Köln | Die Kundgebung auf dem Alter Markt gegen das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG), angemeldet von einer Frau, die dem rechten Spektrum zuzuordnen ist, eingezäunt. Die eigentlich am Heumarkt geplante Gegendemo „Köln gegen Rechts“ frei zugänglich. Aber die Gegendemonstranten spazierten auf den Alter Markt und die Polizei ließ eine Spontankundgebung zu. Es waren mehr Gegendemonstranten als Demonstranten. Die prominenteste Rednerin auf der Demonstration gegen das NetzDG war Vera Lengsfeld, aber auch Serge Menga sprach, der nach seiner Videobotschaft zur Kölner Silvesternacht in die Politik strebt. Vera Lengsfeld schlug einen Gegendemonstranten und begründet dies damit, dass dieser ihr vorher während ihrer Rede „Nazischlampe“ zugerufen habe.

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Kaum 100 Menschen waren in den umzäunten und von der Polizei geschützten Bereich gekommen, um sich der Veranstaltung gegen das NetzDG anzuschließen. Ein bunter Mix aus dem rechten Spektrum. Ehemalige Aktive von Pro Köln, rechte Blogger, eine Frau trug ein T-Shirt mit dem Emblem von Hogesa und auch das Zeigen der Identitären war zu sehen. Vera Lengsfeld, die ehemalige Bürgerrechtlerin und Politikerin die für Bündnis 90/Die Grünen und die CDU im Bundestag saß und den Aachener Friedenspreis im Jahr 1990 erhielt, war die Hauptrednerin auf dem Alter Markt. Das nur so wenige Menschen kamen, ist insofern bemerkenswert, als die von Lengsfeld mitinitiierte „Erklärung 2018“ mehr als 120.000 Unterschriften im Internet sammelte und auch für mediale Aufmerksamkeit sorgte.

Die Gegendemonstranten bleiben nicht auf dem Heumarkt, sondern machten einen Spaziergang an den Alter Markt. Am Zaun diskutierten Linke und Rechte heftig miteinander, bevor die Kundgebung gegen das NetzDG begann. Die Gegendemonstranten waren eindeutig in der Überzahl. Die Polizei erklärte, dass die Versammlung der Gegendemonstranten als spontane Versammlung zu werten sei. Und so standen die einen auf der einen Seite und skandierten laut „Nazis raus“ und die anderen hielten Reden und beschimpften teilweise dabei die anderen. Dazu gab es die Foto und Filmspiele, jeder fotografierte oder videografierte den jeweils anderen. Auch Vera Lengsfeld holte ihr Smartphone heraus und fotografierte eifrig mit.

In Ihrer Rede betonte Lengsfeld, die mehrfach sehr dünnhäutig reagierte, dass sie den Rechtsstaat verteidigen wolle und beschimpfte die Gegendemonstranten als „Antifanten“ und warf ihnen – ohne Beweise – vor sich den Kampf gegen Rechts von der Bundesregierung bezahlen zu lassen. Lengsfeld gerierte sich zudem in ihrer Rede populistisch. Das NetzDG steht in vielerlei Hinsicht in der Kritik. Und mehrere Gruppen oder Parteien haben angekündigt vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen. Das Landgericht Berlin hat erst in dieser Woche, Lengsfeld verwies sogar darauf, entschieden, dass Facebook einen Post unberechtigt löschte und gab einem Kläger recht, der dagegen vor Gericht zog. [report-K berichtete >]

Lengsfeld war mehrere Jahre im Bundestag, kennt die politischen Abläufe, kennt die juristischen Möglichkeiten, warum sucht sie ausgerechnet die Straße und den Populismus für diese Auseinandersetzung? Nur ein Beispiel: Auf Plakaten hatten die Aktivisten angeblich gelöschte Posts abgedruckt und aufgestellt. Gegen die Löschung steht und stand der Rechtsweg offen, auch für Menschen die kein Geld haben, denn die können Prozesskostenbeihilfe beantragen. Das weiß auch Lengsfeld und die, auch von ihr vorgetragene, Gerichtsentscheidung aus Berlin beweist dies.

Serge Menga, hatte ein Video nach der Kölner Silvesternacht veröffentlicht, dass mehrere Millionen Mal aufgerufen wurde. „Bento“ berichtete über seine Ambition daraus politisch Kapital zu schlagen. Er hetzte gegen Flüchtlinge mit eigenwilligen Interpretationen der Kriminalstatistik und spricht gerne über die innere Sicherheit, auch heute in Köln. In Essen trat Menga bei der NRW-Landtagswahl als parteiloser Kandidat an, wurde aber nicht in den Landtag gewählt. Warum hetzt ein Mensch, der als Flüchtling nach Deutschland kam, gegen Menschen die jetzt fliehen? Und was hat das mit dem NetzDG zu tun?

In den rechtspopulistischen Internetmedien kann man sich jetzt die Reden aus Köln ansehen und anhören. Das ist interessant. Denn diese Medienseiten nutzen „Youtube“ als Transportkanal. Vera Lengsfeld sagte: „Es handelt sich beim Netzwerksdurchsetzungsgesetz um ein Meinungsfreiheitsvernichtungsgesetz! Wenn wir dieses Gesetz dulden, ist es mit der Meinungsfreiheit in unserem Land vorbei, dann steht sie noch auf dem Papier. Die Meinungsfreiheit ist aber die Voraussetzung für Freiheit überhaupt. Ohne Meinungsfreiheit herrscht Tyrannei!“ Gegen was wettert Lengsfeld? Ihre Rede ist schriftlich auf Ihrer eigenen Website und Medienseiten für die Öffentlichkeit verfügbar. Ihre Rede in Köln auf „Youtube“ und rechten Internetseiten. Wo findet Zensur statt? Wo ist Frau Lengsfeld in ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung behindert worden? Ganz im Gegenteil die staatlichen Organe, die Polizei, schützte ihr Recht auf freie Meinungsäußerung, baute dafür sogar einen abgeschirmten Bereich auf. Auch die von ihr mitgetragene „Erklärung 2018“, die so viele Menschen aus dem akademischen Umfeld unterstützen, steht weiter im Netz.

Im Rahmen der Demonstration kam es zu zwei Anzeigen wegen Körperverletzung. Eine gegen eine Gegendemonstrantin und eine Anzeige gegen eine prominente Rednerin der NetzDG-Demonstration, die so eine Zeugin gegenüber report-K, einen Gegendemonstranten ins Gesicht geschlagen hat. Dies war Vera Lengsfeld, die auf Ihrer Internetseite schreibt: „Nach meiner Rede ging ich zu ihm und fragte ihn, wie er mich genannt hätte. „Nazischlampe“. Da habe ich ihm im Affekt eine leichte Ohrfeige verpasst. Das führte zu einem überraschten Aufschrei der Umstehenden. Ich war von meiner Spontanreaktion selbst überrascht.“ Die Polizei nahm die Personalien der prominenten Rednerin auf und spricht von einer „Ohrfeige“, die diese einem Gegendemonstranten gegeben haben soll und folgt damit der Darstellung von Lengsfeld. Lengsfeld schreibt auf Ihrer Internetseite, dass sie gegen den Mann ebenfalls einen Anzeige gestellt habe, wegen „Beleidigung“.

Autor: Andi Goral
Foto: Die Polizei nahm die Personalien der prominenten Rednerin Vera Lengsfeld nach ihrer „Ohrfeige“ für einen Gegendemonstranten auf.