In der Kathedrale wurden die ersten vier Domschweizerinnen der Öffentlichkeit vorgestellt. Sie sollen ihre 26 männlichen Kollegen unterstützen.

Köln | Dass die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit ist, zeigt der Medienandrang gestern vor dem Kölner Dom. Dort wurden die ersten vier Domschweizerinnen den zahlreichen Fotografen und Fernsehteams an ihrem neuen Arbeitsplatz vorgestellt. Sie sind die ersten Schweizerinnen an einer großen deutschen Kathedrale. Insgesamt 30 Mitarbeiter zählen zum Team des Aufsichtspersonals im Weltkulturerbe – vier davon sind jetzt Frauen. Gestern waren sie erstmals in den roten mit schwarzem Samt besetzten Talaren unterwegs.

Hedi Michels (58) hatte sich passend dazu extra eine passende rote Brille angeschafft. Zum 1. Mai hat sie dafür ihren Dienst als Krankenschwester am Vinzenz-Pallotti-Hospital in Bergisch Gladbach reduziert. So kann sie die monatlich 24 Arbeitsstunden im Gotteshaus als Domschweizerin leisten. „Durch den täglichen Umgang mit Patienten bin ich es gewöhnt, sensibel und hellhörig für Anliegen und Bedürfnisse zu sein. Ich möchte den Besuchern im Dom mit offenen Augen und Ohren begegnen.“ Mit der neuen Aufgabe erfüllt sich ein Kindheitstraum für Michels: „In meiner Generation war es noch nicht möglich, Messdiener zu werden. Jetzt trete ich in die Fußstapfen meines Urgroßvaters, der in Oberhausen Kirchenschweizer war“, sagt die 58-Jährige, die am 1. Mai ihren Dienst angetreten hat.

Ein festes Ritual ist der Dombesuch für die Altenpflegerin Claudia Drolshagen, die seit Mitte April für 70 Stunden im Monat im Gotteshaus im Einsatz ist. „Der Dom hat mich schon als Kind fasziniert. Über all die Jahre ist er für mich Fixpunkt und Ruheoase geblieben, das gilt, auch wenn ich zum Einkaufen in die Innenstadt gehe – vor dem Kaufrausch steht der Dombesuch“, sagt die 55-Jährige lächelnd. Ins Team der Domschweizer wurde sie sofort integriert: „Das war und ist sehr herzlich. Wir Neuen werden da sehr liebevoll an die Hand genommen.“

Das sieht auch Schichtführer Marco Felgenheuer so: „Wir freuen uns über die weibliche Verstärkung unseres Teams. Nachdem wir sie in die verschiedenen Aufgaben eingewiesen haben, werden die Kolleginnen vollständig in unseren Laufplan integriert. Ihr Dienst unterscheidet sich in keiner Weise vom Dienst der männlichen Kollegen.“ Das gilt auch für die Dienstkleidung, die aus dem Bestand des Domkapitels stammt.

Insgesamt hatten sich auf die Ausschreibung des Doms 55 Bewerber gemeldet. Davon waren 40 Frauen. Eingestellt worden sind jetzt sechs neue Domschweizer. Dazu zählt die 35-jährige Wirtschaftsjuristin und Übersetzerin Andrea Petzenhauser, die aus Vilshofen an der Donau stammt. „Der Dom ist für mich das Symbol meiner neuen Heimat. Er grüßt mich schon von Weitem, wenn ich nach einem Besuch in Bayern zurück nach Köln komme. Besonders gerne mag die neue Domschweizerin die Bayernfenster und den Südturm, auf den sie gerne steigt: „Dieser Perspektivwechsel tut mir gut: Die Aussicht überrascht mich jedes Mal aufs Neue. Von da oben sieht manches Problem gleich viel kleiner aus.“

Zum 1. Juni wird Susanne Rückes (52) ihren Dienst im Dom antreten. Vorher war sie im Sekretariat des Caritasverbandes tätig. „Ich möchte mich beruflich verändern – weg vom Schreibtisch, hin zu direkten menschlichen Kontakten. Der Dom bedeutet für mich Heimat. Ich freue mich sehr, als Domschweizerin Besucher aus der ganzen Welt begrüßen zu können.“

Für Dompropst Gerd Bachner ist der Tag, an dem die Domschweizerinnen vorgestellt werden, ein Tag der Freude: „Darauf haben wir lange hingearbeitet. Der Schritt war richtig und notwendig. Die Domschweizerinnen sind eine Bereicherung für den Dom und seine Besucher. Sie gehören zum laufenden Prozess einer neuen Willkommenskultur im Dom – hier wird es noch viele weitere Schritte geben. Mit ihren verschiedenen Biografien und Persönlichkeiten werden die vier neuen Mitarbeiterin neue Akzente hier im Dom setzen können“, sagt Bachner, der auch darauf verweist, dass es zum Beispiel im Generalvikariat schon Frauen in Führungspositionen gibt.

Autor: Von Stephan Eppinger | Foto: Jennifer Rumbach