Die Kölner Südstadt, aufgenommen mit einer Drohne. Foto: Bopp

Köln | Der Kölner Rat hat am gestrigen Donnerstag die Vergabe von städtischen Grundstücken im Verfahren des Erbbaurechts beschlossen. Das Ratsbündnis Grüne, CDU und Volt, aber auch SPD und Linke stimmten dafür. Die Interessenvertretung der mittelständischen Wohnungs- und Immobilienwirtschaft NRW (BFW NRW) und die Wohnungsbauinitiative Köln (WIK) sehen den Beschluss kritischz und legen eine 48-seitige Kurzstudie zum Kölner Wohnungsmarkt vor. Ihr Fazit: Der Rat der Stadt Köln vertreibe junge Familien.

Vor allem die Problematik der fehlenden Eigentumsbildung wird kritisch gesehen

„Die Entscheidung der Stadt Köln, ihre Baugrundstücke zukünftig vorrangig im Erbbaurecht zu vergeben bedeutet, dass künftig auf Grundstücken der Stadt Köln keine Eigentumsbildung mehr möglich ist. Im ersten Schritt ist der Geschosswohnungsbau betroffen, das Modell soll aber auf andere Wohnformen und auch Gewerbe ausgedehnt werden“, so die BFW-NRW-Landesgeschäftsführerin Elisabeth Gendziorra in einem schriftlichen Statement. „Damit wird eine wichtige Wohnform – das Eigenheim, das vor allem von jungen Familien immer noch bevorzugt ist – aus der Neubauagenda für kommunale Grundstücke gestrichen.“

Dabei stellen die Verbände fest, dass sie nachvollziehen könnten, dass die Stadt ihre Grundstücke nicht aus der Hand geben möchte und für eine spätere Stadtentwicklung sichern wolle. Jens Bruckner, Vorsitzender der WIK und Martin Dornieden, Vorsitzender des BFW NRW: „Die Konditionen des Kölner Erbbau-rechtsmodells sind aber zum einen unter den aktuellen Marktbedingungen nicht realisierbar und verschärfen zum anderen den ohnehin bestehenden Engpass auf dem Kölner Wohnungsmarkt“.

Zu diesem Urteil kommen die Verbandssprecher durch eine Studie von Quaestio Forschung & Beratung, die die Verbände in Auftrag gaben. So stellt die Studie fest, dass Köln unter den sieben größten Städten Deutschlands beim Wohnungsneubau Schlusslicht sei. Statt der 6.000 Wohnungen jährlich, die benötigt werden, schafft die Stadt nur die Hälfte und dies seit Jahren. Familien hätten kaum mehr eine Chance Wohneigentum zu bilden. Andere Studien kommen zu dem Urteil, dass es Wanderungsbewegungen aus der Stadt ins Umland gebe. Die WIK befürchtet eine Stadtgesellschaft, der der Mittelbau fehle und in der Stadt nur noch besonders Vermögende und Menschen mit niedrigen Einkommen verbleiben.

Die Experten befürchten zudem ein Qualitäts- und im Laufe der Jahre Sanierungsproblem. Das jetzt beschlossene Erbbaurechtsmodell sei wirtschaftlich nicht tragbar. So befürchtet Dornieden: „Wer mit dem jetzt beschlossenen Modell Geschosswohnungsbau errichtet, hat in 30 Jahren kein Geld um die Immobilie zeitgemäß instand zu halten.“

Die Bauträger und Projektentwickler berichten von einem deutlich verschärften Wettbewerb um die knapper werdenden Grundstücke. Dies hat rasant steigende Grundstückspreise zur Folge. Die Verbände befürchten, dass die Entscheidung für das Erbbaurecht, sich kontraproduktiv auswirken könne und statt geförderten Wohnraum zu schaffen genau das Gegenteil bewirke.

Sie fordern eine proaktive kommunale Planungs-, Boden- und Liegenschaftspolitik, mit der die Stadt überhitzten Märkten mit steigenden Bodenpreisen begegne.