Köln | Egal ob antisemitische Aufkleber oder mit Parolen beschmierte Hauswände – „Die Agitation gegen Israel ist im Alltag leider auch heutzutage oft sichtbar.,“ so der Direktor des NS- Dokumentationszentrums, Dr. Werner Jung bei der Vorstellung der dritten Auflage der Broschüre „Antisemitismus als Problem in der schulischen und außerschulischen Bildungsarbeit“ am heutigen Dienstag, den 28. Januar.

Bis in die Mitte der Gesellschaft zeige sich bei 20 Prozent der Bevölkerung in Deutschland latenter Antisemitismus, so der 2012 erschienene Antisemitismusbericht, der von der Bundesregierung in Auftrag gegeben wurde.  Deshalb betonte Jung die Wichtigkeit der Broschüre, die in der Reihe „Materialien und Beiträge der Info- und Bildungsstelle gegen Rechtsextremismus im NS- Dokumentationszentrum der Stadt Köln“ erschienen ist.  „Die Broschüre wird gut angenommen. Sie hat sich in der pädagogischen Arbeit bewährt.“, so Jung.

Herausgeber: Bedarf an differenzierter Auseinandersetzung

Marcus Meier, Geschäftsführer der Kölnischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit und Herausgeber der Broschüre beschrieb ein anderes Gesicht des Antisemitismus als noch zu Zeiten des Nationalsozialismus. Auch wenn sich heute viele Leute als aufgeklärt und eher „anti- antisemitisch“ bezeichneten, so würden Stereotypen häufig unreflektiert geäußert. Es bestehe also Bedarf an differenzierter Auseinandersetzung mit dem Thema. Die Bildungslandschaft zum Thema Aufklärung im Antisemitismus bezeichnete Meier als „Flickenteppich“. Deshalb betonte auch Leiter der ibs und Herausgeber der Reihe Hans-Peter Killguss immer wieder die Wichtigkeit der Materialien, die mit der Broschüre zur Verfügung gestellt würden.

Der Fokus, so waren sich Meier und Killguss einig, liege vorrangig auf den Multiplikatoren. Die Artikel seien weniger für Jugendliche direkt. Mit den Artikeln, die als Anregung zur Reflexion dienen sollen, aber vor allem auch mit den verschiedenen Methoden, die in der Broschüre vorgestellt werden, soll den Mediatorinnen und Mediatoren etwas an die Hand gegeben werden. Neben Schulen und Universitäten beziehen verstärkt Einrichtungen in der Erwachsenenbildung die Materialien. Die Auflage beträgt, wie bei den beiden vorherigen Ausgaben, 1.000 Stück.

Broschüre übersichtlicher gestaltet

„Wir haben etwas Kritik an der grafischen Ausarbeitung bekommen, deshalb haben wir an dieser Stelle verbessert und versucht, die Broschüre übersichtlicher zu gestalten,“ so Killguss. Auch seien in der neuen Auflage einige neue Themen bearbeitet, so etwa ein neueres Problem. Häufiger werde besonders Kindern und jugendlichen mit Migrationshintergrund verstärkter Hang und Gefahr des Antisemitismus unterstellt. „Es ist falsch, Migrationskids als geschlossene Gruppe mit besonderer Anfälligkeit für Antisemitismus zu sehen,“ betonte Meier. Ein Artikel von Barbara Schäuble, der in der Broschüre veröffentlicht ist, beschäftigt sich gezielt mit diesem Thema.

Auch wenn viel Bildmaterial die Stadt Köln zeigt,so ist die Broschüre Bundesweit einsetzbar. Besonders positive Rückmeldung habe man auf die vorgestellten Theaterpädagogischen Methoden und Rollenspiele angenommen worden. In Zukunft auch Materialien für Jugendliche zu entwickelt, ist zum heutigen Zeitpunkt noch nicht geplant. „Es ist aber eine Überlegung wert,“ meinte Killguss. Diese würden dann aber eher in digitaler Form zur Verfügung gestellt.

Meier machte deutlich, dass die Broschüre bundesweit allein aber nicht reiche. „Was wir brauchen ist ein Gesamtkonzept von der Bundesregierung. Es müssen nicht nur bereits interessierte Leute erreicht werden, sondern auch Menschen, die noch kein Interesse an dem Thema haben.“

Autor: Carlotta Eisele
Foto: Die neue Broschüre des NS-DOK