report-K präsentiert ausgewählte Beiträge aus dem Newsletter des Kölner Presseclubs, den Sie hier abonnieren können. Für die redaktionellen Inhalte ist der Kölner Presseclub verantwortlich. Die Autorin dieses Newsletters Claudia Hessel ist Chefmoderatorin von RTL West und verfasst als Journalistin und Autorin Beiträge für verschiedene Magazine und Publikationen.
„Wenn der Dom fertig wird, geht die Welt unter.“ So sagt ein Kölner Sprichwort. 632 Jahre hat es gedauert, bis er in der heutigen Form vor uns stehen konnte. Fertig wird er aber wohl nie. Bei einer anderen Dauerbaustelle in unserer Stadt scheint ein Ende in Sicht: Am 22. März 2024 soll die jahrelange, aufwändige Sanierung der denkmalgeschützten Kölner Oper und des benachbarten Schauspielhauses endlich abgeschlossen sein. Zumindest die Technik geht schon mal an den Start. Im Herbst wollen die beiden Spielstätten eröffnen. Voraussichtlich! Nach 12 Jahren Bauzeit. Prognostizierte Herstellungskosten laut Stadt Köln bis dahin: 665 Mio. Euro.
„So viel Geld, und dann sieht es aus wie früher“, meint enttäuscht eine Besucherin, die kürzlich an einer Baustellenbegehung am Offenbachplatz teilnahm. Und das wird sicherlich noch für Diskussionen unter Kölnern sorgen: Die Foyers von Opern- und Schauspielhaus sowie der Zuschauerraum des Opernhauses werden denkmalgerecht wiederhergestellt – so wie der Architekt Wilhelm Riphahn in den 50er Jahren den Nachkriegsbau entworfen hat. Nur jetzt frisch saniert und technisch auf dem neuesten Stand. Dabei war es gerade der Einbau der komplizierten Haustechnik in das alte Gebäude, der die enormen Summen verschlungen hatte. Das Publikum sieht davon nichts.
Und dann ist da noch das Misstrauen den Verantwortlichen gegenüber, weil in Köln fast nichts fristgerecht fertig wird. Auch die Kölner Politik hat ihre berechtigten Zweifel: „Ob Köln im Herbst 2024 wieder eine moderne Oper und ein modernes Schauspiel haben wird, bleibt spannend.“ sagt Lorenz Deutsch. Er ist kulturpolitischer Sprecher der FDP-Ratsfraktion und Chef des FDP Kreisverbandes Köln. Und weiter: „Nach der niederschmetternden Erfahrung 2015 bleibe ich so lange skeptisch, bis ich die Eröffnung tatsächlich erlebe. Da ist viel Vertrauen kaputt gegangen. Das ist wohl auch ein Grundproblem zwischen Politik und Verwaltung in Köln.“
Welche Relevanz haben noch Kunst und Kultur, wenn keiner mehr hingeht?
Falls doch ein Kölner Wunder geschieht und es im Herbst 2024 am Offenbachplatz tatsächlich losgehen sollte, dann steht noch die Frage im Raum, ob die neuen Häuser vom Publikum überhaupt angenommen werden. Kulturveranstaltungen aller Art haben angesichts derzeitiger Krisen einen schweren Stand: Die Förderungen werden zusammengestrichen, der Kulturetat schrumpft und dann bleibt auch noch das Publikum weg. Nicht wenige Spielstätten in Deutschland klagen über grassierenden Besucherschwund. Eine Patentlösung ist nicht in Sicht. Welche Relevanz haben noch Kunst und Kultur, wenn keiner mehr hingeht, will ich von Lorenz Deutsch wissen, der zugleich der neue Vorsitzende des NRW Kulturrates ist.
„Kunst und Kultur sollen die Gesellschaft anregen, bereichern und auch herausfordern. Ob das gelingt, zeigt sich nicht zuletzt an Besucherzahlen. Sie geben zwar keine Auskunft zu Qualität und Professionalität, aber ob es eine erhebliche gesellschaftliche Resonanz gibt, zeigen solche Zahlen schon. Es ist ein Problem, wenn unsere kulturellen Einrichtungen ihr Publikum nicht erreichen“, sagt Lorenz Deutsch und fordert in Zeiten, in denen Kulturinstitutionen mit der Konkurrenz von Streaming, Internet, Games und Smartphones um Aufmerksamkeit buhlen müssen, andere Wege zu gehen. „Warum schließen in einer Millionenstadt wie Köln die städtischen Museen um 18 Uhr? Damit grenzt man doch viele Menschen aus – gerade Berufstätige.“ Es geht ihm aber nicht allein um Öffnungszeiten. Museen müssen sich weiter entwickeln. Als sogenannte Dritte Orte könnten diese großen, öffentlichen Räume viel intensiver genutzt werden. Die langen Donnerstage geben seiner Meinung nach dafür schon ein Beispiel. „Wir müssen weg von Kulturstätten, die abends dunkel und geschlossen sind. Kooperationen mit anderen Akteuren in der Stadt könnten zu einem einladenden Programm führen, das mehr Menschen interessiert.“
Nun ist es in Köln aber so, dass viele Kulturstätten seit langem im Provisorium laufen oder ganz geschlossen sind. So wie das eingangs erwähnte Opernhaus und das Schauspiel, aber auch Museen wie das Römisch-Germanische, das Stadtmuseum, der Erweiterungsbau des Wallraf-Richartz-Museum, das jüdische Museum MiQua oder der vermeintlich große Wurf um die Historische Mitte mit der Via Culturalis kommen nur schleppend bis gar nicht voran.
Lorenz Deutsch gibt sich optimistisch: „Trotz aller Widrigkeiten ist Köln eine großartige Kulturstadt. Wenige Orte verfügen über so vielfältige Szenen in allen Sparten. Da sind wir spitze. Allerdings machen wir nicht genug daraus. Wir müssten das viel offensiver bewerben und für das Image unserer Stadt nutzen: Köln als kreative, innovative, diskursfreudige Stadt!“
Und wie fällt sein Urteil über die Arbeit des verantwortlichen Kölner Kulturdezernenten aus? „Stefan Charles spricht die richtigen Themen an: die Neuaufstellung der Museen, die Orientierung an internationalen Standards, Verbesserung der Strukturen in der freien Szene, Beiträge zur Nachhaltigkeit im Kulturbetrieb als Beispiele. Welche konkreten Fortschritte wir dann tatsächlich in diesen Feldern erreichen, hängt natürlich von der Umsetzung in den nächsten Jahren ab. Wir müssen schneller und flexibler werden!“ Und genau da liegt es in der Domstadt im Argen: Reden kann Köln gut, die Stadt ist Ankündigungsweltmeister. Aber in der Umsetzung reicht es nur zur Kreisliga.