Köln | Die Kölner Polizei muss nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts Köln bei ihrer Videobeobachtung dafür Sorge tragen, dass Kennzeichen fahrender Fahrzeuge, Fenstereinsichten in Häuser und Haus- und Geschäftseingänge nicht beobachtet werden. Dagegen legt die Polizei Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht Münster ein.

Zudem will die Polizei Köln erreichen, dass bis zur Prüfung ihrer Beschwerde und Entscheidung durch das Oberverwaltungsgericht Münster der Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln nicht vollzogen werden muss. Die Polizei Köln stellt fest, dass auf den Monitoren große Flächen schwarz blieben, wenn sie den Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln umsetzen müsse. Das ist eine insofern interessante Aussage, als die Öffentlichkeit nicht kennt, was die Polizei hier überhaupt in den Blick nimmt. Zudem stellt sich die Frage, warum die Polizeibeamten im Polizeipräsidium Köln in private Fenster von Wohnungen und Büros Einblick nehmen? Oder kontrollieren, wer wen besucht, einen Arzt oder Rechtsanwalt aufsucht. Wenn jetzt also „große Teile schwarz blieben“, wie es der leitende Polizeidirektor Martin Lotz beschreibt, dann ist davon auszugehen, dass die Polizei weite Teile der Privatsphäre von Bürger*innen am Ebertplatz dauerhaft beobachtet. In diesem Zusammenhang wäre dann zu prüfen, ob die Kölner Polizei den höchstpersönlichen Lebensbereich von Anwohner*innen durch Bildaufnahmen verletzt. Dieses ist in Deutschland nach § 201a Strafgesetzbuch verboten. Denn in Absatz 1 heißt es: „Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer von einer anderen Person, die sich in einer Wohnung oder einem gegen Einblick besonders geschützten Raum befindet, unbefugt eine Bildaufnahme herstellt oder überträgt und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt.“

Das sagt die Initiative „kameras-stoppen.org“

Die Initiative kameras-stoppen.org sieht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Köln einen Erfolg des Klägers, vor allem dadurch, dass die Polizei bestimmte Bereiche nicht mehr mit ihrer Videobeobachtung einsehen darf. In einem Statement heißt es: „Demnach ist die Polizei verpflichtet, Eingänge und Fenster zu Privat- und Geschäftsräumen unkenntlich zu machen bzw. zu verpixeln. Die Polizei hatte argumentiert, dass Anwohner*innen zum Beispiel mit Rollos oder
Vorhängen selbst dafür sorgen müssten, dass die Polizei mit ihren Kameras nicht 24 Stunden täglich in ihre Wohnung schauen kann. Auch konnte die Polizei nicht damit durchdringen, Autokennzeichen angeblich nicht unkenntlich machen zu können. Wie die Klägerseite nachweisen konnte, bietet der Hersteller der in Köln verwendeten Video-Hardware und -Software (Fa. Dallmeier) Systeme an, die alle diese Funktion der Verpixelung erfüllen. Die Polizei ist verpflichtet, sich in diesem Sinne auf den neuesten Stand der Technik zu bringen.“

Die Initiative fragt wie die Polizei die gerichtlichen Vorgaben zur Verpixelung sensibler Bereiche am Neumarkt und am Ebertplatz umsetzt. Zudem sieht die Initiative vor dem Hintergrund der Behauptung der Polizei, sie könne die Bereiche nicht verpixeln, nur dann ein konsequentes Vorgehen, wenn die Videobeobachtung ausgeschaltet werde, um die gerichtlichen Vorgaben zu erfüllen. Die Anwält*innen des Klägers haken mit einem Schreiben vom Montag, 3. August, erneut nach und fordern die Kölner Polizei auf, sich kurzfristig und abschließend zu diesem Sachverhalt zu erklären. Sollte die Videoüberwachung wie bisher mit der Erfassung und Speicherung privater (Wohn-)Bereiche und Autokennzeichen fortgeführt werden, wird der Kläger sich vorbehalten, bei Gericht Zwangsmaßnahmen gegen die
Polizei zu beantragen.

Die Initiative sieht das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung von täglich vielen tausend anlasslos betroffenen Menschen durch ein Mittel der
Kriminalitätsbekämpfung eingeschränkt. Dabei sei die Effektivität der Videobeobachtung bis heute nicht nachgewiesen. Die Initiative fordert eine Bekämpfung der Ursachen, wie etwa eine Begleitung der Drogenszene am Ebertplatz durch Sozialarbeiter*innen und Aufzeigen an Perspektiven für die Betroffenen, die sich mit Delikten der Straßenkriminalität über Wasser halten.

Autor: red
Foto: Videobeobachtung am Ebertplatz