Köln | Zu klein war am Freitag der Bahnhofsvorplatz für die rund 4.000 Menschen. Sie wollten unter dem Motto „Stoppt das Sterben im Mittelmeer“ für eine humane Flüchtlingspolitik demonstrieren. Nach Absprache mit der Polizei zogen sie zum Neumarkt, wo dann die geplante Kundgebung stattfand.

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Fotostrecke: Demonstration für Seenotrettung im Mittelmeer in Köln
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Dort war dann mehr Platz…

Aufgerufen dazu hatte „Köln gegen rechts“, schnell schlossen sich andere Initiativen wie „Köln stellt sich quer“, „Loss mer singe“, politische Parteien, „Arsch huh“, Gewerkschaften oder attac an. Sogar Kardinal Woelki – derzeit im Ausland – schickte ein Grußwort. Mit Transparenten und Plakaten wie „Urlaub am Mittelmeer – Baden im Massengrab“ protestierten sie gegen die geplante Abschottung Europas und die „Kriminalisierung der Seenotrettung von Flüchtlingen“. Viele zeigten durch das Tragen von Schwimmwesten ihre Solidarität mit den privaten Seenot-Rettern.

„Es soll keine Zeugen für das Sterben auf dem Mittelmeer geben“

Stattdessen müssten alle, die die Seenot-Rettung verbieten wollen, genauso bestraft werden wie jemand, der einen Krankenwagen beim Einsatz behindere, forderte ein Vertreter der privaten Rettungsinitiative Sea-Watch, deren Schiff gerade in Malta mit „fadenscheinigen und absurden Begründungen“ festgehalten wird. „Offensichtlich soll es keine Augenzeugen geben, die das Sterben und die Menschenrechtsverstöße auf dem Mittelmeer dokumentieren“, folgerte er. Auch die Zurückführung von See-Flüchtlingen aus internationalen Gewässern in Lager im Bürgerkriegslandes Libyen kritisierte er, dort herrschten unmenschliche Bedingungen, selbst das Auswärtige Amt spreche von „KZ-ähnlichen Zuständen“.

Wittich Roßmann, Vorsitzender des DGB Köln wies in seiner Rede auf die Fluchtursachen hin, die Menschen aus Afrika ihre Zukunft in Europa suchen lassen. Er nannte die EU-subventionierten Billig-Fleischimporte etwa der deutschen Tönnies-Holding, die im Senegal die heimische Metzger vom Markt verdrängen. Oder den ghanaischen Bauern, der gegen – ebenfalls EU-subventionierte Tomaten – chancenlos ist und jetzt als illegaler Flüchtling in Italien Tomaten pflückt, die nach Afrika exportiert werden. „Wer das als Asyltourismus diffamiert, dem fehlt jeder politische Verstand und vor allem jegliche menschliche Empathie“, sagte er, von langem Beifall begeleitet.

Dass Hetze gegen Flüchtlinge auch in Kölns Südstadt angekommen, berichtete Pfarrer Hans Mörtter. Auf anonymen Zetteln hieße es, kein Bauer würde sich Ratten in seine Scheune holen, Deutschland aber lade Mörder und Vergewaltiger ein.

Vom Neumarkt aus zogen die Demonstranten noch zum Rudolfplatz, wo die Veranstaltung gegen 20.30 Uhr friedlich zu Ende ging.

Autor: ehu
Foto: Zu klein war der Bahnhofsvorplatz – die Solidaritätskundgebung für die privaten Seenot-Retter wurde auf den Neumarkt verlegt.