Kairo | aktualisiert | Die ägyptische Armee hat Präsident Mohammed Mursi abgesetzt und am Abend ihren Plan zur Lösung der Staatskrise in dem Land vorgestellt. Laut diesem werde die Verfassung des Landes temporär außer Kraft gesetzt, wie Ägyptens Verteidigungsminister Abdel Fatah al-Sisi in einer Ansprache im ägyptischen Staatsfernsehen verkündete. Zugleich wurde von der Armee eine Übergangsregierung eingesetzt.

Sturz Mursis löst weltweit Besorgnis aus

4.7.2013, 9:50 Uhr >Der Sturz des ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi durch das Militär hat weltweit Besorgnis ausgelöst. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon erklärte, jegliche Einmischung der Armee in die Angelegenheiten eines Staates sei bedenklich. Es sei daher wichtig, die zivile Ordnung in Ägypten schnell wiederherzustellen, so der UN-Generalsekretär weiter.

US-Präsident Barack Obama zeigte sich „zutiefst besorgt“ über die Absetzung Mursis und die Aussetzung der ägyptischen Verfassung. Der US-Präsident rief das ägyptische Militär ebenfalls dazu auf, die Macht so schnell wie möglich an eine demokratisch gewählte Regierung wieder abzugeben. Bundesaußenminister Guido Westerwelle forderte alle beteiligten Gruppen dazu auf, „den Weg in Richtung Demokratie fortzusetzen, auf Gewalt zu verzichten und auf Dialog zu setzen“.

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Ägyptisches Militär putscht

4.7.2013, 2:50 Uhr > Das ägyptische Militär hat seine Ankündigung wahr gemacht und nach dem Auslaufen eines 48-stündigen Ultimatums offensichtlich die Macht im Land übernommen. Als Interimspräsident soll der erst vor Kurzem zum Chef des Verfassungsgerichts berufene 67-jährige Richter und ehemalige Diplomat Adly Mahmoud Mansour am Donnerstag vereidigt werden. Angeblich soll es nach dem Willen der Militärführung so schnell wie möglich Neuwahlen in Ägypten geben.

Im Zuge des Militärputschs wurden offensichtlich mehrere Fernsehsender abgeschaltet. Der Fernsehsender Al Jazeera teilte mit, sein örtliches Studio sei während der Sendung von Sicherheitskräften gestürmt und Moderatoren, Studiogäste und Produktionsmitarbeiter seien allesamt vorübergehend verhaftet worden. Ähnliches sei bei anderen Fernsehsendern passiert.

Das Staatsfernsehen blieb jedoch weiter auf Sendung, nachdem es schon zuvor von Militärs besetzt worden war, und zeigte am Abend Livebilder und Diskussionsrunden zur aktuellen Lage. Zuvor hatte der Ägyptische Verteidigungsminister Abd al-Fattah as-Sisi dort vor laufenden Kameras erklärt, dass der gewählte Präsident Mursi abgesetzt worden sei. Dessen Büro meldete sich auch noch am Abend zu Wort und verbreitete eine Videobotschaft, wonach Mursi den Staatsstreich verurteile.

Wo er sich aufhält und ob das etwa 20-minütige Video möglicherweise schon im Voraus aufgenommen wurde, war unklar. Unterdessen wurde bekannt, dass es bei Zusammenstößen im Norden des Landes am Abend mindestens fünf Todesopfer gegeben haben soll, darunter mindestens vier Unterstützer Mursis. Auf dem Kairoer Tahrir-Platz blieben auch in der Nacht zehntausende Menschen in Feierstimmung und zündeten Feuerwerksraketen.

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21:30 Uhr > Der Chef des Verfassungsgerichts werde die Aufgaben des Präsidenten zeitweise übernehmen, ehe nach einer kurzen Interimsphase Wahlen stattfinden sollen. Das Verfassungsgericht soll überdies in den kommenden Wochen ein neues Wahlgesetz erarbeiten. Nachdem Mursi einen Aufruf zu einem nationalen Dialog ausgeschlagen habe, habe die Armee einschreiten müssen, so Sisi weiter.

Er rief die Ägypter zur Ruhe und zum Gewaltverzicht auf. Direkt nach der Ansprache jubelten Zehntausende Demonstranten auf dem Tahrir-Platz. Mursi war im vergangenen Jahr bei der ersten freien Präsidentschaftswahl in Ägypten gewählt worden. Er war zuletzt wegen seines autoritären Regierungsstils und wegen seiner Wirtschaftspolitik immer stärker in die Kritik geraten.

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Ägypten: Mursi lässt Ultimatum verstreichen – Militärputsch läuft an

Der bisherige ägyptische Präsident Mohammed Mursi hat das vom Militär gestellte Ultimatum am Mittwochnachmittag verstreichen lassen. Die Armee hatte ihn am Montag dazu aufgefordert, mit der Opposition innerhalb von 48 Stunden eine Einigung zu finden, sonst werde das Militär selbst das Ruder in die Hand nehmen. Mursi hatte diese Ankündigung noch am Dienstagabend in einer im Fernsehen übertragenen Ansprache zurückgewiesen und die Militärs aufgefordert, ihr Ultimatum zurückzuziehen, schließlich sei er demokratisch gewählt worden.

Am Mittwochabend war die Lage in Ägypten dann unübersichtlich: Gehad ElHaddad, ein Sprecher der Muslimbruderschaft sagte dem Fernsehsender Al-Jazeera, ein Militärputsch sei in vollem Gange. Im ganzen Land fuhren laut Augenzeugenberichten Panzer auf und besetzten strategisch wichtige Punkte, einige ranghohe Mitglieder der Muslimbruderschaft sollen verhaftet worden sein. Das Schicksal von Mursi selbst war unklar.

Der Sprecher der Muslimbruderschaft sagte Al-Jazeera, jegliche Kommunikation mit ihm ein abgebrochen. Angeblich sei ein Ausreiseverbot gegen ihn, den Chef der Muslimbrüder und dessen Vize verhängt worden. Der politische Fahrplan des Militärs sieht nach einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur vor, dass nach einer kurzen Übergangsphase Präsidenten- und Parlamentswahlen stattfinden sollen.

In Kairo gingen bereits am Nachmittag zehntausende Menschen auf die Straße. Auf dem Kairoer Tahrir-Platz und vor dem Präsidentenpalast waren jubelnde Menschen zu sehen, die Fahnen schwenkten und Feuerwerksraketen abfeuerten. Doch auch Anhänger Mursis sollen auf die Straße gegangen sein, um nach eigenem Bekunden die Demokratie zu verteidigen.

Autor: dts