Köln | In Verbindung mit der Fachmesse „Archivistica“ findet vom 26. bis 29. September 2012 der Deutsche Archivtag erstmalig in Köln statt. Unter dem Rahmenthema „Kulturelles Kapital und ökonomisches Potential – Zukunftskonzepte für Archive“ diskutieren insgesamt 800 Archivarinnen und Archivare aus dem In- und Ausland die Zukunft des Archivwesens im Zeitaltern der Informationsgesellschaft. Durch den Archiveinsturz 2009 musste sich Köln genau diese Frage, nämlich die nach einem Zukunftskonzept, bereits stellen und gilt daher auch als Impulsgeber des Archivtages.

Impulse geben und Danke sagen

„Es gibt derzeit keine andere Stadt in der Bundesrepublik in der das Thema – Wie gehen wir mit unserem historischen Archiv um – präsenter ist, als in Köln“, stellte Oberbürgermeister Jürgen Roters heute fest. Bei dem Einsturz des Historischen Archivs 2009, so der OB weiter, sei klar geworden, wie sehr eine Stadt davon abhinge, wie sie mit ihrem historischen Erbe umgehe. „In diesem schrecklichen Ereignis liegt auch ein Impuls für einen Neubeginn“, so Roters. Das Ziel für das neu geplante Stadtarchiv, deren Eröffnung im Jahr 2017 geplant ist: Den modernsten Standards gerecht werden. Auch nutzte Roters den Archivtag, um sich für die nationale und internationale Hilfe nach dem Einsturz zu bedanken – denn nach dem Einsturz war die Stadt auf Hilfe angewiesen. Noch heute lagern die geborgenen Archivalien in zahlreichen „Asyl-Archivalien“ in ganz Deutschland.

Historisches Archiv ist Antrieb für Neuerungen 

„5 Prozent des eingestürzten Archivguts sind für immer verloren“, so Bettina Schmidt-Czaia,  Leiterin des Historischen Archivs der Stadt Köln. 95 Prozent des ehemaligen Gesamtbestandes des eingestürzten Archivs sind nach zwar wiederherstellbar – dies beansprucht jedoch nach Aussage der Stadt jedoch noch 30 bis 50 Jahre. Die Bestandsaufnahme biete nach Bettina Schmidt-Czaia ein enormes Potenzial – Denn im Rahmen der Erfassung werden alle Bestände auch digital erfasst. „Die Finanzierung eines digitalen Archivs ist genehmigt und wird im November starten und dann ungefähr zwei Jahre in Anspruch nehmen“, so Bettina Schmidt-Czaia. Die Gesamtkosten für die Wiederherstellung des Bestandes des Historischen Archivs bezifferte OB Roters mit 300 bis 400 Millionen Euro.

Erwartungen und Programm

Michael Diefenbacher, Vorsitzender des Bundesverbands Verband deutsche Archivarinnen und Archivaren e.V. (VdA) erwartet sich von dem diesjährigen Archivtag, dass Zukunftskonzepte diskutiert werden, deren Impulse tatsächlich von der Stadt Köln in ihrer derzeitigen Lage ausgingen. Die Entscheidung für Köln aus Austragungsort des Kongresses sei 2008 beschlossen worden. Die Katastrophe am Weidmarkt sei nicht dafür ausschlaggebend gewesen.
Mit 60 Ausstellern sei die parallel dazu stattfindende Messe „Archivistica“ die bisher zweitgrößte nach der in Erfurt, auf der 62 Aussteller vertreten waren. Die Rahmenthemen der insgesamt 50 Veranstaltungen seien dabei „Zukunftskonzepte für Archive“, „Neue Wirtschaftsformen für Archive- Chancen oder Risiken?“, „Lobbyarbeit und Fundraising“ sowie „Archive als moderne Dienstleister“ und „Kulturelle Bildung und Archive“. 

Ulrich S. Soénius, Vorstandsmitglied Bundesverband VdA und Beauftragter für die Durchführung des 82. Archivtags erhofft sich ebenfalls Zukunftskonzepte, wie Archive als „kulturelles Gedächtnis“ ihrer Rolle als Dienstleister und Zulieferer von Daten bei bei steigender Nachfragen gerecht werden könnten.

Autor: Daniel Deininger
Foto: Michael Diefenbacher, Bettina Schmitz-Czaia, Ulrich S. Soénius (vlnr.) nach der Pressekonferenz im Heinrich-Böll-Saal des Spanischen Baus