Düsseldorf | Rekordausgaben und neue Schulden in Milliardenhöhe: Der nordrhein-westfälische Landtag hat am Mittwoch den Haushalt für das laufende Jahr verabschiedet. Im Plenum reichte dafür die Mehrheit des rot-grünen Koalitionslagers. In einer über weite Strecken hitzig geführten Debatte stritten die Spitzenpolitiker des Landes zuvor über den richtigen Weg in der Haushaltspolitik. Regierung und Opposition teilten kräftig aus.

Den Beginn machte der CDU-Fraktionsvorsitzende Karl-Josef Laumann. Mehr als eine halbe Stunde lang wetterte der Münsterländer gegen die „Verschuldungspolitik“ der Landesregierung. „Sie sind jetzt in der finanzpolitischen Sackgasse, aus der sie nicht mehr herauskommen“, rief er in Richtung der rot-grünen Regierungsbank. Mit einem Bevölkerungsanteil von 22 Prozent mache NRW rund 60 Prozent der Schulden aller Bundesländer. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) warf er vor, mit ihrer präventiven Sozialpolitik eine Schuldenpolitik auf Kosten des Landes zu betreiben. Dies sei „sozialdemokratischer Schlendrian“ und Kraft keine Landes- sondern eine Rabenmutter.

Trotz eines erwarteten Höchststandes der Steuereinnahmen von 44,8 Milliarden Euro sieht der Haushalt neue Schulden in Höhe von 3,4 Milliarden vor. Auch die veranschlagten Ausgaben erreichen mit fast 60 Milliarden Euro ein Rekordniveau.

Unbrauchbare Vorschläge

Regierungschefin Kraft verteidigte das Zahlenwerk. Es werde „verantwortungsvoll“ gespart und gezielt in Bildung und Kommunen investiert, sagte die SPD-Politikerin. Gegenüber dem letzten Etat seien rund 150 Millionen Euro dauerhaft eingespart worden. Die Vorschläge der Opposition seien entweder unsozial, ungerecht, unrealistisch oder unbezahlbar. „Mit einem Wort: unbrauchbar“, sagte Kraft. Sowohl CDU als auch FDP hatten in den vergangenen Wochen eigene Vorschläge zum Haushalt eingebracht. Sie sahen unter anderem eine Wiedereinführung der abgeschafften Studiengebühren vor.

Dass die Tarifeinigung der Angestellten im öffentlichen Dienst nicht komplett auf die Beamten übertragen wird, bezeichnete Kraft als „schmerzliche Maßnahme“. Diese sei dennoch nötig, da der Haushalt ansonsten bis 2014 mit zusätzlichen 1,3 Milliarden belastet werde. „Wir glauben, dass das nicht geht“, sagte sie. SPD-Fraktionschef Norbert Römer warf der Opposition „Realitätsverweigerung“ vor. Bis 2017 seien strukturelle Einsparungen von einer Milliarde Euro geplant. Dabei gebe es „überhaupt keine Tabus“, kündigte der Sozialdemokrat an.

Finanzpolitische Geisterfahrerin

Dass ihm diese Pläne zu wenig ambitioniert sind, machte der Fraktionsvorsitzende der FDP, Christian Lindner, deutlich. Während andere Bundesländer einem klaren Pfad zur Konsolidierung folgten, sei Kraft die „finanzpolitische Geisterfahrerin“ der Republik. „Wann, wenn nicht jetzt, soll der Staat denn mit den Steuereinnahmen auskommen“, sagte er mit Verweis auf das sprudelnde Steueraufkommen.

Piraten-Landeschef Joachim Paul beklagte, dass bislang alle kurzfristigen Rezepte zum Schuldenabbau gescheitert seien. „Mit großen Worthülsen verliert die Politik den letzten Rest an Glaubwürdigkeit“, sagte er.

Nach einer fast fünfstündigen Debatte und der Abstimmung über Dutzende Änderungsanträge winkten SPD und Grüne den Haushalt durch. Die Opposition stimmte geschlossen dagegen. Die verspätete Verabschiedung ist eine Folge der vorgezogenen Landtagswahl im vergangenen Jahr. Dadurch verzögerte sich auch die Aufstellung des neuen Etats. Um den Haushalt für 2014 rechtzeitig vorzulegen, arbeitet die Landesregierung derzeit an den neuen Plänen.

Autor: Christian Wolf, dapd
Foto: Ministerpräsidentin Hannelore Kraft