Berlin | Bundesjustizminister Marco Buschmann will Menschen, die dauerhaft Verantwortung füreinander übernehmen, aber nicht heiraten wollen, vom kommenden Jahr an rechtlich absichern.

Im Alltag unterstützen

Im Rahmen einer so genannten Verantwortungsgemeinschaft sollen sich Alleinstehende gegenseitig im Alltag besser unterstützen können. „Wir haben immer mehr Alleinerziehende, wir haben immer mehr alleinstehende Ältere: Ich glaube, es gibt einen Bedarf für die Verantwortungsgemeinschaft“, sagte der FDP-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Sonntagausgaben). Die Eckpunkte für das Gesetz liegen jetzt vor, „im nächsten Jahr könnte das Gesetz in Kraft treten“, so Buschmann.

Konkret richtet sich das neue familienrechtliche Modell an Gemeinschaften von zwei bis sechs Personen, die zum Beispiel gemeinsam wohnen und sich auch im Notfall helfen wollen. „Mit der notariell beurkundeten Verantwortungsgemeinschaft können sie eine rechtsichere Grundlage schaffen“, so Buschmann. „Das macht vieles einfacher – zum Beispiel beim Auskunftsrecht gegenüber Ärzten oder bei anderen Vertretungsfragen.“

Als konkretes Beispiel nannte Buschmann zwei alleinstehende ältere Damen, die zusammen in einer Wohngemeinschaft leben. „Sie sind kein Paar, sie wollen nicht heiraten.“ Wer die Verantwortungsgemeinschaft eingehe, gebe einem sozialen Verhältnis eine Struktur und einen positiven Namen, so Buschmann. „Ich denke, das ist attraktiv – gerade für Menschen, die sich mit heiklen Fragen wie der Vertretung im Fall von Krankheit oder Pflegebedürftigkeit eigentlich lieber nicht beschäftigen.“

Keine „Ehe light“

Die Verantwortungsgemeinschaft sei jedoch keine „Ehe light“, erklärte der Minister. Sie werde keine Auswirkungen auf das Eltern-Kind-Verhältnis haben, es werde auch keine Steuererleichterungen geben, auch keine erbrechtlichen Folgen oder Unterhaltspflichten. Wer wolle, könne allerdings den Vermögensausgleich nach Beendigung einer Verantwortungsgemeinschaft regeln.

Die jetzt vorliegenden Eckpunkte sehen für die Verantwortungsgemeinschaft unterschiedliche vertragliche Bausteine vor, die zu individuellen Modellen zusammengestellt werden können. In jedem Fall muss die Verantwortungsgemeinschaft notariell beurkundet werden.

Union befürchtet rechtliche Anerkennung von Vielehen 

Die Unionsfraktion warnt angesichts der geplanten Einführung der „Verantwortungsgemeinschaft“ vor der Anerkennung von Vielehen. „Niemand wird kontrollieren können, welcher Art die Verbindung zwischen den Menschen in einer solchen Verantwortungsgemeinschaft ist“, sagte der rechtspolitische Sprecher Günter Krings (CDU) dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“.

„Was, wenn der Staat am Ende auch Verbindungen anerkennt, die unsere Rechtsordnung bisher mit Recht strikt ablehnt? Das könnte zum Beispiel die Vielehe sein.“ Es sei Vorsicht geboten, wenn die Verantwortungsgemeinschaft als ein öffentliches Gütesiegel für eine besonders enge Beziehung verstanden werde, kritisierte Krings.

Der CDU-Politiker hält das neue Modell darüber hinaus für überflüssig: „Wenn Alleinstehende füreinander im Alltag Verantwortung nehmen wollen, braucht es dafür schlichtweg auch kein neues, kompliziertes Rechtsinstitut“, sagte Krings. „Auch nach den Plänen des Justizministers sollen sie diese Gemeinschaft ja vor dem Notar schließen müssen. Unsere Notare halten dazu aber schon seit Jahrzehnten erprobte Vertragstexte bereit.“ Wer die Vertragsfreiheit ernst nehme, müsse nicht ständig „neue und überflüssige Gesetze“ machen.