Kiew | aktualisiert | Bei der Präsidenten-Stichwahl in der Ukraine liegt der Herausforderer Wolodymyr Selenskyj ersten Prognosen zufolge klar vor Amtsinhaber Petro Poroschenko. Laut Zahlen des Fernsehsenders „112 Ukraine“ kam Selenskyj in der Stichwahl auf 73,7 Prozent der Stimmen, Poroschenko auf 26,3 Prozent. Insgesamt waren knapp 30 Millionen Bürger zur Wahl aufgerufen.

Selenskyj hatte bereits in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen klar vor Poroschenko gelegen. Der Schauspieler und Komiker war ursprünglich als politisch unerfahrener Außenseiter in das Rennen um die Präsidentschaft gestartet, hatte sich aber relativ schnell zu einem Favoriten entwickelt. Wichtigste Themen im Wahlkampf waren die weit verbreitete Korruption im Land sowie der anhaltende Konflikt in der Ostukraine.

Ukraine: Poroschenko nach Niederlage bei Stichwahl besorgt

Petro Poroschenko hat nach eigener Aussage seine Niederlage bei der Präsidenten-Stichwahl in der Ukraine gegen seinen Herausforderer Wolodymyr Selenskyj akzeptiert. „Es ist uns gelungen, freie, faire, demokratische und wettbewerbsfähige Wahlen zu gewährleisten. Zweifellos hat die Ukraine einen neuen hohen Standard für den demokratischen Wahlkampf gesetzt. Ich werde den Willen der Ukrainer akzeptieren“, schrieb der Amtsinhaber Poroschenko am Wahlabend auf Twitter. Allerdings drückte der Präsident auch seine Besorgnis über die Unerfahrenheit des Wahlsiegers Selenskyj aus: „Sie können sich einfach die Feierlichkeiten im Kreml bei den Wahlen ansehen. Sie glauben, dass die Ukraine mit einem neuen unerfahrenen ukrainischen Präsidenten schnell wieder in den Einflussbereich Russlands zurückkehren könnte.“

Merkel gratuliert Selenskyj zum Wahlsieg in der Ukraine

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat Wolodymyr Selenskyj zu seiner Wahl zum künftigen Präsidenten der Ukraine gratuliert. „Zu Ihrer Wahl zum Präsidenten der Ukraine gratuliere ich Ihnen herzlich“, schrieb Merkel am Ostermontag. „Die Stabilisierung der Ukraine sowie eine friedliche Konfliktlösung liegen mir ebenso am Herzen wie die Durchführung zentraler Reformen der Justiz, der Dezentralisierung sowie der Korruptionsbekämpfung.“

Die Bundesregierung werde der Ukraine insbesondere in ihrem Recht auf Souveränität und territoriale Integrität auch in Zukunft tatkräftig zur Seite stehen, so Merkel weiter. Sie würde sich freuen, Selenskyj bald in Berlin empfangen zu können, fügte Merkel hinzu. Für die anstehenden Aufgaben wünschte Merkel dem designierten ukrainischen Präsidenten „viel Glück und Erfolg“.

Glückwünsche kamen auch aus der EU: EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker schrieb auf Twitter, dass die EU den Reformpfad und die Souveränität der Ukraine weiter unterstützen werde. Ähnlich äußerte sich auch EU-Ratspräsident Donald Tusk, der wie Merkel auch auf die Unabhängigkeit und die territoriale Integrität der Ukraine einging. Selenskyj hatte sich bei der Präsidenten-Stichwahl am Ostersonntag klar gegen Amtsinhaber Petro Poroschenko durchgesetzt.

Nach Auszählung fast aller Stimmen kam der Schauspieler und Komiker auf rund 73,2 Prozent der Stimmen, Poroschenko erreichte nur auf 24,5 Prozent.

Maas würdigt „große Verdienste“ Poroschenkos

Nach den Präsidentschaftswahlen in der Ukraine hat Außenminister Heiko Maas (SPD) die Arbeit des unterlegenen Amtsinhabers Petro Poroschenko gelobt. „Präsident Poroschenko hat sich in den letzten fünf Jahren große Verdienste um sein Land erworben“, sagte Maas am Ostermontag. „Danken möchte ich ihm auch, dass er noch gestern den verfassungsmäßigen friedlichen Wechsel eingeleitet hat.“

Dem Wahlsieger Wolodymyr Selenskyj gratulierte Maas: Die Wahlen seien ein „Zeichen für die lebendige und starke Demokratie“ in der Ukraine, sagte er. „Fünf Jahre nach dem Maidan übernimmt der neue ukrainische Präsident große Verantwortung für sein Land und dessen Zukunft.“ Dafür wünsche ihm die Bundesregierung Erfolg und eine glückliche Hand.

Deutschland werde weiter eng an der Seite der Ukraine stehen, um den Weg zu weiteren Reformen und zur Bekämpfung der Korruption zu unterstützen. Auch an der Umsetzung der Minsker Vereinbarungen im Normandie-Format werde man weiter mitwirken, kündigte der SPD-Politiker an. Selenskyj hatte sich bei der Präsidenten-Stichwahl am Ostersonntag klar gegen Amtsinhaber Petro Poroschenko durchgesetzt.

Nach Auszählung fast aller Stimmen kam der Schauspieler und Komiker auf rund 73,2 Prozent der Stimmen, Poroschenko erreichte nur 24,5 Prozent.

Russlandbeauftragter sieht Ukraine-Wahl als „Sieg der Demokratie“

Der Russlandbeauftragte der Bundesregierung, Dirk Wiese (SPD), hat die Wahl in der Ukraine als „Sieg der Demokratie“ gewürdigt. „Die Bürger hatten eine echte Wahl und jetzt gibt es einen friedlichen Machtwechsel. Das ist in den Staaten der ehemaligen Sowjetunion nicht gerade Standard“, sagte Wiese der „Saarbrücker Zeitung“ (Dienstagsausgabe).

Den großen Sieg Wolodymyr Selenskyjs erklärte Wiese als eine Entscheidung „gegen verfestigte Strukturen“. Die große Mehrheit habe jemanden Neues und Unverbrauchtes an der Spitze haben wollen. Die Bundesregierung werde mit Selenskyj genauso kooperieren wie mit Amtsvorgänger Petro Poroschenko.

„Selbstverständlich, er ist der gewählte Präsident der Ukraine“, sagte Wiese. „Und er hat sehr klar gemacht, dass er die Orientierung Richtung Europa fortsetzen will.“ Ohne Mehrheit im Parlament werde der Start des neuen Präsidenten sicher nicht einfach werden, sagte Wiese, und fügte hinzu: „Selenskyj hat eine Chance verdient.“

Dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) letzte Woche Poroschenko im Kanzleramt empfangen hatte, kritisierte Wiese nicht offen, sagte aber: „Nach meiner Ansicht wäre es durchaus überlegenswert gewesen, vor der Stichwahl beide Bewerber zu treffen.“

Autor: dts