report-K präsentiert ausgewählte Beiträge aus dem Newsletter des Kölner Presseclubs, den Sie hier abonnieren können. Für die redaktionellen Inhalte ist der Kölner Presseclub verantwortlich. Der Autor dieses Beitrages, Peter Pauls, ist Vorsitzender des Kölner Presseclubs. Zuvor war er lange Jahre Chefredakteur der Tageszeitung Kölner Stadt-Anzeiger.
Stille Helden kommen sympathisch rüber. Zumindest im Film finden Sie Aufmerksamkeit und es kommt zu einem glücklichen Ende. Die Wirklichkeit ist meist anders. Da wird der Leise mit seinen Argumenten nicht gehört. Wenn er geduldig ist, Verständnis zeigt und Vertrauen hat in Institutionen, kann das sogar ein Nachteil sein. Die Jahre gehen dahin und unversehens stellt sich die Existenzfrage. Das ist die Erfahrung der Ehrenamtler des RSV Rath/Heumar, eines mehr als 100 Jahre alten Sportvereins am Rande dieser Stadt, jedoch „mitten im Dorf“, wie die Rather selbst sagen.
Aufmerksam wurde ich, weil der Verein nun an die Öffentlichkeit geht. Rund 100 Mitglieder, vom Steppke bis zum Vorsitzenden Hans-Georg Offermann (66), protestierten jüngst mit den Schlachtrufen des RSV vor dem Kölner Rathaus. Im Karnevalszug marschierten die Mitglieder demonstrativ neben einem Sarg aus Sperrholz. Wer den Verein an einem Regentag besucht, versteht das: Der Asche-Sportplatz steht dann unter Wasser. Seit Jahren ist sein Zustand desolat. Wechselt das Wetter, drohen Spielabbrüche. Obendrein ist die Pacht gekündigt. Die Zahl der Mitglieder sank in zehn Jahren von 1200 auf 550.
Dennoch ist das Gelände am Wochenende Treffpunkt für ganze Familien. Kinder lernen hier, was ein Handy nicht bieten kann: ein Team zu bilden, zu verlieren, aufzustehen und beim nächsten Mal zu gewinnen, andere zu respektieren oder sich einzuordnen, kurzum – sie lernen fürs Leben. An der frischen Luft sind sie außerdem.
Die Vereinsspitze hat über die Jahre alles richtig gemacht. Hans-Georg Offermann und Vize Gerd Gran sind sortierte und realistische Gesprächspartner. Vereinsheim und Umkleiden atmen Kostenbewusstsein. Rücklagen wurden gebildet, um bei Arbeiten Eigenanteile beisteuern zu können. Sogar ein umsetzungsfertiger Rettungsplan mit dem Pachtgeber wurde entwickelt, der mit einem Bauprojekt neue Sportanlagen finanzieren will. Bislang nicht mit Ruhm bekleckert hat sich jedoch die Kölner Politik.
Fußball ist eine Integrationsmaschine. Das weiß ich von Salvatore Saporito, der an der Spitze von Borussia Kalk steht. Sein Vater zog aus einem Dorf in Sizilien nach Köln, wo er Arbeit in der chemischen Fabrik Kalk fand. Heute ist Salva erfolgreicher Manager. Kalk hat er verlassen, doch Vorsitzender der Borussia ist er geblieben. „Wir haben 28 Nationen im Verein, 90 Prozent haben Migrationshintergrund“, berichtet er. Wenn er von seinen Jugendmannschaften spricht, wie sie sich entwickeln und Herausforderungen auch außerhalb des Spielfelds annehmen, leuchten seine Augen. Fußball spricht alle Sprachen, steht auf der Internetseite von Borussia Kalk.
Das muss stimmen. Denn der eher beschauliche Dorfclub RSV Rath-Heumar und die raue Borussia aus Kalk sind gute Nachbarn und Partner, wie auch Viktoria Köln. „Wir haben schon früher immer gerne in Kalk gespielt. Da war Feuer drin“, erzählt Hans-Georg Offermann. Aber: „Unsere Mitgliederstruktur ist anders.“ Doch auch Rath-Heumar spiegelt die aktuelle Entwicklung. „Im Karnevalszug sind Türken, Inder, Griechen, Italiener und Ukrainer mitgegangen.“
Anfang des Jahres schrieb gar der Fußball-Verband Mittelrhein wegen des TSV Rath-Heumar an die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Von einer „verheerenden Signalwirkung für das Ehrenamt, auch weit über die Stadtgrenzen von Köln hinweg“, ist in dem Schreiben zu lesen, vom Wert des Engagements, das in Köln auf €925 Mio. beziffert wird. Aber eigentlich weiß man das.
In seinem Plädoyer verweist Dr. Christos Katzidis, Präsident des Fußballverbands, auf die praktische Sozialarbeit von Vereinen, auf die Vermittlung von Werten. „Wenn das verloren geht, bröckelt der Zusammenhalt in der Gesellschaft.“ Dann wird es richtig teuer für die Stadt. Hoffen wir, dass diese Geschichte ein Happy End findet. Denn nun hatte der RSV Rath/Heumar einen Termin im Rathaus, der ein wenig Zuversicht gab. Schade, dass die Leisen erst laut werden müssen. Aber dieses Spiel dürfen sie nicht verlieren.