Bonn | Im Prozess gegen einen Islamisten hat die Staatsanwaltschaft am Dienstag vor dem Landgericht Bonn eine mehrjährige Gefängnisstrafe gefordert. Sie beantragte in ihrem Plädoyer fünf Jahre und neun Monate Haft für den angeklagten 26-Jährigen Deutsch-Türken. Die Verteidigung stellte die Höhe des Strafmaßes dagegen dem Gericht anheim.

Fünf Monate nach der Messerattacke auf Polizisten während einer Demonstration in Bonn hat die Staatsanwaltschaft eine mehrjährige Gefängnisstrafe für den angeklagten Islamisten gefordert. Vor dem Landgericht Bonn beantragte die Anklage am Dienstag fünf Jahre und neun Monate Haft gegen den 26-jährigen Deutsch-Türken. Das Urteil will die Strafkammer am Freitag (19. Oktober, 12.00 Uhr) verkünden.

Der Mann, der nach eigener Aussage kein radikalislamischer Salafist ist, hatte sich im Mai an einem Protest von Muslims gegen eine Kundgebung der rechtsextremen Splitterpartei Pro NRW in Bonn beteiligt. Als die Konfrontation eskalierte, griff der Mann drei Polizisten mit einem Messer an und verletzte zwei von ihnen schwer. Der Angeklagte räumte im Verfahren die Attacke ein und rechtfertigte sie mit der Lehre des Islam.

Staatsanwältin Vanessa Weber sagte in ihrem Plädoyer: „Es kann nicht hingenommen werden, dass ein Bürger dieses Landes seine Interessen mit Waffengewalt durchzusetzen versucht.“ Als einziger Beteiligter der Gegenkundgebung habe der Angeklagte damals die Absperrungen durchbrochen. Die verletzten Polizisten seien wochenlang krankgeschrieben gewesen und nach dem „willkürlichen Angriff“ immer noch traumatisiert.

„Wir sind keine Monster“

Reue ließ der Angeklagte auch in seinem Schlusswort nicht erkennen. Der deutsche Staat habe es zugelassen, dass Pro NRW bei der Demonstration eine Mohammed-Karikatur habe zeigen können, die den Propheten und Millionen Muslime beleidigt habe. Er stehe „gezwungenermaßen“ vor Gericht und halte das Verfahren nicht für „legitim“. Angesichts einer Beleidigung des Propheten könne man von einem Muslim „nicht erwarten, dass er ruhig bleibt“, erklärte der Angeklagte und versicherte gleichzeitig: „Wir sind keine Monster.“

Verteidiger Johannes Pausch räumte in seinem Plädoyer eine „sehr fundamentalistische Einstellung“ seines Mandanten ein. Der 26-Jährige habe sich aus Mangel an Rückhalt in der Familie ganz der Religion verschrieben. In seiner Hinwendung zum Islam könne er keine Kompromisse mit sich selbst schließen und sei deshalb auch nicht fähig, Reue gegenüber der Tat zu zeigen.

Pausch, der auch Angeklagte im laufenden Al-Kaida-Verfahren vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht vertritt, stellte die Höhe des Strafmaßes dem Gericht anheim. Für die vorgeworfenen Delikte gefährliche Körperverletzung, besonders schwerer Landfriedensbruch und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte sieht das Gesetz einen Strafrahmen zwischen sechs Monaten und zehn Jahren vor.


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Autor: dapd | Foto: Hermann J. Knippertz/dapd