Köln | Am 19. Februar, versammelten sich vor dem Amtsgericht Köln jung und alt, männlich und weiblich, um ein Zeichen gegen sexualisierte Gewalt im Karneval zu setzen. Das Datum wurde bewusst gewählt: Morgen beginnt in Köln der Straßenkarneval. Organisiert wurde die Protestkundgebung von der „Kölner Initiative gegen sexualisierte Gewalt im öffentlichen Raum“.

„Auch Karneval kein Freiwild“

Anlass zu der Protestkundgebung war die Entscheidung einer Kölner Richterin das Verfahren gegen einen mutmaßlichen Grapscher einzustellen. Der Mann wurde beschuldigt einer Frau am 11.11.2018 auf einer Rolltreppe unter den Rock gefasst zu haben.
Die Veranstalterinnen und Veranstalter der Kundgebung sagten zu Beginn, dass sie nicht die Verfahrenseinstellung an sich kritisieren wollen. Die Kritik richtet sich an die Begründung der Richterin zur Verfahrenseinstellung. Nach Aussagen der Veranstalter und Veranstalterinnen wurde der Prozess nicht nur aus prozessökonomischen Gründen eingestellt. Die mutmaßliche Tat sei zu geringfügig gewesen, begründete die Kölner Richterin ihre Entscheidung. Zusätzlich habe sie die Verfahrenseinstellung mit dem Datum begründet: der 11.11. – Beginn der Karnevalssession. Die Initiative kritisiert, dass die Begründung der Richterin eine solche Tat zum Kavaliersdelikt macht und die Karnevalszeit zum rechtsfreien Raum.

Protestschild einer Teilnehmerin 

Steigendes Problembewusstsein in der Bevölkerung

Frauke Mahr von der „Initiative gegen sexualisierte Gewalt im öffentlichen Raum“ betont zu Beginn der Kundgebung, die positive Entwicklung in der Gesellschaft bezüglich sexualisierter Gewalt. Das Problembewusstsein in der Bevölkerung steige. Sexuelle Übergriffe würden zunehmend nicht mehr als Kavaliersdelikte wahrgenommen und die Opfer ernst genommen werden. Trotzdem kritisiert sie die Begründung der Richterin und das Zeichen, das damit an den Karneval geschickt wird. Irmgard Kopetzky von der Traumaberatung „Notruf und Beratung für vergewaltigte Frauen“, bekräftigt dies. Der moralische Umgang mit den Opfern ist der Grund für die Protestkundgebung. Aus ihrer eigenen Arbeit erzählt sie, dass sich Frauen bei Gericht oft hilflos und ohnmächtig fühlen. Im Falle eines Prozesses sei die moralische Verurteilung, unabhängig vom Strafmaß, viel zu schwach.

Die Veranstalterinnen und Veranstalter sagen „So nicht!“: Karneval darf kein Freiraum für sexuelle Übergriffe sein und die Privatsphäre von Frauen muss geschützt werden.

Die „Kölner Initiative gegen sexualisierte Gewalt im öffentlichen Raum“ steht an Weiberfastnacht mit dem „Edelgard mobil“ an der Herz-Jesu Kirche an der Zülpicher Straße. Dort finden Personen, die Opfer von sexualisierter Gewalt geworden sind, Schutz und Hilfe.

Autor: Greta Spieker
Foto: Die Kölner Initiative gegen sexualisierte Gewalt im öffentlichen Raum vor dem Kölner Amtsgericht.