Köln | Die Linke will mehr öffentliche Diskussion um den fehlenden preiswerten Wohnraum in Köln und dass nun endlich nach der Diskussion Taten folgen und tausende Wohnungen jedes Jahr in Köln neu gebaut werden. Die Linke hat einen mächtigen Unterstützer mit Franz-Xaver Corneth, den Vorsitzenden des Kölner Mietervereins. Der spricht von hausgemachten Problemen in Köln und zeigt seine Einschätzung anhand des historischen Tiefstandes an Einleitungsverfahren für Baugenehmigungen. Am 24. Juni waren dies, so Corneth, gerade einmal 200 – also Anträge auf Baugenehmigungen. Linke und Corneth fordern, dass der Wohnungsbau in Köln endlich Chefsache – also Angelegenheit der Oberbürgermeisterin – werden müsse.

Weniger reden – mehr machen

Am 15. Mai 2012 wurde Franz-Josef Höing vom Kölner Rat zum Baudezernenten gewählt. Vorgeschlagen wurde er von der CDU und kam aus Bremen an den Rhein. Das war vor über fünf Jahren. Seit diesen fünf Jahren spricht Köln davon, dass die Metropole am Rhein eine wachsende Stadt sei, zuletzt Oberbürgermeisterin Henriette Reker sogar von einem möglichen Zuzug von 200.000 Menschen in den nächsten Jahrzehnten. Aber wo sollen die Menschen wohnen – vor allem preiswert wohnen? Vor allem wenn über 50 Prozent der Kölner einen Anspruch auf eine Sozialwohnung haben? Deren Zahl nimmt aber seit Jahren ab.

Corneth erklärt der Mieterverein habe schon seit 2009 gefordert sich mehr anzustrengen und preiswerten Wohnraum von 2.000 Einheiten im Jahr zu bauen. Dies sei nur einmal im Jahr 2015 erreicht worden. Corneth spricht von einer dramatischen Situation, Menschen die eine Wohnung in Köln suchen, stimmen ihm sicher zu. Jetzt hat Höing angekündigt mit der Wohnungswirtschaft 6.000 Wohnungen bauen zu wollen. Die Wohnungsleitstelle solle diesen Prozess als „Beiboot“ begleiten, so zitiert Corneth Höing und man merkt ihm an, wie ärgerlich ihn die Formulierung „Beiboot“ macht. Corneth: „Die Wohnungsleitstelle muss nicht Beiboot sein, sondern der Motor.“ Corneth wirft der Stadt vor, dass nichts passiere und nennt Beispiele: Kreuzfeld neben Blumenberg, in Braunsfeld die Grundstücke rund um die Mercedes Benz-Niederlassung Köln seien immer noch Äcker und nicht bebaut oder wenigstens im Bau. Corneth sagt, es gebe in Köln genug Flächen und Investoren, aber es bewege sich nichts und dass obwohl mittlerweile genug Personal bei der städtischen Verwaltung sei mittlerweile vorhanden, so der Chef des Kölner Mietervereins. Auch Baugenehmigungen dauern immer noch zu lange, so die Kritik, bis zu 13 bis 15 Monaten. Corneth: „Geredet haben wir genug. In Köln muss endlich etwas passieren. Sie sagen sie lieben Köln, aber sie tun nichts. Köln verliert so den Anschluss bei der Bevölkerungsentwicklung.“

GAG soll pro Jahr 1.200 sozial geförderte Wohnungen bauen

Michael Weisenstein von der Linken sagt, Köln habe den Werkzeugkoffer, um mehr Wohnungen zu bauen und nennt das kooperative Baulandmodell als Beispiel. Höing wirft Weisenstein vor, dass er zwar 6.000 Wohnungen mit der Wohnungswirtschaft bauen wolle, aber nicht sagt, wie viele Wohnungen davon preiswert und bezahlbar seien? Die Quote läge aktuell bei 6,8 Prozent sozial geförderter Wohnungen in Köln, stetig sinkend. Denn jedes Jahr fallen 1.500-1.600 Wohnungen aus der Sozialbindung. 50 Prozent der Kölner haben einen Anspruch auf geförderten Wohnraum, sagt Weisenstein. Jedes Jahr müssten mindestens 2.000 geförderte Wohnungen gebaut werden. Den Löwenanteil, 1.200 davon müsste – geht es nach der Linken – die städtischen Wohnungsbaugesellschaft GAG übernehmen.

Die Linke fordert bei der GAG Personal für die Herausforderung aufzubauen. Flächen die im Besitz der Stadt sind, sollen im Rahmen eines Erstandienungsrechtes der GAG angeboten werden und die GAG ein Vorkaufsrecht bei potentiellen Wohnbauflächen erhält. Auch bei der Erbpacht soll die GAG für 15 Jahre keinen Erbpachtzins zahlen, wenn das städtische Unternehmen preiswerten Wohnraum schafft. Die Stadt soll zudem mehr Bürgschaften für die GAG übernehmen und städtischen Grund als Einlagen bei der GAG einbringen, um deren Eigenkapitalquote zu erhöhen. Die Linke begründet ihre Argumente eines stärkeren Engagements der Stadt bei der GAG damit, dass der städtische Wohnungsbaukonzern selbst sagt 5.800 neue Wohnungen bis 2021 bauen zu wollen. Allerdings nur 3.750 neu und 2.050 als Generalsanierungen. Bis zu 70 Prozent der Wohnungen sollen gefördert entstehen. Die Linke hat gerechnet und festgestellt, dass dies im von der GAG benannten Zeitraum pro Jahr 650 sozial geförderte Wohnungen seien. Dies seien zu wenig, so die Linke, da nicht davon auszugehen sei, dass private Investoren mehr als 800 sozial geförderte Wohnungen pro Jahr errichten werden.

Öffentliche Debatte beflügeln

Jörg Detjen, Linke, weiß, dass der Antrag der Linken alleine im Rat nicht zum Erfolg führen werde. Man habe sich aber dazu entschlossen, den Antrag einzubringen, um die öffentliche Debatte anzuregen, denn Köln brauche im Wohnungsbau dringend einen neuen Aufbruch. Die Linke merkt an, dass 1.200 neue Sozialwohnungen im Jahr zu bauen, aber kein Wolkenkuckucksheim sei und verweist auf das Jahr 1996: Damals habe die Grubo, in einem Jahr 1.281 sozial geförderte Wohnungen errichtet.

Die Zahlen der Stadt Köln

Im Jahr 2016 erteilte die Stadt Köln 3.767 Baugenehmigungen, dass waren im Vorjahresvergleich 434 Genehmigungen mehr. Allerdings stellte man im Jahr 2015 3.957 Wohnungen fertig und in 2016 nur noch 2.387 Einheiten. Die beiden Kurven der Baufertigstellungen und der erteilten Baugenehmigungen zeigen immer wieder Ausschläge nach oben und unten, bewegen sich aber in den letzten 10 Jahren ziemlich auf einer vertikalen Linie fort und zeigen nicht in Richtung mehr. Waren 2010 noch 42.360 Wohnungen im ersten Förderweg, waren es 2016 nur noch 37.608, also 4.752 weniger. Die meisten Wohnungen 2016 wurden in Lindenthal mit 625 Einheiten fertiggestellt, gefolgt von 311 Wohnungen in Kalk.

Autor: Andi Goral