Bauvorlageberechtigung auf bestimmte Handwerksbranchen ausgeweitet werden. Dann dürften Meister:innen in diesen Branchen für die Gebäudeklassen 1 und 2 ebenso Bauvorlagen erstellen. Fördern will die Landesregierung zudem „Bauen mit Holz“ und hat entsprechende Erleichterungen eingebracht.

„Wind. Wohngebiete. Wachstum. Das ist der Dreiklang des Gesetzentwurfs für den Windkraftausbau in Nordrhein-Westfalen. Wir brauchen keine ‚Deutschland-Türme’, wenn internationale Standards, die beispielsweise mit der EU-Maschinenrichtlinie konform sind, ausreichend Sicherheit bieten. Das wird Zeit und Geld sparen. Damit werden wir deutschlandweit Vorreiter. Volle Kraft voraus: Wenn der Landtag die Änderungen auf den Weg bringt, werden bauaufsichtliche Verfahren für Windenergieanlagen ab dem 1. Januar 2024 deutlich beschleunigt”, so Ina Scharrenbach, Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen.

Lob von den Grünen in NRW

Yazgülü Zeybek, Landesvorsitzende der Grünen NRW, ist voll des Lobes vor allem bei der Abstandsregel für Windenergieanlagen: „Die Abschaffung der 1.000-Meter-Abstandsregel für Windenergieanlagen ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Mit der Ausweisung von rund 9.000 Hektar Beschleunigungsfläche und weiteren rund 61.000 Hektar im kommenden Jahr, stellen wir den Kommunen und Unternehmen sinnvolle und geeignete Flächen für den Bau von Windenergieanlagen zur Verfügung. Wir setzen das Wind-an-Land-Gesetz also deutlich früher als vom Bund vorgegeben um.“

SPD kritisch

Nicht ganz so positiv äußert sich die SPD im NRW-Landtag. André Stinka, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag NRW: „Unser monatelanger Druck zeigt Wirkung: Nach viel zu langer Hängepartie haben CDU und Grüne ein Einsehen und sind endlich bereit, die 1000-Meter-Abstandsregel für Windkraftanlagen ganz abzuschaffen. Den entsprechenden Gesetzentwurf hatte die SPD schon im März diesen Jahres eingebracht, doch diesen lehnte die Regierungskoalition ab. Die Zeit seit Amtsantritt der Regierung sind verschenkte Monate, in denen Schwarz-Grün viel Glaubwürdigkeit in Sachen erneuerbarer Energien verloren hat. Jetzt wird es höchste Zeit, das Land hinkt den eigenen Ausbauzielen weit hinterher. Um das zu ändern, ist eine Menge zu tun. Stärken wir willige Kommunen, von den Spielräumen beim Ausbau der Erneuerbaren Gebrauch zu machen. Wer Ziele übertrifft, schafft Versorgungssicherheit und Wertschöpfung. Genau das ist notwendig. Denn nur mit grüner, sicherer und bezahlbarer Energie bleibt NRW ein starker Wirtschaftsstandort. Gleichzeitig bleiben viele Fragen offen, die es in der parlamentarischen Befassung zu klären gilt. Führt die Landesregierung durch die Hintertür einen neuen Mindestabstand von 400 Metern zu Einzelgebäuden im Außenbereich ein? Das würde im Münsterland das laufende Regionalplanungsverfahren über den Haufen werfen und die Flächenziele unerreichbar machen, wenn dadurch 1/3 der Windenergieanlagen der Region betroffen sind. Werden Planungs- und Genehmigungsverfahren durch neue Grenzziehungen wirklich beschleunigt? Die Landesregierung sieht Deckelungen von 15 Prozent der Fläche pro Kommune, 75 Prozent Anteil an Potenzialflächen und 2,2 Prozent pro Planungsregion vor. Kann angesichts der ausufernden Regelungsvorgaben zum Ausbau der Freiflächen-Solaranlagen und dem damit verbundenen Prüfungsaufwand ein beschleunigter Ausbau erreicht werden? Schließlich bestehen weiter Unklarheiten bei der Stärkung der Windkraft auch in Industrie- und Gewerbegebieten. Der Artenschutzleitfaden für die Abwägungsprozesse zum Ausbau der Windkraft im Wald ist zudem weiter ausstehend. Hier muss die Landesregierung schnell nachlegen.“

Sebastian Watermeier, Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag NRW für Bauen, Wohnen und Digitalisierung: „Der gestern vom Kabinett verabschiedete Gesetzentwurf zur Änderung der Landesbauordnung ist inzwischen die fünfte Novelle seit dem Amtsantritt von Bauministerin Ina Scharrenbach vor sechs Jahren. Bis heute sind noch nicht einmal alle Verwaltungsvorschriften der bisherigen Novellen in Kraft – von „Tempo“ kann also wirklich keine Rede sein. Entgegen den Ankündigungen der schwarz-grünen Koalition im Vorfeld ist dieses „Update“ wiederholt kein großer Wurf, von dem ein Impuls zur dringend notwendigen Kostensenkung und Planungsbeschleunigung beim Wohnungsbau ausgehen würde.“

ag