Düsseldorf | US-Präsident Barack Obama tut es, Bundesumweltminister Peter Altmaier ebenfalls, und ein Großteil der Piraten sowieso: kurze, knackige Nachrichten via Twitter in die Welt hinaus posaunen. Viele Politiker suchen dadurch den direkten Kontakt zum Volk und tauschen sich mit Parteifreunden oder politischen Gegnern aus. Laut einer aktuellen Studie twittern mittlerweile die Regierungen von fast zwei Drittel der 193 UN-Mitgliedsstaaten. Doch wie sieht es mit der Twitter-Begeisterung in Nordrhein-Westfalen aus?

Nur ein Viertel von 237 Abgeordneten twittert

Von den 237 Abgeordneten im Düsseldorfer Landtag ist nur rund ein Viertel beim Kurznachrichtendienst angemeldet. Nicht jeder davon haut aber auch regelmäßig in die Tasten. Zahlreiche Politiker haben sich vor geraumer Zeit ein Profil angelegt und es dann vernachlässigt. Auf der Seite von Grünen-Fraktionschef Reiner Priggen werden Besucher gar mit dem Status begrüßt: „@reinerpriggen hat noch nichts getwittert.“

Am fleißigsten unter den fünf Parlamentsfraktionen sind erwartungsgemäß die Piraten. Nur drei von 20 Abgeordneten tummeln sich nicht bei Twitter. Alle anderen Piraten verschicken regelmäßig private und politische Nachrichten über das Netz. Mit rund einem Drittel gibt es bei den Grünen ebenfalls noch einen ganz guten Schnitt an Twitter-Nutzern. Schlusslicht ist die CDU, wo nur jeder Achte regelmäßig Meldungen absetzt. Zum Vergleich: Aus dem Bundestag twittert mehr als jeder Dritte Abgeordnete.

Doch es gibt auch Vorzeigebeispiele unter den NRW-Politikern, die sich mit voller Leidenschaft dem modernen Medium widmen. Dazu gehört der Grünen-Landessprecher Sven Lehmann, dessen Twitter-Konto stolze 4.500 Meldungen zählt. Abseits von privaten Nachrichten verschickt der Kölner auch Kommentare zur Diskussion um die grüne Spitzenkandidatur auf Bundesebene oder greift Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) an. Aber auch in den anderen Fraktionen gibt es mit Christian Lindner (FDP), Lisa Steinmann (SPD) und Daniel Sieveke (CDU) fleißige Twitterer.

Auch die CDU-Politikerin Ina Scharrenbach war mal eifrig am twittern und kam bis Oktober 2010 auf 1.462 Nachrichten. Seitdem herrscht aber Funkstille. „Irgendwann kommt man nicht mehr dazu, alles zu machen“, sagt sie. So sei es eine Zeitfrage, neben dem politischen Geschäft auch noch ständig auf das Handy zu blicken und Nachrichten zu tippen. Bewusst habe sie sich deswegen gegen Twitter entschieden und sei nur noch im sozialen Netzwerk Facebook unterwegs.

Der Politikwissenschaftler Christoph Bieber sieht darin nichts Ungewöhnliches. „Jeder muss für sich seinen besten Weg finden“, sagt der Experte für politische Kommunikation. Einen goldenen Weg für den Umgang mit neuen Medien gebe es nicht. „Dass ich mich als Politiker in diesem Bereich bewegen muss, ist aber kein Geheimnis mehr“, befindet Bieber. So ermögliche Twitter neue Möglichkeiten der politischen Kommunikation, wenn sich etwa Abgeordnete während Plenarsitzungen untereinander austauschten.

Kraft kam im Wahlkampf zu Twitter

Für Aufsehen sorgte vor einigen Monaten die Ankunft von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft bei Twitter. Pünktlich zum Beginn des Landtagswahlkampfes meldete sich die SPD-Politikerin im März erstmals über den Kurznachrichtendienst zu Wort. Fleißig twitterte sie über ihr Fitnessprogramm oder den Alltag als Politikerin. Und in Interviews gab die Regierungschefin vollmundig an, dass Twitter ein Teil ihres politischen Lebens sei und sie „eine Art Live-Ticker“ ihres Lebens erstellen wolle.

Seit dem 12. Mai – einen Tag vor der Wahl – ist Kraft allerdings verstummt. Die Junge Union hat schon ihren Twitter-Rücktritt gefordert und vermutet hinter der Internetoffensive ein „plumpes Wahlkampfmanöver“. Diesen Vorwurf will die Regierungschefin nicht auf sich sitzen lassen. „Es stimmt. Ich habe eine Twitter-Sommerpause eingelegt. Doch im Herbst werde ich wieder bei Twitter und Facebook schreiben“, erklärte Kraft auf dapd-Anfrage. Mit ihrer plötzlichen Twitter-Müdigkeit befindet sich die Ministerpräsidentin allerdings in guter Gesellschaft. Auch Staatenlenker wie die brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff und der französische Staatspräsident François Hollande sind nach ihrem Wahlerfolg bei Twitter verstummt.

Autor: dapd
Foto: Tim Schulz | dapd