Screenshot der 29. Sitzung des Kölner Rates

Köln | LIVEBERICHT beendet | Zu seiner letzten Sitzung in 2023 ist der Rat der Stadt Köln heute im Spanischen Bau des Kölner Rathauses zusammengetreten.

Soll Schwarzfahren bei den Kölner Verkehrsbetrieben bestraft werden?

Die Fraktionen Grüne, SPD, Linke, FDP und Volt brachten einen Antrag mit dem Thema ein: „Verzicht auf Stellung von Strafanträgen wegen Beförderungserschleichung seitens der KVB AG“. Der Beschluss ist eine Anweisung an die Vertreter des Aufsichtsrates im Stadtwerkekonzern, der der KVB auf der Rechtsgrundlage des Beherrschungsvertrags diese Weisung erteilen solle: „Die KVB AG stellt ab sofort weder Strafanzeigen noch Strafanträge nach § 265a wegen Beförderungserschleichung.“

Es ist wahrscheinlich, dass das Fahren ohne gültigen Fahrausweis auf Bundesebene im kommenden Jahr von einem Straftatbestand zu einer Ordnungswidrigkeit herabgestuft wird. Insbesondere der Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann befürwortet eine Entkriminalisierung, so der Antrag.

Die Debatte:

Manfred Richter, Grüne, erklärte dies sei ein wichtiger Antrag. Es führe zu einer Entlastung der Justiz und den Justizvollzugsanstalten und schaffe für die Betroffenen Vorteile. 1.000 Personen in Deutschland, die nicht zahlen könnten, weil sie in prekären Verhältnissen leben, würden jedes Jahr ins Gefängnis gehen, weil sie schwarz fuhren. Diese müssten in Ersatzfreiheitsstrafe und dies helfe diesen Menschen nicht. Das Fahren ohne Fahrschein bleibe nicht folgenlos, denn es gebe weiter das erhöhte Beförderungsentgelt.

Lukas Lorenz, SPD erklärte das Schwarzfahren kein Bagatelldelikt sei. Es sei der SPD schwergefallen diesem Antrag zuzustimmen. Aber es seien vor allem Menschen betroffen, die von Armut betroffen seien.

Güldane Tokyürek, die Linke betonte, dass man nicht wisse, ob das Fahren ohne Fahrschein auf Bundesebene vom Straftatbestand auf eine Ordnungswidrigkeit herabgestuft werde. „Niemand darf wegen Armut ins Gefängnis zu kommen.“ Dies verstärke eine Abwärtsspirale. Die Menschen, die die Ersatzfreiheitsstrafe antreten müssten, würden weiter sozial destabilisiert. Arme aus der Armut zu holen habe höchste Priorität für die Linke und nicht sie zu kriminalisieren. Tokyürek lobte den Vringstreff für seine Initiative „Freikaufen“, die Menschen, die wegen Fahrens ohne Fahrschein im Gefängnis sitzen, zu unterstützen.

Volker Görzel, FDP, sagte, es gehe bei dem Antrag darum, die Justiz und das Staatssäckel zu entlasten und auch das Köln mit Düsseldorf gleichziehen könne. Der Aufwand, der für diesen Aufenthalt im Knast getrieben werde, sei immens. Es gehe nicht darum, dass der KVB ein Schaden entstehe. Durch die Verringerung des Aufwandes könnten bei der KVB Ressourcen freiwerden. Es gehe um eine Frage der Gerechtigkeit. Görzel erklärte, dass, wer für 2,40 Euro seine Parkgebühr nicht bezahle, erhalte ein Knöllchen für 15 Euro. Wer die 2,40 Euro nicht für den Fahrschein aufbringen könne, lande im Knast.

Manuel Froh, Volt: Gefängnis für Schwarzfahren ist eine Strafe für Arme und damit ein Problem, das Reiche nicht kennen. Aber auch Arme müssten etwa zum Amt und benötigen dazu die KVB. Der Straftatbestand sei 1935 von den Nazis eingeführt worden, ordnete Froh ein. Wer Schwarzfahrer ist und ins Gefängnis komme, werde manchmal härter bestraft als jemand der betrunken Auto fuhr.

Felix Spehl, CDU, machte deutlich, dass der Antrag die Mitarbeitenden bei der KVB diskriminiere, die sich um diese Fälle sorgfältig kümmerten. Die CDU habe sich nicht an diesem Antrag beteiligt, weil die Staatsanwaltschaft weiter Verfahren verfolgen kann und werde. Spehl hielt einen juristischen Fachvortrag und sprach davon, dass der Antrag im Kommunalparlament die aktuelle Rechtsprechung des Deutschen Bundestages und Landtages ignoriere. „Der Antrag macht keinen Sinn und läuft ins Leere und schaffe eine unklare Rechtslage.“

Mit Mehrheit gegen die Stimmen der CDU und AfD wurde der Antrag angenommen.


Hock-Urinale

Die Fraktion beantragte Hock-Urinale. Urinale, die in Hock-Position als Unisextoilette genutzt werden können. Zunächst sollten 5 dieser Unisextoiletten getestet werden. Die SPD unterstützte den Antrag. Das Ratsbündnis aus Grünen, CDU und Volt lehnte den Antrag ab, da diese Hock-Urinale nicht barrierefrei seien. 2024 werde die Stadt Köln eine Million Euro für barrierefreie Toiletten ausgeben und aufstellen. Eine dieser Toiletten wurde schon in 2023 aufgestellt und in Betrieb genommen. Der Antrag der Fraktion wurde abgelehnt.


SPD fordert Ehrenamtslotsen

Marie Helmis-Arend, SPD, begründete den Antrag ihrer Fraktion, dass Köln einen Menschen brauche, der als Ehrenamtslotsen dabei helfe Vereine oder ehrenamtlich engagierte Menschen durch die Bürokratie der Kölner Stadtverwaltung zu lotsen. Dies betreffe etwa Veedelsvereine die einen Karnevalsumzug planten oder auch Menschen die Straßenfeste veranstalten wollen. Hier gelte es diese zu unterstützen. Helmis machte deutlich, dass die bisherigen Lösungen nicht ausreichten und nicht funktionierten. Zudem forderte sie mehr finanzielle Unterstützung der Ehrenamtlichen und Vereine und einen Fördertopf.

Max Christian Derichsweiler, Grüne, erklärte, dass es keinen Ehrenamtslotsen brauche, da bereits entsprechende Strukturen auf der Ebene der Stadtverwaltung vorhanden seien. Der Antrag beschreibe zudem die Funktion nicht. Die SPD habe nicht die bestehenden Strukturen berücksichtigt oder kenne diese nicht. Derichsweiler beantragte eine Verweisung des Antrags in die Ratsausschüsse.

Katja Hoyer, FDP, unterstützte die Verweisung des Antrags.

Die Ratsausschüsse werden sich jetzt mit dem SPD Antrag beschäftigen.


Schöner heiraten in Köln

Katja Hoyer, FDP, fordert in einem Antrag ihrer Fraktion eine schönere und bessere Hochzeitskultur in Köln. Mehr Service bedeute einen höheren Imagegewinn für Köln. Trauungen sollten nicht nur 20 Minuten dauern und mehr Hochzeitsgäste bei Trauungen im Historischen Rathaus zugelassen werden.

Manfred Richter, Grüne stellte für das Ratsbündnis den Antrag den FDP-Antrag im Ausschuss allgemeine Verwaltung (AVR) zu besprechen.

Gerrit Krupp, SPD, sagte die Stadt ist nicht der bessere Weddingplanner. Es gehe um Gebühren und damit um die Ermöglichung der Hochzeit für Alle. Auch die SPD unterstützte die Verweisung in den AVR.

Bei den Klimafreunden und Gut fand der Antrag keine Zustimmung. Der AVR wird das Thema weiter behandeln.


Paritätische Gremienbesetzung

Güldane Tokyürek, die Linke, forderte den Rat auf, mittels einer Resolution die Kölner Parteien und Gruppen aufzufordern, bei der Zusammenstellung ihrer Listen für den Rat und andere städtische Gremien möglichst viele Frauen aufzustellen, um sicherzustellen, dass das neue Gremium gemäß den Bestimmungen des Public Corporate Governance Kodex (PCGK) der Stadt Köln angemessen besetzt werden.

Der PCGK der Stadt Köln sieht in Punkt 2.5.1 vor: „Bei der Besetzung des Aufsichtsrats sollten die Gesellschafter für eine kompetente und interessenkonfliktfreie Besetzung sorgen. Frauen sollen in angemessener Zahl berücksichtigt werden. Hier sind die Vorgaben des Landesgleichstellungsgesetzes NRW zu beachten. Das Aufsichtsorgan soll sich zu mindestens 40 Prozent aus Frauen und zu mindestens 40 Prozent Männer zusammensetzen. Darüber hinaus sollen auf Geschlechterparität hingewirkt werden.“

Sandra Schneeloch, Grüne, machte deutlich, dass nicht berücksichtigt sei, dass es den Parteien freibleibe, Menschen in die städtischen Beteiligungsunternehmen zu entsenden, die keine Ratsmitglieder seien. Die Kölner Grünen hätten dies getan. Ein weiteres Problem sei der Wille der Wähler, die etwa über die Direktwahlkreise bestimmen wer im Rat sitze und damit die zwar vorgenommene Quotierung der Liste einer Partei entsprechend veränderten.

In der lebhaften Debatte gab es Unterstützung etwa von der SPD für den Appell der Linken oder den Klimafreunden und Gut, aber auch Ablehnung. Handwerklich gab es Kritik am Antrag. Thor Zimmermann, Gut, erinnerte an das Landesgleichstellungsgesetz und dass es ein Gesetz gebe, das Parität vorsehe. Dabei geht es um die Besetzung der Aufsichtsräte in die der Rat Mitglieder entsende. Dort gebe es keine Parität.

Gegen den Antrag stimmten Grüne, CDU, AfD und FDP.


„Entwicklung des Osthofs der Hallen Kalk“

Sabine Pakulat, Grüne, nannte den Ausstieg der Montag-Stiftung und monierte das nach dem Werkstattverfahren vor 6 Jahren wenig passiert sei. Sie wirft den städtischen Ämtern vor, dass sie blockierten und vor allem dazu jede Möglichkeit nutzten. „Es ist sehr viel gefährlicher einen alten Radweg zu nutzen, als über den Osthof der Hallen Kalk zu laufen,“ stellte Pakulat süffisant fest. Dennoch blockierten die beteiligten Ämter, so Pakulat. Die Entwicklung der Hallen Kalk sei eine große Aufgabe. Für die Grünen forderte sie ein ämterübergreifendes Projektmanagement. Zudem werde langfristig viel Geld benötigt. Die Initiativen bräuchten jetzt die Pioniernutzung, um zu signalisieren, dass die Stadt die Entwicklung ernst nehme.

Niklas Kienitz, CDU, zu den Hallen Kalk: Die Pioniernutzung sei wichtig, damit den Aktiven nicht die Luft ausgehe. Die Hallen Kalk seien eine Entwicklung die die CDU zulassen wolle, als eine Art Entwicklung von Biotopen, die jenseits klassischer Nutzung liegen: Wo soziale oder kulturelle Nutzung stattfinden kann. Die Stadt brauche dies als „Erholungsräume der Stadtentwicklung“.

Maria Helmis-Arend, SPD, fragte wie das Engagement der soziokulturellen Initiativen damit zusammenpasse, dass diese nicht auf das Areal gelassen werden. Sie fragte: Gilt das Betreten verboten für Alle? Bei einem vor Ort Termin habe es keinen Zugang für sie als Vertreterin des Rates gegeben, aber dafür seien auf dem Osthof Produktionsfirmen gewesen, die für die Nutzung des Areals der Stadt bezahlt hätten. Das irritiere. Helmis-Arend forderte die Stadtverwaltung auf proaktiv zu handeln und nicht nur Gesprächsbereitschaft zu signalisieren.

Michael Weisenstein, die Linke, stellte fest, dass viel Richtiges gesagt wurde. Das die Montag-Stiftung abgesprungen seien, sei ein Desaster für die Stadtverwaltung. Es gebe Ungeduld in der Bezirkspolitik, den Pionierinnen und Pionieren vor Ort und der Ratspolitik. Ein Juwel werde der Stadtgesellschaft entzogen. Dies sei ein Defizit und Skandal. Das müsse jetzt aufgearbeitet werden. Die Hallen Kalk müssten jetzt nutzbar gemacht werden, für die Stadtgesellschaft. Weisenstein spricht das riesige Potenzial auch der Hallen und nicht nur des Osthofes an. Er forderte Tempo von der Stadtverwaltung.

Volker Görzel, FDP, nannte das Verhalten der Verwaltung subperformant im Zusammenhang mit den Hallen Kalk. Das Projekt habe eine Türöffnungsfunktion für den Stadtteil Kalk. Die FDP unterstütze die Initiativen. Die FDP stellte die Frage nach den Kosten. Die FDP vermisst Finanzierungsaussagen und Brandmauern gegen Millionenforderungen die durch das Projekt in einigen Jahren auf die Stadt zukommen könnten. Der Rat sollte keinen Blankoscheck ausstellen, so Görzels Forderung.  

Isabell Venturini, Volt, fragte nach warum das Engagement der Montag-Stiftung scheiterte. Volt will das Projekt und es dürfe nicht sterben.

Die Stadtverwaltung erklärte, dass es am 19. Dezember 2023 einen vor Ort Termin geben werde. Zudem seinen 5 Projektgruppen aufgesetzt und mit dem Projekt beschäftigt.


Aufgeregte Debatte um den Struktursicherungsfonds 2023 und 2024

Das Ratsbündnis aus Grünen, CDU und Volt ergänzte mit einem Dringlichkeitsantrag den Struktursicherungsfonds 2023 um Umweltinitiativen die vor dem 1. Januar 2023 Förderprojekte und institutionelle Förderungen eingereicht hatten. Diese Initiativen erhalten nun pauschal 10 Prozent zusätzlich zu ihren bisherigen Förderungen. Finanziert wird dies durch Mittel des Umwelt- und Verbraucherschutzamtes.

Den Dringlichkeitsantrag für 2024 unterstützte nicht nur das Ratsbündnis, sondern auch die SPD, die Linke und die Ratsgruppe Klima Freunde und Gut. Der Strukturfonds wurde für beide Jahre 2023 und 2024 unter anderem wegen des Ukrainekrieges aufgelegt. Für beide Jahre waren je 5 Millionen Euro vorgesehen. Durch die Steigerung bei den Personalkosten gehen die Fraktionen davon aus, dass der Struktursicherungsfonds in 2024 nicht ausreichen werde. Die Fraktionen wollen die Trägervielfalt und sozialen Angebote in Köln erhalten. Für 2024 wollen die Fraktionen statt der 5 Millionen nun 10 Millionen Euro in Ansatz bringen. Finanziert werden soll der Fonds durch eine Ausweitung der Kulturförderabgabe auf Geschäftsreisende und aus Restmitteln des Jahres 2023.

Floris Rudolph, Grüne erklärte, dass seine Partei die Trägervielfalt in Köln erhalten wolle. Das Signal sei „Wir unterstützen Euch“. Martin Erkelenz, CDU, betonte, dass die Struktur in Köln nicht in Schieflage geraten dürfte, sondern die Trägerstruktur erhalten werden müsse.

Streit um die pflichtigen Ausgaben

Der Antrag erhielt unter Punkt 4. die pflichtigen Aufgaben der Kommune, wie etwa Kita und OGTS. Dafür lag keine Deckung vor. Dies löste eine Debatte aus und Oberbürgermeisterin Henriette Reker machte deutlich, dass dies so nicht beschlossen werden könne, da es hierfür keine Deckung gebe. Sie schlug vor daraus einen Prüfauftrag zu machen. Die Politik erbat eine Debattenpause.

In der sich anschließenden Debatte sprach Christian Joisten, SPD, von einer dramatischen Situation. Für die SPD sei die soziale Infrastruktur in der Stadt ihre DNA, die zu sichern sei. Die SPD und die anderen antragstellenden Fraktionen verbänden mit dem Antrag die klare Erwartungshaltung den pflichtigen Bereich sichern zu müssen. Reker machte noch einmal deutlich, dass es für den pflichtigen Bereich keine Deckung gebe. Jörg Detjen, Linke, brachte den Slogan „Köln bleibt sozial“ in den Rat ein. Detjen rechnet damit, dass der pflichtige Bereich mehr als 10 Millionen Euro kosten werde. Dabei sei der städtische Anteil an den Kosten bei den Kitas 52,2 Prozent und der OGS 42 Prozent betrage. Das Land haben seinen Anteil schon überwiesen. Damit sei klar, dass das Land NRW zu seinem Wort stehe. Detjen sieht die gesamte Verwaltung in der Verantwortung die Deckung auch im pflichtigen Teil sicherzustellen. Er warnte allerdings davor zu glauben, dass die Wohlfahrtsverbände die entsprechenden Mittel in der Kasse hätten. Detjen mahnte an sich das Beispiel der AWO in Ostwestfalen anzusehen, wo 120 Kitas geschlossen wurden.

Die FDP lehnt eine Ausweitung der Kulturförderabgabe ab und will die Deckung aus anderen Töpfen ermöglichen, wie etwa der Lastenradförderung oder Mitteln der Obdachlosenhilfe die nicht verausgabt wurden. Katja Hoyer stimmte aber zu, dass sich die Träger in einer dramatischen Situation befänden, vor allem aufgrund der Personalkosten, die große Probleme bereiteten.

Am Ende der hitzigen Debatte setzte sich Oberbürgermeisterin Henriette Reker durch. Die pflichtigen Aufgaben wurden in einen Prüfauftrag umgewandelt.


Weitere Entscheidungen

Der Rat entschied zudem über Vorlagen der Verwaltung.