Köln | Die Zahl der Patienten, die in 2012 die medizinische Hilfe der Malteser Migranten Medizin  (MMM), einer Einrichtung für medizinische Versorgung von Patienten ohne Krankenversicherung, aufsuchten, ist im Vergleich zum Vorjahr erneut gestiegen. Mit mehr als 1.300 Behandelten, davon 497 Kinder, seien so viele Menschen wie noch nie behandelt worden, so Isabella Freifrau von Wrede, Projektleiterin der in Räumlichkeiten der Kölner Klinik St. Hildegardis untergebrachten Einrichtung.

Auffallend sei auch, dass immer mehr deutsche Staatsbürger das Angebot in Anspruch nähmen. Rund 20 Prozent der Behandelten in 2012 seien deutsche Staatsbürger, so der Internist Herbert Breker, einer der behandelnden Ärzte der MMM. Die meisten dieser Patienten gingen einer freiberuflichen Tätigkeit nach und hätten eigenen Angaben zufolge nicht die nötigen fianziellen Mittel, um Beiträge für Krankenversicherungen zu bezahlen. Dabei sei der Gesundheitszustand dieser Patienten häufig als besorgniserregend und nicht selten als lebensbedrohend zu bezeichnen. Teilweise reisten Patienten vom Niederrhein oder auch aus dem Ruhrgebiet an, die online von der Einrichtung erfahren hätten. Zunehmend, so Breker weiter, behandle er auch freiwillig versicherte Senioren, die sich die Versicherungsbeiträge im Alter nicht mehr leisten könnten und ohne beziehungsweise mit einem stark eingeschränkten Versicherungsschutz dastünden. Ebenfalls auffallend: Der größte Anteil der Patienten, rund ein Drittel, stamme aus der Europäischen Union. Die Zahl der Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus sei mit rund 100 Patienten weiterhin relativ niedrig.

Zudem sei die Zahl der Kinder, die in der Sprechstunde vorstellig würden, stabil und reiße nicht ab. Die meisten Kinder, die zu ihm kämen, so Franz-Josef Schuy, Kinderarzt an der MMM, mit Infektionskrankheiten wie Magen-Darm-Erkrankungen oder Grippe zu ihm. Selten hingegen seien Fälle von Blinddarmentzündungen. Manchmal jedoch habe er Patienten mit einer starken gesundheitlichen Beeinträchtigung. Eine von ihnen ist die zweijährige Elena. Ihre Eltern emigrierten aus Bulgarien über Griechenland nach Deutschland. Derzeit lebt die Familie in Köln und ist dringend auf Hilfe angewiesen. Seit ihrer Geburt leidet Elena an einem Klumpfuß – einer Fehlstellung der Füße.“Ein solch schwerer Fall ist mir in meiner gesamten Karriere noch nicht begegnet“, so Schuy. Der linke Fuß des kleinen Mädchens hat eine so starke Fehlstellung, dass er um beinahe 90 Grad nach außen gedreht ist.Eine Operation war für die Eltern finanziell unerschwinglich. Sie wandten sich an die Kölner MMM, eine von insgesamt zwölf Einrichtungen dieser Art in Deutschland.

Durch die Vermittlung von Franz-Josej Schuy konnte bereits ein Operateur gefunden werden, der den komplizierte Eingriff pro bono übernehmen wird. Der größte Kostenfaktor entsteht nach Angaben des Arztes jedoch nicht durch die Operation, sondern durch die stationäre Nachbetreuung. Ein Krankenbett in einer Klinik schlage nicht selten mit 600 Euro oder mehr pro Tag zu Buche, gibt Schuy zu bedenken. Daher sind Arzt und Einrichtung momentan noch auf der Suche nach Spendern, die sich an den Kosten für den unter Umständen mehrwöchigen Klinikaufenthalt der kleinen Elena beteiligen.

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Die Einrichtung Malteser Migranten Medizin Köln wurde vor acht Jahren ins Leben gerufen. Ziel der Einrichtung ist es, Menschen, die im Kölner Raum leben und arbeiten und keinen legalen Aufenthaltsstatus haben, zu helfen. Das Angebot richtet sich zudem auch an deutsche Staatsbürger, die nicht mehr über eine Krankenversicherung verfügen. Außerdem kümmert sich das Team der MMM um Menschen mit einem gültigen Einreisevisum und akuten Erkrankungen.
Seit Anfang 2009 bietet die MMM immer dienstags und freitags eine spezielle Sprechstunde für Kinder und Jugendliche an, sowie seit September 2012 dienstags eine zahnärztliche Sprechstunde. Erstbehandlung und Beratung sind kostenlos. Notwendige Medikamente werden auf Privatrezept verschrieben und müssen vom Patienten selbst bezahlt werden. Die Sprechstunde finanziert sich ausschließlich durch Spenden. Aktuell arbeiten drei Allgemeinmediziner, vier Kinderärzte, ein Zahnarzt, eine Hautärztin und drei Sprechstundenhilfen ehrenamtlich für die Malteser Migranten Medizin in Köln.

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Autor: Daniel Deininger
Foto: Kinderarzt Franz-Josef Schuy, die kleine Elena, Mutter Elisaveta (vlnr.)