Köln | Vor dem Amtsgericht Berlin Tiergarten wurden heute drei Aktivisten der Letzten Generation zu einer achtmonatigen Haftstrafe auf Bewährung verurteilt (Urt. v. 23.04.2024, Az. 253 Ds 182/23). Sie hatten am 17. September 2023 das Brandenburger Tor mit oranger Farbe besprüht. Neben den drei Angeklagten sollen elf weitere Personen an der Aktion beteiligt gewesen sein.
Das Gericht folgte mit seinem Urteil dem Antrag der Staatsanwaltschaft die das Strafmaß so ansetzte. Die Staatsanwaltschaft spricht von einer „politisch motivierten Straftat“ und „Vandalismus“. In das Urteil floss strafverschärfend ein, dass es sich beim Brandenburger Tor um ein „nationales Denkmal“ handele. Verurteilt wurden zwei Männer im Alter von 28 und 64 Jahren sowie eine 22-jährige Frau.
Brandenburger Tor sei ein Symbol für Wende
Die „Letzte Generation“ spricht von einem drastischen Urteil des Amtsgerichts. Die Aktivistinnen und Aktivisten sprechen bei ihrer Aktion von einem Mahnmal an Gesellschaft und Politik für die bevorstehende Klimakatastrophe und dem Brandenburger Tor als einem historischen Symbol der Wende, die es heute dringender denn je brauche. Die Gruppe bekam Beistand aus der Gesellschaft zu ihrer Aktion. So stellte unter anderem die Historikerin Hedwig Richter auf „X“ fest, dass das Brandenburger Tor der richtige Ort sei, um auf ein so dringendes Problem wie den Klimawandel aufmerksam zu machen.
Die Spuren am Tor gehören der Vergangenheit an. Dafür finden sich nebenan an der Akademie der Künste jetzt Sätze wie „120 auf der Autobahn“ des Schriftstellers Uwe Timm. Eine der Forderungen der „Letzten Generation“ an die Politik, ein Tempolimit umzusetzen.
Letzte Generation-Sprecherin Lina Johnsen in einem schriftlichen Statement: “Das Brandenburger Tor steht wie kein anderes Denkmal in Deutschland für große, hoffnungsvolle Wendepunkte der Geschichte. Dafür, dass wir uns als Menschen für ein Miteinander und gegen Ungerechtigkeit und Zerstörung entscheiden können. In einer Welt der sich überschlagenden Krisen brauchen wir das mehr denn je zuvor. Das orange Brandenburger Tor sollte uns daran erinnern, dass Wandel und damit ein Leben nach unseren gemeinsamen Werten – Menschlichkeit, Gerechtigkeit, Ehrlichkeit – möglich ist.”
Das sagen zwei der Anwälte zum Prozess
Lukas Theune, einer der Anwälte im Verfahren: „Die Richterin war von Anfang an auf dem Kurs, kurzen Prozess machen und harte Kante zeigen zu wollen. Es ging ihr nicht darum, den Sachverhalt umfassend aufzuklären: Sämtliche Beweisanträge der Verteidigung hat sie abgelehnt, dabei als Begründung viele der zu beweisenden Tatsachen als wahr unterstellt. Diese Wahrunterstellung hat sie nachher in der Urteilsbegründung aber nicht mehr eingehalten.“
Inga Schulz, die Rechtsanwältin von Regina S., führt schriftlich aus: „Die Urteilsbegründung zeigt, dass die Richterin den Sachverhalt nicht unvoreingenommen aufklären wollte. Stattdessen wurde die Farbaktion am Brandenburg Tor als Anschlag auf „das Deutsche Nationaldenkmal“ gewertet. Eine Bewährungsstrafe für eine Sachbeschädigung ist eine singuläre Entscheidung und keine angemessene Reaktion auf zivilen Ungehorsam.“
Die Angeklagten und ihre Anwälte haben angekündigt gegen das noch nicht rechtskräftige Urteil Rechtsmittel einlegen zu wollen.