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Köln | aktualisiert | Jetzt ist die Entscheidung da! Der Bebauungsplan der Stadt Köln, den diese am 2. Dezember 2020 in ihrem Amtsblatt veröffentlichte und der Baurecht für den 1. FC Köln im Äußeren Grüngürtel schaffte ist unwirksam. Beiden Normenkontrollanträgen der BI Grüngürtel und des Landesverbandes NABU des Naturschutzbundes Nabu folgte der 7. Senat des Oberverwaltungsgerichts NRW (OVG NRW). Allerdings stellten die Richter nur einen Abwägungsmangel fest, der durch ein ergänzendes Planungsverfahren geheilt werden könne. Mittlerweile liegen Statements aus der Politik und Stadtgesellschaft vor. Diese finden Sie am Ende des Artikels.

Bemerkenswerter Ratsentscheid

Der Rat der Stadt Köln hatte in einer bemerkenswerten Sitzung im Sommer 2020 für die Erweiterung des Rheinenergiesportparks und damit die FC-Erweiterung gestimmt. Das war kurz vor der Kommunalwahl. Damals waren CDU und Grüne in einem Bündnis. In der Frage der Grüngürtel-Erweiterung stimmten sie nicht gemeinsam. Der Rat stimmte über den Bebauungsplan in geheimer Abstimmung ab. 52 Ratsmitglieder stimmten für den Bebauungsplan, 28 dagegen. Drei enthielten sich damals. SPD, CDU und FDP trieben die Erweiterungspläne des 1. FC Köln voran, Grüne, Linke und Gut votierten dagegen. Den Grünen brachte dies viele Punkte in der kurz darauffolgenden Kommunalwahl ein. Seit 2014 will der 1. FC Köln ein Leistungszentrum im Äußeren Grüngürtel errichten.

Der Bebauungsplan sollte die Erweiterung der Sportanlagen in Köln-Sülz absichern. Es geht um den Bereich des Franz-Kremer-Stadions, des Geißbockheims und mehrere Sportplätze. Auf dem Äußeren Grüngürtel sollte die Gleueler Wiese mit Kunstrasenplätzen bebaut werden. Hierbei handelt es ich in der Planung um die sogenannten „Kleinspielfelder“. Zudem ist ein zweigeschossiges Gebäude als „Leistungszentrum Fußball“ geplant.

Bebauungsplan in Gänze unwirksam

Der 7. Senat des OVG NRW stellt fest, dass nur die Planungen für die vier „Kleinspielfelder“ abwägungsfehlerhaft sei. Es bestehe so die Richter eine „Divergenz zwischen dem Inhalt dieser Festsetzungen und dem in der Planbegründung dargestellten städtebaulichen Konzept besteht“.

Auf öffentlichen Grünflächen sind nur in untergeordnetem Umfang bauliche Anlagen zulässig. Das Planungskonzept des Bebauungsplans der Stadt Köln sieht aber vollversiegelte Sportflächen auf der gesamten festgesetzten Grünfläche vor. Diese sind als bauliche Anlagen zu werten. Dass, so die Richter, lasse die Festsetzung einer Grünfläche aber nicht zu. Die Stadt Köln hätte förmlich Flächen für Sportflächen festsetzen müssen, worauf das NRW-Bauministerium die Stadtverwaltung hingewiesen hatte.

Das Gericht: „Die Unwirksamkeit der vier Grünflächenfestsetzungen führt insgesamt zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans, weil es sich nach der Planbegründung um ein wesentliches Element einer Gesamtkonzeption der Stadt Köln gehandelt hat.“

Gegner erleiden aber auch Niederlage

Die Gegner:innen des „Rheinenergiesportparks“ gehen aber nicht als Nur-Sieger vom Platz in Münster. Denn deren weitere Bedenken, die diese in den Normenkontrollklagen vortragen, folgt das Gericht nicht. Unter anderem, dass der Bebauungsplan gegen den Regionalplan im Regierungsbezirk Köln verstoße oder Standortalternativen, wie in Marsdorf ungenügend abgewogen worden seien. Auch den Ausführungen zu negativen Auswirkungen durch die Kunstrasenflächen auf das Kölner Stadtklima in diesem Bereich folgten die Richter in Münster nicht.

Revision nicht zugelassen

Der Senat hat eine Revision gegen die Urteile nicht zugelassen. Dagegen können die Stadt Köln und der beigeladene 1. FC Köln sowie die beigeladene 1. FC Köln GmbH & Co. KGaA Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesverwaltungsgericht einlegen. Aktenzeichen: 7 D 277/20.NE und 7 D 2/21.NE

Die Reaktionen aus der Kölner Politik

Kölner Grüne bejubeln Gerichtsentscheid

Christiane Martin, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Kölner Rat, in einem schriftlichen Statement: „Das Urteil ist ein großer Erfolg für die engagierte Bürgerschaft und den Nabu als Klägerinnen, aber auch für den Kölner Natur- und Klimaschutz insgesamt. Die Gleueler Wiese bleibt von massiven Eingriffen verschont, dafür werden wir politisch auf Basis des Urteils sorgen. Wir sind weiterhin zuversichtlich, dass es gelingen wird, gemeinsam mit dem FC eine tragfähige Lösung für den Verein an anderer Stelle in Köln zu finden. Wir Grünen haben von Anfang an für den Alternativstandort Marsdorf plädiert und die Stadtverwaltung beauftragt, das zu prüfen.“

Katja Trompeter, Vorsitzende der Kölner Grünen, schriftlich in der gleichen Mitteilung an die Öffentlichkeit: „Unsere Partei hat eine weitere Bebauung und Fragmentierung des Grüngürtels immer vehement abgelehnt. Deshalb sind wir froh, dass das Gericht der Klage stattgegeben hat. Das gibt Rückenwind für den Schutz der Gleueler Wiese. Insbesondere im Hinblick auf die Anpassung an den Klimawandel dürfen kostbare 36.000 m² unseres Kölner Grüngürtels nicht weiter versiegelt werden. Nichtsdestotrotz braucht der 1. FC Köln erstklassige Trainingsbedingungen und wir unterstützten sein Vorhaben moderne Trainingsanlagen zu bauen, allerdings nicht auf der Gleueler Wiese.“

Der grüne Bundestagsabgeordnete Sven Lehmann, der in Köln-Sülz seinen Wahlkreis hat: „Das Urteil ist ein Riesenerfolg für den Erhalt unserer Grün- und Naherholungsflächen in Köln. Dafür haben viele Engagierte wie die Bürger*inneninitiative „Grüngürtel für alle“ und der Nabu-Landesverband NRW jahrelang gekämpft. Die Stadt Köln und der 1. FC Köln sollten dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts folgen, damit endlich Klarheit herrscht. Denn der Schutz von Natur und Landschaft im äußeren Grüngürtel ist essentiell für die Lebensqualität der Kölner*innen. Jetzt müssen die Stadt und der 1. FC Köln gemeinsam Alternativen ausloten, um dem Verein zeitnah Planungssicherheit zu geben.“

Das sagt die Kölner CDU

Bernd Petelkau, Vorsitzender der CDU-Fraktion im Rat der Stadt Köln und Parteivorsitzender der Kölner CDU, schriftlich: „Wir nehmen die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes in Münster zur Kenntnis. Da der festgestellte Planungsfehler grundsätzlich behebbar ist, gleichzeitig aber auch unklar ist, ob und in welcher Form es eine juristische Fortsetzung gibt, wird dieses Urteil vermutlich nur ein Zwischenschritt bleiben. Es ist deshalb sinnvoll, dass die zwischen dem 1. FC Köln und der Stadtverwaltung begonnenen Gespräche über einen alternativen Standort in Marsdorf fortgesetzt werden. Die CDU wird den FC weiterhin in seinen Bemühungen unterstützen, erstklassige und zukunftsfähige Trainingsflächen in Köln zeitnah zu realisieren.“

Jörg Frank mit politischer Einordnung

Jörg Frank, der ehemalige Geschäftsführer der Grünen im Kölner Rat interpretiert die Entscheidung des OVG NRW bezogen auf die politische Situation in Köln: „Es ist ein realer Erfolg für alle Beteiligten, die den Grüngürtel schützen wollen. Ausdauer wird belohnt. Denn Fakt ist, dass das OVG den Satzungsbeschluss Bebauungsplan für unwirksam erklärt hat. Damit existiert kein Baurecht mehr. Der Fehler ist aber formaler Natur. Das OVG durfte sich auch nur mit rechtlichen Fehlern befassen, nicht mit der inhaltlichen Bewertung. Diesen Fehler kann nun das Planungsdezernat heilen und eine korrigierte Satzung dem  Rat vorlegen. Da die Grünen mit der CDU im Bündnisvertrag nur ein Moratorium vereinbart haben, könnte die CDU mit SPD und FDP dann die Grünen im Rat überstimmen. Damit hat aber der 1.FC Köln letztlich noch kein Nutzungsrecht, etwa in Erbpacht, für die Flächen. Auch dazu wäre ein Ratsbeschluss notwendig. Es ist nun eine rein politische Frage, ob CDU und SPD es heutzutage angesichts einer starken Umwelt- und Klimabewegung in der Region wagen, einen solchen reaktionären Vorstoß zu tätigen. Abgesehen davon wäre der finanziell klamme 1. FC Köln mit einer in überschaubarer Zeit realisierbaren Standortalternative sicher besser beraten.“

BI Grüngürtel: Ein 100 Prozent Erfolg

Report-K sprach bereits kurz mit Friedmund Skorzenski von der BI Grüngürtel, die die Normenkontrollklage einreichte. Skorzenski spricht von einem 100-prozentigen Erfolg, denn der Bebauungsplan sei vom Tisch. „Mehr geht nicht“, wertet Skorzenski, die Entscheidung des Gerichts. Jetzt müsste die Stadt Köln einen neuen Bebauungsplan aufstellen und daran glaube kein Mensch. Skorzenski: „Wir sind total happy“

FC will Dialog mit Stadtverwaltung und Stadtpolitik suchen

FC-Geschäftsführer Philipp Türoff (46), der die Sitzung in Münster vor Ort verfolgte, sagte gegenüber dem „Express“: „Die vorgetragene Urteilsbegründung bestätigt grundsätzlich, dass wir den professionellen Fußball in Köln sowohl rechtlich als auch umweltverträglich innerhalb der Stadtgrenzen weiterentwickeln können. Wir werden den bereits eingeschlagenen Weg konstruktiver Gespräche mit Politik und Verwaltung der Stadt Köln sowie allen anderen Beteiligten weiter fortführen, um möglichst schnell konkrete Lösungen zu erzielen.“

SPD will verlässliche Politik anbieten

Zur Entscheidung des Oberverwaltungsgericht Münster zu den Ausbauplänen des 1. FC Köln, sagt der sportpolitische Sprecher der SPD-Ratsfraktion Oliver Seeck: „Der FC hat in diesem Verfahren aus meiner Sicht keinen Fehler gemacht und muss nun leider etwas ausbaden, das er selbst nicht verschuldet hat. Jetzt darf aber die Weiterentwicklung des 1. FC Köln nicht noch weiter verzögert werden. Ich warne ausdrücklich davor, dass nun in Marsdorf die Interessen der Markthändler gegen den Sport ausgespielt werden. Der FC verdient nun endlich eine verlässliche Politik und Planungssicherheit!“