Köln | Die Dombauhütten in Europa hat die UNESCO zum „immateriellen Welterbe“ erklärt. Diese handwerklichen Kompetenzzentren, die ihr Wissen oft nur mündlich von Generation zu Generation weiter gaben und oft an die Grenzen des technisch Möglich gingen, machten die gotischen Kathedralen in Europa erst möglich. Freuen darf sich auch die Dombauhütte des Kölner Doms.

Seit Jahrzehnten vergibt die in Paris ansässige Kulturorganisation der Vereinten Nationen, genauer: ein zwischenstaatliches Komitee, dem 21 von der UNESCO-Generalversammlung gewählte Mitglieder angehören, das „Gütesiegel“ Weltkulturerbe. 1986 wurde auch der Kölner Dom ausgezeichnet. Das nicht zuletzt aus Gründen des Tourismus-Marketing begehrte UNESCO-Weltkulturerbe-Siegel tragen mittlerweile über 1000 Stätten in aller Welt. Abererkennungen sind extrem selten; Deutschland wurde 2009 der Titel für die Kulturlandschaft Dresdner Elbtal aberkannt. Auch der Kölner Dom war schon einmal von dieser Maßnahme bedroht und wurde 2004 auf die „Rote Liste des gefährdeten Welterbes“ gesetzt. Der Streitfall konnte später ausgeräumt werden.

Neben dem UNESCO-Weltkulturerbe-Siegel für das Kultur- und Naturerbe wurde eine weitere Auszeichnung für das „immaterielle Kulturerbe“ ersonnen, bei der es um die Anerkennung überlieferten Wissens und Könnens geht. Ausgezeichnet wurden dabei viele handwerkliche Traditionen wie der Orgelbau in Deutschland oder der Geigenbau in Italien (Cremona), aber auch Yoga, Tai Chi und die indonesische Kampfkunst Pencak Silat, das typisch nordafrikanische Gericht Couscous oder die Aufzucht von Dattelpalmen in den arabischen Ländern. Im letzten Jahr schaffte es auch die Gastfreundschaft in Kerbala (Irak) auf die Liste.

Auf Antrag von insgesamt 18 Bauhütten aus fünf europäischen Ländern hatte die UNESCO in diesem Jahr über die Aufnahme des Bauhüttenwesens in das Register Guter Praxisbeispiele zu befinden. Auch die Kölner Dombauhütte beteiligte sich. „Die Dom- und Münsterbauhütten zeichnet eine multidisziplinäre Zusammenarbeit aus: Eine Bauhütte setzt sich aus der Gesamtheit ihrer Mitarbeiter*innen zusammen, von den Lehrlingen über die Gesell*innen bis zu den Hüttenmeister*innen und Dom-/Münsterbaumeister*innen.“ sagten die Antragsteller. „Sie geben Wissen, handwerkliche Fertigkeiten und Fähigkeiten verschiedenster Gewerke weiter, bilden Nachwuchs aus, halten Feste und Rituale lebendig. Im Wesentlichen verstehen sich die Bauhütten als Kompetenzzentren rund um den Stein.“

Die Dombauhütte in Köln, bereits 1248 vom ersten Dombaumeister Gerhard gegründet, gehört zu den ältesten Dombauhütten in Europa und ist noch heute eine der größten. Von überragender Bedeutung ist die 1370 vom damaligen Dombaumeister Michael von Savoyen erstellte Entwurfszeichnung der Westfassade; nur dieser so genannte „Fassadenriss F“ ermöglichte nach der dreihundertjährigen Bauunterbrechung im 19. Jahrhundert die Fertigstellung des Doms. Die Bedeutung der Dombauhütte Köln wird auch daran ersichtlich, dass eine ganze Reihe Kölner Dombaumeister bei anderen Dombauten, etwa in Augsburg, Straßburg, Prag, Regensburg, Ulm und sogar Mailand zur Hilfe gerufen wurden.

Heute zählt die Dombauhütte Köln knapp 100 Mitarbeiter, davon etwa 80 im handwerklichen Bereich. Vertreten sind ein Dutzend Gewerke, wobei die Steinmetze traditionell die größte Gruppe bilden. Im Mittelalter wurden aus ihrem Kreis auch der Dombaumeister gewählt. Wichtig und reputiert sind in Köln aus die Glasmaler und Glaser.

Seit Januar 2016 wird die Dombauhütte Köln von Dombaumeister Peter Füssenich geleitet. Hüttenmeister, das heißt Handwerklicher Leister, ist seit 2002 der Steinmetzmeister Uwe Schäfer. Noch bekannter als der amtierende Dombaumeister ist seine Vorgängerin Barbara Schock-Werner geworden, die erste Frau in diesem Amt. Der durchaus resoluten Dombaumeisterin (1999-2012) ist nicht zuletzt das von Gerhard Richter entworfene Richter-Fenster im Südquerhaus des Doms zu verdanken.

Autor: Von Christoph Mohr