Das Kölnische Stadtmuseum stattete die Museumswohnung mit Alltagsgegenständen aus der Zeit der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts aus.

Einweihung bei strömendem Regen
Vor dem Paul-Schwellenbach-Haus in der Weimarer Straße 15, wo auch das Seniorennetzwerk seinen Sitz hat, stehen rote Pavillons der GAG, die zumindest ein wenig den Regen abhalten der unablässig auf die kleine Festgemeinde herabprasselt. Bürgermeisterin Elfi-Scho-Antwerpes, die sich zu den Stammgästen in der Germania-Siedlung zählt, der GAG Aufsichtsratsvorsitzende und Vorsitzende der Kölner SPD Jochen Ott, der Direktor des Kölnischen Stadtmuseums Kramp, der FDP Fraktionsvorsitzende im Kölner Rat Ralph Sterck, Gisela Manderla, MdR für die CDU und viele andere. Elfi Scho-Antwerpes verdeutlicht, dass die Germania Siedlung für die „einfachen Leute“, Arbeiter und Angestellte ist und war, auch wenn heute schon der ein oder andere Besserverdienende den Charme dieses in Europa einzigartigen Architekturensembles entdeckt hat.

Ein architektonisches Schatzkästchen
38 Architekten hatten zu Beginn des 20. Jahrhunderts hier alle architektonischen Stilmittel moderner Architektur versammelt und ausprobiert. So findet man das Einfamilienhaus mit Garten, genauso wie Wohnhäuser, die ihre großbürgerlichen Verwandten zum Vorbild hatten. Aber es handelt sich immer um sozialen Wohnungsbau. Die Menschen, die hier zu Zeiten der „Museumswohnung“ lebten,  arbeiteten etwa in der Chemischen Fabrik Kalk, wo heute ein Einkaufszentrum Platz gefunden hat, in den Humboldt- Werken oder der Deutz-Motoren-Fabrik.


Die Details der Ausstattungsstücke faszinieren heute, denn wer sammelt heute denn noch "Brösel"?

Die Arbeiter Mittelstandswohnung der 20er Jahre
Die Museumswohnung war im mittleren Wohnsegment angesiedelt, hat rund 85 qm. Die Böden frisch ochsenblutfarben gestrichen, wie es damals Standard war. Viele Menschen kennen dies heute nur, wenn sie in einem Altbau einmal einen Dielenböden renoviert haben. Das Bad war mit einem Wasserkessel, der von unten mit Holz und Kohlen anzuheizen war und einer Badewanne ausgestattet. Sehr luxuriös, die Toilette war getrennt. Die Küche hatte sogar einen kleinen Vorratsraum und war sehr großzügig bemessen. War sie der Ort wo man sich aufhielt, oder die Oma sogar ihre Bettstatt hatte. Im Bad und der Toilette fanden sich Terrazzoböden. Das Kölnischen Stadtmuseum stattete die Küche und das Schlafzimmer mit Originalmöbeln und Gegenständen, wie Bügeleisen, Messbecher aus Metall und natürlich einem Nachttopf aus. Die Schalter und Steckdosen sind aus Bakelit und originalgetreue Nachbauten. Das Besondere an der Museumswohnung ist aber, dass sie sich eben nicht in einem Museum befindet, sondern mitten im Leben der Germania-Siedlung. Denn durch die aufwendige Sanierung bildet sich so beim Besucher ein lebendiger Gesamteindruck und nicht wie im Museum ein Ausschnitt, auch wenn heute Autos und moderne Spielgeräte auf dem Spielplatz in der Jetztzeit verhaftet sind.


Sogar einen Nachttopf hat man aufgestellt. Die Heizkörper gab es natürlich noch nicht in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts

Mieterengagement aufgegriffen
Das die Siedlung wieder so schön geworden ist, hat sie aber auch engagierten Bewohnern zu verdanken und nicht alleine nur der Politik oder der Unternehmensführung der GAG. Die Mieter hatten sich zu einer Initiative zusammengefunden und einen Mieterrat gegründet und sind an die GAG herangetreten. Mit Günter Ott fanden Sie einen Vorstand vor, der so die Mieter „super gesprächsbereit“ war und ihre Wünsche und Sorgen aufgenommen hat. Orte wie die Germaniasiedlung und Unternehmen wie die GAG, die sie erhalten, sagt Elfi-Scho Antwerpes heute, sind wertvoll für das soziale Leben in der Stadt und Garant für ein soziales Köln. Louise Peters, hat die Siedlung über Jahrzehnte in allen Höhen und Tiefen erlebt. Etwa nach dem Krieg, nachdem der Familie nur ein kleines Zimmer, das Bad, die Toilette und die Küche geblieben waren. Dort schliefen damals vier Personen, der ganze hintere Teil der Wohnung war ja weg, erzählt die rüstige Rentnerin aus den schlimmen Jahren. „Ich könnte mir nicht vorstellen, woanders zu wohnen, da hätte ich sofort Heimweh“, so Louise Peters, die die Gemeinschaft und den Zusammenhalt in der Germaniasiedlung so schätzt. Auch wenn die Mischung in der Siedlung sich verändert hat und Louise Peters mahnt, dass alle zusammen helfen müssen, dass die so schön sanierte Siedlung so bleibt wie es jetzt ist. Und da ärgert es sie einfach, wenn die anderen nicht putzen oder einfach mit Unrat die Straße verschandeln.


Wer baden wollte, musste vorher einheizen

30.000 Besucher am Tag des offenen Denkmals in Köln
Der Tag des offenen Denkmals ist eine bundesweite Initiative an der sich in diesem Jahr über 7.500 Orte beteiligt hatten. In Köln alleine waren es 131 Orte. Bis 17 Uhr hatte die Stadt Köln rund 30.000 Besucher gezählt, darunter auch etliche in der Museumswohnung. Wer die Museumswohnung besuchen will muss sich im Vorfeld anmelden.

Termine zum Besuch der Wohnung kann man vereinbaren mit:
Werner Heinen
GAG Immobilien AG
0221-2011-265
Werner.heinen[at]gag-koeln.de
Oder
Rita Wagner
Kölnisches Stadtmuseum
0221-221-22363
Rita.wagner[at]stadt-koeln.de
Oder
Christof Wild
Paul Schwellbach Haus
0221-872110
bz-hoehenberg[at]t-online.de


Elektrisches Bügeleisen, Kaffeemühle und Milchkanne…


Die  Germaniasiedlung
1917 erwarb die GAG das 177.000qm große Areal auf der ehemaligen Steinkohlenzeche „Germania“, von der auch der Name stammt.

Die GAG wurde 1913 mit dem Ziel „preiswerte und billige Wohnungen zu bauen“ gegründet. Als Aktiengesellschaft konnte sie Kapital von Fabrikbesitzern und wohlhabenden Kölnern einsammeln. Die Stadt hielt von Anfang eine 50 prozentige Beteiligung um sich die Kontrolle zu sichern.

Städtebaulich geplant wurde die Siedlung von Fritz Hans Kreis, dem damaligen technischen Direktor der GAG. Die Grundfläche baut auf einem Fünfeck auf, dass durch die Eisenbahnlinie und die angrenzenden Straßen begrenzt wurde. Die Weimarer Straße, in der heute die Museumswohnung liegt bildet mit ihrer geschwungenen Form das Rückgrat der Siedlung. Einfamilienhäuser, zweieinhalbgeschossige Häuser und größere Blocks finden sich in der Siedlung und in deren Zentrum am Weimarer Platz eine Schule mit Bühne. In Richtung Süden werden die Häuser immer städtischer und dort wo heute das Höhenbergbad ist, erinnern die Häuser mit ihren Zinnen an den Gürzenich oder das Stapelhaus.

Stilistisch zeigen sich hier alle Stilrichtungen des beginnenden 20. Jahrhunderts. Markant sind die expressionistisch ausgestalteten Häuser mit ihren zackigen Erkern. Viele der Häuser haben einen Backsteinsockel, während die Fassaden darüber mit „Trierer Kalk“ verputzt und in den Farben rot, grün und gelb gestaltet ist. Die Siedlung wird aber auch durch große Grünflächen bestimmt. Dort wurde einst Gemüse angebaut oder Kleintiere gehalten. Wichtig waren die großen Flächen aber auch, um die Wäsche zu bleichen. Anders als heute wurden sie nicht als Freiflächen für Kinder genutzt.

Die Siedlung zeichnete sich aber auch durch ihre Gemeinschaftseinrichtungen aus. Neben der Schule mit Bühne, waren dies vor allem die Wasch-, Trocken- und Bleichräume für Wäsche. Die musste nicht mehr in der Wohnung gemacht werden, was zu einer Reduzierung der Feuchtigkeit in den Wohnungen beitrug. Aber auch die Versorgung durch die Konsumgenossenschaften wie „Eintracht“ und „Hoffnung“. Die Bewohnerschaft in den 20er Jahren gehörte fast ausschließlich dem katholischen Glauben an.

In den letzten Jahren wurde die Germaniasiedlung aufwendig saniert, unter anderem wurde viel Wert auf die energetische Sanierung gelegt. Die Arbeiten wurden eng mit dem Stadtkonservator abgestimmt.

Quelle Historischer Teil: GAG


[ag]