Rüsselsheim/Bochum | Opel lässt sein Erfolgsauto Astra ab 2015 nicht mehr in Deutschland bauen und stellt damit die heimischen Werke Rüsselsheim und Bochum vor eine ungewisse Zukunft. Der Kompaktwagen, wichtigstes Modell des kriselnden Autoherstellers, wird aus dem Stammwerk Rüsselsheim abgezogen und nur noch im britischen Ellesmere Port und im polnischen Gliwice vom Band laufen, wie Opel am Donnerstag mitteilte. Zwar bekannte sich Opel zum Werk Rüsselsheim, das weiter voll ausgelastet werden soll. Doch Garantien für den Standort Bochum gab es nicht.

Der Bochumer Opel-Betriebsratschef Rainer Einenkel fürchtet nach der Astra-Entscheidung das Aus für das Werk. Möglicherweise wolle Opel als Ersatz die Produktion des Familienvans Zafira aus Bochum nach Rüsselsheim verlegen. „Das wäre der Todesstoß für Bochum“, sagte Einenkel. Er forderte Gewissheit für das Werk, dessen Sicherungsvertrag mit dem US-Mutterkonzern General Motors (GM) 2014 ausläuft. „Wir brauchen eine klare Aussage, welche Autos ab 2015 und 2016 hier gebaut werden“, erklärte Einenkel.

Opel Bochum hat dem Betriebsrat zufolge inklusive Partnerbetriebe rund 4.800 Beschäftigte. Am kommenden Montag ist dort eine Betriebsversammlung mit Opel-Chef Karl-Friedrich Stracke geplant. Auch NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) will teilnehmen. Ein Sprecher der Düsseldorfer Regierung wollte die Entscheidung von Opel vor Montag nicht kommentieren.

Der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer rechnet mit dem Ende der Bochumer Opel-Fabrik. Die Entscheidung zum Astra werde „zu 99,9 Prozent“ zur Schließung von Bochum führen, sagte der Direktor des CAR Center Automotive Research an der Universität Duisburg-Essen.

Verhandlungen über die Zukunft von Rüsselsheim

Opel hatte vor wenigen Tagen angekündigt, die neue Astra-Generation nur noch in zwei Werken bauen zu wollen. Das polnische Werk galt dabei wegen der kostengünstigen Produktion als gesetzt. Am Donnerstag stimmten dann die Beschäftigten bei der Opel-Schwester Vauxhall in Ellesmere Port einem neuen Tarifvertrag mit Lohnverzicht zu. Sie ebneten so im Konkurrenzkampf mit den deutschen Opel-Werken den Weg für die Astra-Produktion an ihrem Standort. Dort sollten 700 neue Stellen entstehen, erklärte Opel.

Ellesmere Port und Gliwice würden „die Eckpfeiler unserer Produktion in Europa“, sagte Opel-Chef Stracke. Dafür will der Mutterkonzern GM insgesamt 300 Millionen Euro in beide Werke investieren.

Dagegen werde in Rüsselsheim die Produktion des Astra nach dem Auslaufen des jetzigen Modells nicht fortgesetzt. Dennoch sei beabsichtigt, das Stammwerk weiter voll auszulasten. „Ein wettbewerbsfähiges Werk Rüsselsheim spielt eine wichtige Rolle in unserer Wachstumsstrategie“, sagte Stracke.

Über die notwendigen Maßnahmen zur Herstellung der Wettbewerbsfähigkeit will die Firmenleitung nun mit den Arbeitnehmervertretern reden. Offen ist, ob dafür Zugeständnisse der Belegschaft wie in Ellesmere Port nötig sind. Details wolle Opel derzeit noch nicht öffentlich diskutieren, sagte Firmensprecher Stefan Weinmann. „Ich möchte den Gesprächen nicht vorgreifen“, erklärte er.

GM fährt mit seinem Europa-Geschäft seit Jahren hohe Verluste ein und plant harte Einschnitte bei den Töchtern. Der Sanierung könnten viele Arbeitsplätze zum Opfer fallen. Immer wieder gibt es Spekulationen über Werkschließungen, vor allem Bochum wird dabei genannt.

Autor: Kai Portmann, dapd | Foto: GM Company/PR
Foto: Ein Werbefoto eines Opel Astra