München | In München sind am Montag die Presseplätze für den Anfang Mai beginnenden NSU-Prozess von einem Notar ausgelost worden. Unter großem Medieninteresse wurden am Nachmittag die Resultate bekanntgegeben. Insgesamt hatten sich 927 Medienvertreter beworben, wovon 30 aus formalen Gründen abgelehnt werden mussten.

Weil für jedes Medium laut Gerichtsverfügung nur ein Los in die Lostrommel kommen sollte, nahmen letztlich 324 Medien an der Verlosung teil. Für auf Persisch publizierende Medien war ein gesetzter Platz vorgesehen, allerdings hatte sich kein Bewerber gefunden. Bei der Pressekonferenz sorgten mehrere Auslosungsergebnisse für Heiterkeit, so beispielsweise als die Gerichtssprecherin das Losglück für die Zeitschrift „Brigitte“ bekanntgab, oder in der Kategorie „öffentlich-rechtlicher Rundfunk“ die Medienanbieter „ARD und WDR“ als Gewinner benannte.

Die Angriffe und Vorwürfe, denen sich das Gericht schon im Vorfeld ausgesetzt sah, seien „in der deutschen Geschichte ohne Beispiel“, sagte der Präsident des Oberlandesgerichts München, Karl Huber.

Kritik und Klageprüfungen nach NSU-Presseverlosung

Die am Montag durchgeführte Verlosung der Presseplätze für den NSU-Prozess ist vor allem bei Journalisten auf Kritik gestoßen – einige überregionale Tageszeitungen erwägen sogar eine Klage gegen die Platzvergabe. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) reagierte mit „Unverständnis“ auf das Ergebnis des Akkreditierungsverfahrens und kritisierte besonders, dass mehrere überregionale Tageszeitungen – unter anderem „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ), „Tageszeitung“ (taz), „Tagesspiegel“, „Berliner Zeitung“ oder „Die Zeit“ – keinen Platz im Gerichtssaal erhalten hatten. Die „Süddeutsche Zeitung“ ist lediglich mit ihrem Magazin vertreten.

Für den DJV-Bundesvorsitzenden Michael Konken ist es „nicht nachvollziehbar“, dass es für die überregional wichtigsten Medien kaum möglich sei, zu berichten. Die Vergabe der Presseplätze stehe „in krassem Widerspruch zur immensen bundesweiten und internationalen Bedeutung des Prozesses.“ Die Tageszeitungen „Die Welt“, „taz“ und FAZ erwägen derweil eine juristische Klärung zur Verlosung der Presseplätze im Münchner NSU-Prozess.

Auch auf Seiten der freien Journalisten regt sich Widerstand: Der Berliner freie Journalist Martin Lejeune hat unmittelbar nach der Auslosung der Presseplätze beim Münchener NSU-Prozess beim Bundesverfassungsgericht eine Klage eingereicht sowie einen Antrag auf Einstweilige Anordnung gestellt. Als Begründung führte er an, dass er – nachdem er bei der ersten Vergabe einen Platz erhalten hatte – für die Berichterstattung bereits Verträge mit mehreren Regionalzeitungen abgeschlossen hatte und ihm nun ein großer Einnahmeausfall bevorstehe. Einige lokale Tageszeitungen freuten sich derweil: Ihre Leser erhielten die Informationen aus dem Gerichtssaal „aus erster Hand“, schrieben zum Beispiel die „Stuttgarter Nachrichten“.

Auch die zuvor nicht zugelassenen türkischen Medien „Sabah“ und „Hürriyet“ erhielten im Losverfahren nun die Zusage. An der Presseverlosung nahmen am Montag 324 Medien teil, 50 Plätze wurden ausgelost. Neben den ausbleibenden Plätzen für die großen Tageszeitungen sorgten noch weitere Ziehungsergebnisse für Verwunderung: So bekam etwa die Zeitschrift „Brigitte“ einen Platz zugelost und in der Kategorie „öffentlich-rechtlicher Rundfunk“ wurden beispielsweise die Medienanbieter „ARD und WDR“ gezogen.

Autor: dts