Düsseldorf |In seltener Einigkeit hat sich der nordrhein-westfälische Landtag für den Erhalt des Bonner Regierungssitzes ausgesprochen. Die Abgeordneten aller fünf Fraktionen stimmten am Donnerstag für einen gemeinsamen Antrag, in dem eine faire Arbeitsteilung zwischen Berlin und Bonn gefordert wird.

Ausgelöst hatte die Diskussion Anfang des Jahres SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück. In einem Zeitungsinterview sprach sich der frühere NRW-Ministerpräsident für einen schrittweisen Abzug der Bonner Ministerien nach Berlin aus. Sämtliche Redner – auch die von SPD und Grünen – wandten sich am Donnerstag dagegen.

Landtagsvizepräsident Gerhard Papke (FDP) sprach von einem „brandgefährlichen Angriff“ auf die im Bonn/Berlin-Gesetz festgeschriebene Arbeitsteilung. Bei einem Komplettumzug würden in der Region 30.000 Arbeitsplätze und eine Kaufkraft in Millionenhöhe verloren gehen. Allerdings gehe es nicht um „Standortegoismus“, sondern Verlässlichkeit in der Politik. „Wir wollen keinen neuen Zentralismus in Deutschland“, sagte Papke.

Die für Bundesangelegenheiten zuständige NRW-Ministerin Angelica Schwall-Düren (SPD) kritisierte die Bundesregierung. Indem es mittlerweile mehr Ministeriumsarbeitsplätze in Berlin als in Bonn gebe, würden die vereinbarten Regelungen „seit langem in einem schleichenden Prozess ausgehöhlt“ und Fakten zulasten von Bonn geschaffen. Während Steinbrück lediglich Überlegungen angestellt habe, handele die schwarz-gelbe Bundesregierung gegen das Bonn/Berlin-Gesetz. Auch der Grünen-Politiker Horst Becker warf der Regierung im Bund vor, kontinuierlich die Verträge aus den 1990er Jahren zu brechen.

Verlässlichkeit für Bonner

In der Diskussion über einen Umzug aller Ministerien vom Rhein an die Spree wird immer wieder eine damit verbundene Kostenersparnis angeführt. Die Bonner Landtagsabgeordnete Ilka von Boeselager (CDU) widersprach diesem Argument. Während die Teilungskosten dank der modernen Technik mittlerweile erheblich reduziert worden seien, würde ein Komplettumzug mit dem Bau neuer Gebäude und hohen Mieten in Berlin Milliarden kosten. Darüber hinaus müssten sich die in den Bonner Ministerien beschäftigten Menschen auf die „politischen und gesetzgeberischen Zusagen verlassen können“, forderte Boeselager.

Gemäß dem Berlin/Bonn-Gesetz arbeiten die meisten Bundesministerien schwerpunktmäßig in Berlin. Am Rhein haben aber noch sechs Ressorts ihren ersten Dienstsitz, darunter das Verteidigungs-, das Umwelt- und das Gesundheitsministerium. Jährlich werden Millionen Euro ausgegeben, weil Beamte pendeln müssen.

Steinbrück hatte gesagt: „Die Zeiten von doppelten Standorten der Ministerien werden irgendwann zu Ende gehen.“ Bonn bleibe Bundesstadt und ein Standort der Vereinten Nationen, „aber der Platz der politischen Entscheider ist Berlin“. Die Ministerien, die heute noch Standorte in Bonn haben, sollten schrittweise in oberste Bundesbehörden umgewandelt werden. Auch in den eigenen Reihen musste der Kanzlerkandidat dafür Kritik einstecken.

Autor: Christian Wolf, dapd