Berlin | Der Vorsitzende des Deutsch-Russischen Forums, Brandenburgs früherer Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), rechnet damit, dass der Besuch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Mittwoch in Moskau einen neuen Gesprächsprozess zwischen Europäern und Russen in Gang setzen wird.

„Freundschaftliche Verhältnisse wird es so bald zu Russland nicht mehr geben, vielleicht nicht einmal partnerschaftliche“, sagte Platzeck den Zeitungen des RedaktionsNetzwerks Deutschland (Mittwochausgaben). „Es geht jetzt um einigermaßen vernünftige und berechenbare Verhältnisse. Der Besuch unseres Bundespräsidenten kann genau das befördern.“ Der frühere SPD-Politiker forderte gemeinsame Schritte mit Russland bei den Themen Terrorismusbekämpfung, Klimawandel oder beim weiteren Vorgehen in Afghanistan. „Wenn wir die Einbeziehung der Russen auf Augenhöhe nicht hinbekommen, werden wir alle anderen Probleme, die wir mit ihnen haben, auch nicht lösen“, sagte Platzeck.

Steinmeier reist am Mittwoch für einen Tag nach Moskau. Anlass ist die Übergabe der Kathedrale St. Peter und Paul an die Evangelisch-Lutherische Kirche Russlands im Rahmen des Reformationsjubiläums. Der Bundespräsident trifft den russischen Präsidenten Wladimir Putin, den ehemaligen sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow sowie Vertreter der Menschenrechtsorganisation Memorial.

Nach Ansicht von Platzeck sollte Russlands Präsident Wladimir Putin mehr Mut zur Entwicklung der russischen Zivilgesellschaft aufbringen. Mit Blick auf die lauter werdenden Proteste in russischen Großstädten sagte der SPD-Politiker: „Die Russen täten gut daran, diese Bewegung, die vor allem von jungen Menschen getragen wird, ernst zu nehmen. Es gibt eine wachsende Unzufriedenheit. In einer schwierigen gesellschaftlichen Situation ist es gut, Stück für Stück mehr Mut zur Zivilgesellschaft zu entfalten. Alles andere wäre ein Bärendienst an der russischen Jugend.“

Bedford-Strohm begrüßt Steinmeiers Moskau-Reise

Vor dem Abflug von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nach Moskau hat der Vorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, die Bedeutung der Reise und der Rückgabe der St. Peter und Paul-Kirche an die Gläubigen hervorgehoben. „Für die evangelischen Christen in Russland ist es eine große Ehre, dass der Bundespräsident des Landes, in dem vor 500 Jahren die Reformation ihren Anfang nahm, bei der Rückgabe dabei ist“, sagte Bedford-Strohm der „Rheinischen Post“ (Mittwochsausgabe). Bedford-Strohm verwies auch auf die europäische Dimension des Luther-Jubiläums: „Mit dem Reformationsjubiläum 2017 wollen wir die nationalistischen Verengungen der bisherigen Jahrhundertfeiern hinter uns lassen.“

Der EKD-Vorsitzende begleitet den Bundespräsidenten am Mittwoch auf der Reise nach Moskau, bei der Steinmeier auch den russischen Präsidenten Wladimir Putin trifft. Offizieller Anlass der Reise ist die Rückgabe der St. Peter und Paul-Kirche an die Gläubigen. Das Gotteshaus und seine Nebengebäude waren 1938 enteignet worden.

„Die Übergabe der St. Peter und Paul-Kirche ist ein wunderbares Zeichen vom Neuerwachen des Luthertums in Russland“, sagte Bedford-Strohm.

Autor: dts