Report-k.de: Jürgen Roters ist am Freitag 100 Tage im Amt. Sind nach Ihrer Auffassung erste Konturen einer neuen Stadtpolitik erkennbar?

Jörg Detjen, Vorsitzender der Fraktion Die Linke: Positiv sehen wir, dass der neue Oberbürgermeister anders als sein Vorgänger Fritz Schramma das Thema Messe aktiv angegangen hat. OB Roters erfüllt damit Forderungen, die DIE LINKE. seit Jahren an den vorherigen Oberbürgermeister gestellt hat. Welche Konturen der Oberbürgermeister in der Sozialpolitik setzt, werden wir erst in den kommenden Haushaltsverhandlungen sehen. Im Bereich der Großprojekte wird Jürgen Roters den Maßstäben nicht gerecht, die er selbst im Wahlkampf aufgestellt hat.

Hat nach Ihrer Einschätzung Kölns neuer Oberbürgermeister bereits erste Impulse gesetzt? Weisen diese Impulse in die richtige Richtung?

Während des Wahlkampfes hat Jürgen Roters angekündigt, alle Großprojekte auf den Prüfstand stellen zu wollen: Schauspielhaus, Rheinboulevard, Messe, Nord-Süd-Stadtbahn, Stadtarchiv,… Nach der Wahl ist dies aber alles im Sande verlaufen. Zum Beispiel unterstützt der OB jetzt einen Neubau des Schauspielhauses und ignoriert dabei das Sanierungskonzept der Intendantin Karin Beier, das er selbst eingefordert hatte.

Hat Jürgen Roters die schwierige Haushaltslage 2010 in Köln im Griff?

Er hat sie nicht im Griff. Es wird schon in diesem Jahr massive Kürzungen geben und im nächsten Jahr fallen sie wohl noch schlimmer aus. Einige Initiativen und Organisationen aus dem Sozialbereich und im Kulturbereich werden das nicht überleben. Auf diese Weise werden Strukturen zerschlagen, die sich später nur über einen langen Zeitraum und mit sehr viel Geld wieder aufbauen lassen. Der Hauptfehler von OB Roters und von Rot-Grün im Rat ist, zu wenig daran zu denken, wie man die Einnahmen der Stadt Köln verbessern könnte. Die angedachte Kulturförderabgabe, die wir unterstützen, kann nur zu einer geringen Entlastung führen. Eine Anhebung der Gewerbesteuer würde dagegen einen wirklichen Unterschied machen.

Wie bewerten Sie die Präsenz des neuen Oberbürgermeisters in der Öffentlichkeit?

Der Oberbürgermeister ist Chef der Verwaltung. Darauf sollte er sich konzentrieren. Wenn Jürgen Roters an weniger Karnevalsveranstaltungen teilnimmt als sein Vorgänger, dann nehmen wir ihm das nicht übel.

Eine der ersten Entscheidungen unter Jürgen Roters war der Umbau der Oper und Neubau des Schauspielhauses. Hat Kölns Oberbürgermeister den politischen Prozess gut gelenkt? Und war diese Entscheidung die richtige für Köln?

Oberbürgermeister Roters hat die falsche Entscheidung getroffen. Eine Sanierung ist sinnvoller als ein Neubau. Er stellt sich damit gegen den Willen der Bevölkerung. Und selbst im Rat hat OB Roters keine absolute Mehrheit für den Neubau erreicht. Nur durch das Rumeiern und die Stimmenthaltung der Grünen hat er seinen Antrag durchbekommen. Großprojekte dürfen nur mit eindeutigen Mehrheiten angegangen werden. Klarheit und Offenheit sind unbedingt notwendig. Nichts davon ist hier erfüllt. DIE LINKE. unterstützt deshalb das Volksbegehren für die Sanierung des Schauspielhauses.

Weitere Stimmen zu 100 Tagen Jürgen Roters:
IHK: Dr. Herbert Ferger, Hauptgeschäftsführer >>>

Dr. Ortwin Weltrich, Hauptgeschäftsführers der HWK zu Köln >>>

Marc Kurtenbach, Präsident des Wirtschaftsclubs Köln >>>


Jörg Mährle, Deutscher Gewerkschaftsbund Köln >>>


Martin Börschel, Fraktionsvorsitzender der Kölner SPD >>>

Winrich Granitzka, Vorsitzender der CDU-Ratsfraktion >>>

Ralph Sterck, Vorsitzender der FDP-Fraktion Köln >>>


10 Kölner Bürger melden sich zu Wort >>>


Herr Detjen, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

Cornelia Schlößer für report-k.de/ Kölns Internetzeitung