Köln | Die Leiter der Kriminalkommissariate 7 und 72 waren erleichtert: Gestern Vormittag konnte die Polizei Köln den sogenannten „Nachttäter“ festnehmen. Seit 2009 hatte der Mann in mehreren Serien 122 Einbrüche in Köln und Umgebung verübt. Die Dunkelziffer liegt vermutlich weit höher. Dabei war der Täter einem immer gleichen Schema gefolgt: In Mehrfamilienhäusern hatte er sich in den frühen Morgenstunden Zugang zu unverschlossenen Wohnungen verschafft und im Bereich der Diele Bargeld, Schmuck oder tragbare Elektrogeräte entwendet.

Dabei sei der 49-Jährige äußerst leise und quasi ohne Spuren zu hinterlassen vorgegangen, erklärte Gerd Schnell, Leiter des Kriminalkommissariats 72. Daher sei es nur äußerst selten zu Konfrontationen mit den Geschädigten gekommen. „In den vier bis fünf Fällen, in denen der Täter in flagranti erwischt wurde, ist er sofort geflohen und hat keinerlei Aggression gezeigt.“, so Schnell. Die zuständigen Leiter zeigten sich erfreut über die Festnahme. „Diese ungeklärten Fälle waren wirklich ein tiefsitzender Stachel im Ermittlerfleisch.“, erklärte Thomas Sawatzki, Leiter des Kriminalkommissariats 7.

Gestern gegen 10 Uhr habe man den Mann in der Kolbstraße angetroffen und festgenommen. Im Auto des Täters, ein Audi A6 älteren Baujahrs, in dem der Mann auch gewohnt haben und zu den Tatorten gefahren sein soll, fanden die Beamten untypischerweise einen gestohlenen Fernseher. „Widerstand hat der Beschuldigte nicht geleistet.“, so Sawatzki. Die Aussage verweigere er jedoch. Ursprünglich hatte man gehofft, den Täter auf frischer Tat zu ertappen. Der Einsatz ziviler Kräfte sei jedoch nicht von Erfolg gekrönt gewesen. Stattdessen habe man auf Zeugenaussagen, intensive Ermittlungen in Bezug auf das Diebesgut und Observationen zurückgegriffen. Wie genau der Täter letztendlich dingfest gemacht wurde, wollte die Polizei mit Rücksicht auf die laufenden Ermittlungen nicht bekannt geben.

Ebenso verblüffend wie sein Fleiß ist das offenbar internationale Agieren des Täters. Der Wagen des Mannes hat ein bulgarisches Kennzeichen, er selbst ist türkischer Staatsbürger und hat eine Frau in Rumänien. Bis September war der Mann etwa 15 Monate in Spanien, wo er nach eigener Aussage eine Dönerbude in Madrid betrieb. Warum der Mann ausgerechnet in Köln agierte, ist derzeit noch unklar. „Wir gehen jedoch davon aus, dass er in irgendeiner Weise hier vernetzt ist.“, betonte Schnell. Der Mann sei jedoch definitiv ein Einzeltäter.

Unverschlossene Wohnungstüren bieten keinen Schutz

Bei seinen Einbrüchen habe sich der Mann stets zwischen 3 Uhr und 6:30 Uhr Zugang zu Mehrfamilienhäusern verschafft und in den oberen Etagen nach nicht verschlossenen Wohnungstüren gesucht. Nur zugezogene Wohnungstüren bieten kaum Schutz vor Einbrechern. „Eine nicht verschlossene Wohnungstür ist eine offene Wohnungstür.“, erklärte Schnell und appellierte an die Bürger, ihre Wohnungstüren nachts abzuschließen. Beim Verlassen der Wohnung hat der „Nachttäter“ die Wohnungstür stets einen Spalt offen gelassen, um keinen Lärm zu verursachen.

Polizei bittet um Meldung von vergleichbaren Vorfällen

Die Polizei rechnet nun damit, dass weitere Fälle bekannt werden, die dem 49-Jährigen zugeschrieben werden können. Sie bittet Geschädigte, die verdächtige Vorfälle nicht gemeldet haben und die Methoden des Mannes wiedererkennen, sich unter der Rufnummer 0221/229-0 an die Polizei zu wenden. Der Täter ist 175 Zentimeter groß und wiegt 108 Kilogramm, was ihm eine kräftige Statur verleiht. Er soll kurze grau-schwarze Haare mit einem Seitenscheitel haben und unscheinbar wirken.

Für den Zeitraum September bis Dezember 2012 werden dem „Nachttäter“ 45 Einbrüche zur Last gelegt, davon 32 in Köln. Darüber hinaus war der Mann auch in Essen, Düsseldorf oder Neuss aktiv. „Der Täter war quasi jede Nacht unterwegs.“, erklärte Schnell. In Köln waren vor allem Mülheim, Kalk, Niehl und Nippes von der Einbruchserie betroffen. Heute Nachmittag wurde ein Haftbefehl gegen den 49-Jährigen erlassen. „Nun hat er einen ständigen Wohnsitz in Ossendorf“, so Schnell.

Autor: Christian Bauer
Foto: Die offiziell bekannten Tatorte des „Nachttäters“ im Kölner Zentrum – aus dem Jahr 2010.