Köln | Kevin Pezzoni gab der „Welt am Sonntag” ein Interview. Dort wird der Spieler unter anderem mit dem Satz zitiert der Klub habe „auf eine günstige Gelegenheit gewartet, um mich loszuwerden“. Er wirft den Verantwortlichen vor, dass sie sich nicht genügend hinter ihn gestellt haben. Die reagieren nun ihrerseits und nennen einen Angriff aus dem Februar 2012, bei dem Pezzoni einen Nasenbeinbruch erlitt, eine Tat die „vermutlich auf private Beziehungsumstände zurückzuführen sei“.

Schriftlich erklärt Claus Horstmann, Vorsitzender der Geschäftsführung: „Der 1. FC Köln hat alles getan, um Kevin Pezzoni in angemessener Weise zu schützen. Wir haben ihm jegliche Unterstützung gegeben und der Trainer hat ihm sein Vertrauen geschenkt. Die von ihm nun erhobenen Vorwürfe sind substanzlos, unangebracht und schaden ihm selbst am meisten. Kevin Pezzoni ist vermutlich enttäuscht, da es insbesondere in Gesprächen mit seinem Vater immer wieder unterschiedliche Auffassungen zwischen dem 1. FC Köln und ihm gegeben hat. Der Spieler ist am Mittwoch, 29. August, zu uns gekommen, weil er sich nicht mehr zutraute, im Spiel gegen Cottbus aufzulaufen. Die für ihn schlechtere Alternative zur Vertragsauflösung wäre gewesen, ihn aus dem Kader zu streichen. Deswegen haben wir uns auf die Vertragsauflösung geeinigt, obwohl wir keinen Ersatz für den Spieler vorgesehen hatten. Er hat zudem noch eine Abfindung erhalten. Wenn wir jetzt mit diesen Themen an die Öffentlichkeit gehen, dann nur, weil wir uns dazu durch die Äußerungen von Kevin Pezzoni gezwungen sehen. Es geht um die Glaubwürdigkeit und das Image des 1. FC Köln und seiner Verantwortlichen.“

Der Verein erklärte, dass es neben dem Vorfall am 20. Februar 2012, der eine private Beziehungstat gewesen sein soll und dem 28. August 2012, als in einem sozialen Netzwerk der Aufruf „Pezzoni & Co aufzumischen“ aufgerufen wurde, dem Verein keine weiteren Aggressionen gegen den Spieler bekannt seien. Man habe nachdem man von dem Aufruf Kenntnis habe sofort alles veranlasst, wie etwa Information der Polizei und Anzeige erstattet. Als der Aufrufer sich in einer Radiosendung geoutet habe, wurde dieser vom Verein sofort ausgeschlossen, ein Stadionverbot verhängt und dem Fan-Club dem er vorsteht sofort der Status eines offiziellen Fanclubs entzogen.

Nach dem Spiel gegen Aue habe sich der Trainer für den Spieler verwendet, heißt es weiter vom 1. FC Köln. Die Vereinsführung so der Club habe auch einen Tag nach den Vorfällen weiter mit Pezzoni geplant. Erst durch die Bitte Pezzonis nicht mehr gegen Cottbus spielen zu müssen, habe man sich über die Modalitäten einer Trennung Gedanken gemacht. Weiter heißt es in der schriftlichen Stellungnahme: „In einer SMS nach der Vertragsauflösung hat sich Kevin Pezzoni ausdrücklich für die Unterstützung bedankt. In mehreren Gesprächen hat der Vater von Kevin Pezzoni gegenüber sportlicher Führung und Geschäftsführung des 1. FC Köln betont, dass die Vertragsauflösung die beste Lösung für beide Seiten ist. Die Homepage-Meldung, die am Freitag, 31. August, vom 1. FC Köln zur Vertragsauflösung veröffentlicht wurde, war von Kevin Pezzonis Vater, der zugleich als Kevin Pezzonis Manager gilt, freigegeben worden. Darin ist von „bestem gegenseitigem Einvernehmen“ die Rede.“

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Stimmen und Kommentare:

Neue Osnabrücker Zeitung: Der FC bleibt sich treu
Bevor allzu viele und allzu krampfhaft Beispiele für das gestörte Verhältnis zwischen Fans und Vereinen eingesammelt werden, weil das gerade so schön ins Bild passt, empfiehlt sich zunächst eine genaue Betrachtung des Einzelfalls Pezzoni. Dabei bleibt festzuhalten, dass der 1. FC Köln auf die Beleidigungen und Bedrohungen gegen einen seiner Spieler falsch reagiert hat. Sowohl im internen Umgang als auch in der externen Kommunikation. Der Klub musste zu seinem Spieler stehen, ihn schützen und halten. Die Trennung ist der falsche Weg, ein fatales Signal.

Wenn jetzt noch öffentlich darüber gestritten wird, wer in welchen Gesprächen was gesagt hat, und dabei weitere „Enthüllungen“ von einem zumindest in diesem Fall überforderten Manager angekündigt werden, dann darf man sagen: Der FC bleibt sich treu – in seiner desaströsen Außendarstellung, der jede strategische Linie fehlt. Und jeder Stil. Erst wenn diese Kölner Spezialitäten geklärt sind, darf man sich vorsichtig der Frage nähern, ob in dem Fall eine Tendenz erkennbar ist; vielleicht für eine Entfremdung zwischen Fans und Profis, für wachsende Gewaltbereitschaft oder für eine Radikalisierung der Ultras. Alles andere ist vordergründiger Populismus ohne Sinn.

Autor: ag
Foto: Kevin Pezzoni