Symbolbild Schule

Berlin/Düsseldorf | dts, red | Die Pisa-Studie legte aktuell ihren Fokus auf das Fach Mathematik, Lesen und Naturwissenschaften. Die Leistungen der Schülerinnen und Schüler sind in Deutschland auf einen neuen Tiefstand gesunken. Die SPD im Landtag von Nordrhein-Westfalen spricht von einer weiteren Hiobsbotschaft zur Bildungskatastrophe in NRW. Die Schulministerin von NRW Dorothee Feller, CDU, sagt, dass dies keine Überraschung sei.

Das sind die Ergebnisse der Pisa-Studie

Die Leistungen der Schüler in Deutschland haben sich laut der aktuellen Pisa-Studie verschlechtert und sind auf einen neuen Tiefstand gesunken. Die Durchschnittsergebnisse seien sowohl in der Mathematik als auch in den Bereich Lesekompetenz und Naturwissenschaften schwächer als 2018 ausgefallen, teilte die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) am Dienstag mit. Insgesamt handelt es sich bei den Ergebnissen von 2022 in allen drei Kompetenzbereichen um die niedrigsten Werte, die jemals im Rahmen von Pisa gemessen wurden.

Die Differenz zwischen den Durchschnittsergebnissen von 2018 und 2022 in Mathematik und Lesekompetenz entspreche in etwa dem typischen Lernfortschritt, den Schüler im Alter von ca. 15 Jahren während eines ganzen Schuljahrs erzielen – es handelt sich dem Vernehmen nach unter anderem um Folgen der Coronakrise. Der starke Rückgang der mittleren Punktzahlen zwischen 2018 und 2022 bestätigte und verstärkte laut OECD indessen einen Trend, der bereits 2012 bzw. 2015 eingesetzt hatte. Im jüngsten Zeitraum (2018-2022) veränderte sich der Leistungsabstand zwischen den leistungsstärksten Schülern (den zehn Prozent mit den höchsten Punktzahlen) und den leistungsschwächsten Schülern (den zehn Prozent mit den niedrigsten Punktzahlen) in Mathematik, Lesekompetenz und Naturwissenschaften nicht signifikant.

In Mathematik verschlechterten sich die Leistungen der besonders leistungsstarken und der leistungsschwachen Schüler gleichermaßen. Gegenüber 2012 erhöhte sich der Anteil der Schüler, deren Leistungen unter dem Grundkompetenzniveau lagen, um zwölf Prozentpunkte in Mathematik sowie um elf Prozentpunkte in Lesekompetenz und in Naturwissenschaften. Die Leistungen der Schüler in Deutschland lagen in den Bereichen Lesekompetenz (480 Punkte) und Mathematik (475) nahe am OECD-Durchschnitt und in Naturwissenschaften (492) weiterhin über dem OECD-Durchschnitt.

Auch außerhalb Deutschlands gab es deutliche Rückgänge der Leistungen: Die OECD spricht von einem „beispiellosen Rückgang“ des Leistungsdurchschnitts. Verglichen mit 2018 sank er in Lesekompetenz um zehn Punkte und in Mathematik um fast 15 Punkte. Der Leistungsrückgang in Mathematik sei dreimal so hoch wie jede vorherige Veränderung von einer Pisa-Erhebung zur nächsten.

Auf die Coronapandemie könne der Leistungsrückgang aber nur teilweise zurückgeführt werden, so die OECD. Die Leistungen in Lesekompetenz und Naturwissenschaften hätten bereits vorher zu sinken begonnen und auch bei den Mathematikleistungen seien in diversen Ländern schon vor 2018 negative Trends zu beobachten gewesen. Pisa gilt als die weltweit größte Schulleistungsstudie. Die Erhebungen finden üblicherweise alle drei Jahre statt, die eigentlich für 2021 geplante Erhebung war aber wegen der Coronapandemie um ein Jahr verschoben worden. Schwerpunkt der aktuellen Studie war der Bereich Mathematik.

Das sagt die NRW Schulministerin

Dorothee Feller, NRW Schul- und Bildungsministerin kommentierte die heute vorgestellten Ergebnisse der Pisa-Studie so: „„Deutschland liegt bei der internationalen Pisa-Studie international nur noch im Mittelfeld. Das ist unbefriedigend und damit dürfen wir uns nicht zufriedengeben. Das schlechte Abschneiden Deutschlands ist jedoch keine Überraschung, denn auch die Ergebnisse der jüngsten nationalen und internationalen Vergleiche waren nicht gut. Sicherlich haben die pandemiebedingten Einschränkungen einen Anteil am Leistungsrückgang. Und auch die zunehmend heterogene Schülerschaft ist eine große Herausforderung für unsere Schulen. Das alles darf jedoch keine Ausrede sein. PISA zeigt erneut, dass wir die Basiskompetenzen Lesen, Schreiben, Rechnen und Zuhören konsequent stärken müssen. Das beginnt in der Grundschule und muss in den weiterführenden Schulen fortgesetzt werden.”

Feller machte deutlich, dass die Schulen in NRW nicht einfach upgedatet werden könnten, sondern Veränderungen Zeit benötigten. Sie sieht NRW auf einem guten Weg durch die verbindliche Lesezeit an Grundschulen oder digitale Angebote zur Leseförderung und Stärkung der mathematischen Kompetenzen. Die Schulministerin erklärte, dass sie die Personalausstattung an den Schulen in den vergangenen 12 Monaten verbessert habe. Es solle weiter an einer besseren Unterrichtsversorgung und weiteren Maßnahmen gearbeitet werden.

Feller zeigte aber zudem in Richtung Berlin und die dortige Ampelregierung: „Auf jeder Ebene muss Bildung Chefinnen- und Chefsache sein. In den Kommunen, im Land und auch im Bund. Nordrhein-Westfalen hat das beim Haushalt für das kommende Jahr gezeigt. Der Schuletat ist der einzige Posten im Landeshaushalt, der bei einer angespannten Kassenlage von Einsparungen ausgenommen ist. Auch der Bund muss seiner Verantwortung gerecht werden. Das Startchancen-Programm und der Digitalpakt 2.0 müssen kommen.”

Schelte von der Opposition im NRW Landtag

Jochen Ott, Fraktionsvorsitzender der SPD im NRW Landtag kommentierte die Aussagen Fellers auf „X“ vormals „Twitter“: „Wahnsinn. Wieder zeigt der Finger nach Berlin. Bildung ist Ländersache, Frau Ministerin. Und die Bildungskatastrophe in #NRW besonders groß. Wann fangen Sie an, Schule neu zu denken anstatt mit Klein-Klein den Mangel zu verwalten? Wir brauchen einen neuen Aufbruch.

Dilek Engin, schulpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Landtag erklärte: „Mit den Ergebnissen der neuen Pisa-Studie liegt eine weitere Hiobsbotschaft über die Bildungskatastrophe in NRW vor. Die Ergebnisse der Pisa-Studie sind erschreckend. Immer mehr Schülerinnen und Schüler der 9. Klasse erreichen in Mathematik, Lesen und den Naturwissenschaften nicht einmal mehr das Grundschul-Niveau. Nach dem IQB-Bildungstrend und der IGLU-Studie liegt damit jetzt die dritte empirische Erhebung innerhalb eines Jahres vor, die den immensen Handlungsbedarf aufzeigt. Wer sich jetzt weiterhin wegduckt, wird seiner Verantwortung nicht gerecht.

Auch wenn Ministerin Feller Tippelschritte als Erfolge verkauft, muss sie sich den Herausforderungen stellen. Dafür muss die Ministerin aber erst einmal die Realität anerkennen. Bis heute bestreitet die Ministerin, dass wir uns in einer Bildungskatastrophe befinden. Doch die Menschen in unserem Land sehen die Baustellen täglich: Unterrichtsausfall, fehlende Infrastruktur, zu volle Lehrpläne und zu wenig individuelle Betreuung. Unser Bildungssystem scheint in seiner jetzigen Form den Herausforderungen nicht mehr gewachsen zu sein.

Dabei liegen die Antworten auf dem Tisch. Wir brauchen zwingend mehr Lehrkräfte, die auch tatsächlich in den Klassen stehen und unterrichten. Damit wir das erreichen, muss der Beruf der Lehrkraft wieder attraktiver gemacht werden. Wir schlagen hierfür beispielsweise ein Arbeitszeitkonto vor, auf dem jede zusätzlich erbrachte Unterrichtsstunde erfasst wird. Außerdem brauchen wir eine umfassende Lehrplanreform, die den Anforderungen des 21. Jahrhunderts gerecht wird. Um den immensen Herausforderungen gerecht zu werden, brauchen wir zudem ein Sondervermögen ‚Schule‘: Wir schlagen vor, bis 2035 zehn Milliarden Euro zu investieren, um unser Bildungssystem auf Vordermann zu bringen.“