Duisburg | aktualisiert 15:50 Uhr | Wenn sie sich an den Tag vor zwei Jahren erinnert, steigen Christel Loss noch immer Tränen in die Augen. Nur 300 Meter wohnt die Duisburgerin vom ehemaligen Güterbahnhof ihrer Stadt entfernt – nur 300 Meter von dem Ort, an dem es am 24. Juli 2010 zu dem tödlichen Gedränge bei der Loveparade kam. Um an die Katastrophe und ihre Opfer zu erinnern, ist Loss wie etwa 100 andere Duisburger und Betroffene am Montagabend noch einmal an den Ort des Unglücks gekommen, um 1.000 Lichter zu entzünden. Heute finden dann verschiedene öffentliche Gedenkfeiern statt.

Es ist der emotionale Höhepunkt der viertägigen Mahnwache, die die Bürgerinitiative „Gegen das Vergessen LoPa 2010“ organisiert hat. Unter die Trauernden hat sich auch der neue Oberbürgermeister Sören Link (SPD) gemischt. Seinen Amtsvorgänger Adolf Sauerland (CDU) hatten die Duisburger per Bürgerentscheid aus dem Amt gejagt. Für viele war er für die Katastrophe, bei der 21 Menschen ums Leben kamen, mitverantwortlich.

„Immer noch keine Worte für die Katastrophe“

Vor dem Kondolenzbuch hat sich schon am frühen Abend eine kleine Schlange gebildet. Einige der Wartenden kämpfen mit den Tränen. „Auch nach zwei Jahren findet man immer noch keine Worte für die Katastrophe“, hat jemand in das Buch geschrieben und spricht damit wohl vielen, die an diesem Abend zum damaligen Veranstaltungsgelände gekommen sind, aus dem Herzen. Jeder der etwa 100 Trauernden hat seine eigene Geschichte, die er für immer mit den tragischen Ereignissen dieses Juli-Tags vor zwei Jahren verbindet. So wie Monika Radtke. „Es ist heute noch gruselig, wenn ich hier vorbeikomme“, sagt sie. Vor zwei Jahren hatte sich auch ihre Tochter auf den Weg zur Loveparade gemacht. „Sie steckte im Tunnel, kam aber noch raus“, berichtet die Duisburgerin. Bis sie als Mutter dies endlich erfuhr vergingen jedoch Stunden.

Auch Detlev Keye ist unter den Trauernden. Ihn hat es noch weitaus härter getroffen. Mittendrin steckte er an jenem folgenschweren Tag, nur wenige Meter von der Treppe entfernt, an der die meisten Opfer starben. „Diese Tage rund um den Jahrestag sind besonders hart“, sagt er. In der Nacht habe er nur im 30-Minuten-Takt geschlafen. Um die gesamte Rampe, auf der es damals zu dem tödlichen Gedränge kam, haben sie Kerzen aufgestellt. Einige Kerzen formen ein großes Herz, andere die Zahl 21. Auch die Treppe unterhalb des alten Stellwerks, über die einige noch vergeblich versuchten, sich zu retten, ist mit Lichtern bedeckt. „Gegen das Vergessen“ hat jemand groß an eine der tristen grau-braunen Wände der Rampe geschrieben. Und genau deshalb sind sie an diesem Abend hier – wenn sie schon nichts anderes mehr für die Opfer tun können.

15:50 Uhr > Gottesdienst erinnert an Loveparade-Unglück

Angehörige der Opfer der Loveparade-Katastrophe haben mit Überlebenden und Einsatzkräften in einem Gottesdienst an das Unglück mit 21 Toten heute vor zwei Jahren erinnert. Mehr als 100 Menschen versammelten sich dazu am Dienstag in der Duisburger Salvatorkirche. Der Landespfarrer für Notfallseelsorge der Evangelischen Kirche im Rheinland, Uwe Rieske, sagte während der Messe: „In vielen Familien ist der Verlust, den dieser Tag in ihre Mitte gerissen hat, jeden Tag spürbar.“ Er betonte, dass gemeinsame Treffen der Angehörigen und Überlebenden habe allen Kraft gegeben.

Infobox

Gedenken am zweiten Jahrestag
Bis 15.45 Uhr können heute alle Interessierten den Unglücksort besuchen, danach ist er Hinterbliebenen und damals Verletzten vorbehalten.

Um 18.00 Uhr ist ein Mahnmarsch von der Unglücksstelle am Karl-Lehr-Tunnel zum Stadttheater geplant. Er soll sich in groben Zügen am Weg der Loveparadebesucher vom Duisburger Hauptbahnhof zum Veranstaltungsgelände am alten Güterbahnhof orientieren.

Um 20.00 Uhr soll es vor dem Stadttheater am König-Heinrich-Platz eine etwa 75-minütige Gedenkfeier geben, die mit einem anschließenden Beisammensein aller Besucher ausklingen soll. An der Gedenkfeier sollen unter anderem der neue Duisburger Oberbürgermeister Sören Link sowie NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (beide SPD) teilnehmen.

Autor: Tonia Haag/ dapd | Foto: Mark Keppler/ dapd