Das Foto zeigt den Angeklagten mit seinem Anwalt am 20.11.2019

Köln | Vor dem Amtsgericht Köln hat heute der Prozess gegen einen 23-jährigen Mann begonnen, dem vorgeworfen wird am Rande des Europawahlkampfauftakts der Alternative für Deutschland (AfD) in Köln-Kalk Menschen angefahren zu haben und anschließend Unfallflucht begangen zu haben.

Der 23-jährige Jurastudent ist Beisitzer im Vorstand eines Kreisverbandes der AfD, und dem Kreisverband Köln der Jungen Alternative aktiv. Zudem beziehe er ein Gehalt aus einer Tätigkeit in einer Kommission für die AfD Landtagsfraktion NRW. In seinem Vortrag gab er an, aus Notwehr gehandelt zu haben. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Körperverletzung, gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr und Unfallflucht vor.

Das ist passiert: Der Jurastudent erreichte mit einem Mitstreiter in einem Mietwagen Köln früh am Tag der Veranstaltung etwa gegen 14-14:30 Uhr, so seine Einlassung. Die Veranstaltung begann allerdings erst gegen 18 Uhr. Es handelte sich um einen sogenannten Bürgerdialog der AfD Köln. Gegenüber dem Gericht sagte der Angeklagte, dass er dort lediglich als Zuhörer gewesen sei. Seine zahlreichen Aktivitäten für den Kreisverband Köln der Jungen Alternative wie deren Facebookseite zeigt oder seine aktive Mitarbeit in einem Vorstand eines Kreisverbandes der AfD, lässt allerdings an der als passiv geschilderten Zuhörerschaft Zweifel aufkommen. Gegen 21 Uhr sei er mit einem Mitstreiter zu seinem in der Breuerstraße abgestellten Wagen gelaufen. Er nutzte dazu allerdings nicht die Kalker Hauptstraße sondern ging über die Kapitelstraße zurück. Als er sich verfolgt fühlte, ließ er sich von Polizisten eskortieren. Die brachten ihn zu seinem Mietwagen. Gegendemonstranten wurden durch eine Straßensperre der Polizei abgehalten den beiden Männern zu folgen. Man habe gewartet, so der Angeklagte bevor man losgefahren sei.

An der Kalker Hauptstraße musste der Mann an der roten Ampel halten. Dort, so schildert er, traf er erneut auf Gegendemonstranten. Seine Schilderung von dem was dann passierte weicht allerdings von der Schilderung der Zeugen ab. Er teilte mit, sich in dem geschlossenen Fahrzeug bedroht gefühlt zu haben und Gegendemonstranten seien um sein Fahrzeug herum gewesen. Die Zeugen sagen, sie haben die Breuerstraße passiert, bei Grünlicht für die Fußgänger. Als dieses auf Rotlicht umsprang und der Angeklagte Grün hatte fuhr er los, obwohl sich Personen, darunter ein Rollstuhlfahrer in der Fußgängerfuhrt befanden. Dabei berührte er einen Mann und wollten diesen mit seinem Fahrzeug zur Seite schieben. Als ihm dies nicht gelang setzte er zurück. Dann beschleunigte er seinen Wagen und versuchte die Gruppe auf der Gegenfahrbahn zu umfahren. Den ihm im Weg stehenden Mann, der Nebenkläger, lud er auf die Motorhaube des Mietwagens auf und erst als er um die Kurve bog konnte sich der Mann durch abrollen retten. Er blieb verletzt auf der Kalker Hauptstraße liegen. Der Angeklagte beschleunigte seinen Wagen, entfernte sich und fuhr nach Hause. Die Polizei informierte er nicht. Vor Gericht warf sein Anwalt ein, sein Mandant habe aus Notwehr gehandelt. War sein Handeln ohne Alternative? Immerhin konnte er den Wagen zurücksetzen. Warum ist er nicht einfach ein weiteres Stück zurückgefahren und hat die Polizei informiert? Immerhin wurde er nur wenige Minuten vorher von Beamten eskortiert. Muss man, wenn man auf Notwehr plädiert sich nicht in einer echten Bedrohungslage befinden?

Diese und viele Fragen, die der Prozess noch klären muss. Am 4. Dezember geht der Prozess am Amtsgericht Köln weiter.

Autor: Andi Goral