Die Stadt Köln teilte soeben mit: Heute Vormittag hat Jörg Frank gegenüber Oberbürgermeister Jürgen Roters erklärt, dass er für das Amt des Stadtkämmerers nicht mehr zur Verfügung steht. Diese Entscheidung beruht darauf, dass die Bezirksregierung die Bestellung des Kämmerers prüft und ihr letztlich auch zustimmen muss. Dabei spielt auch eine Rolle, ob die fachliche Qualifikation ausreichend ist. Unter anderem sieht die Gemeindeordnung vor, dass ein Beigeordneter Führungsqualifikationen größerer Arbeitsgruppen und Teams mitbringt.

"In der Frage der formalen und fachlichen Qualifikation des designierten Kämmerer gab es in den vergangenen Tagen zwischen der Bezirksregierung Köln und der Stadt Köln unterschiedliche Auffassungen", so die Stadt und weiter heißt es: "Der Regierungspräsident Köln hatte offensichtlich massiv rechtliche Bedenken gegenüber der Wahl ins Feld geführt, so dass darüber ein langwieriger Rechtsstreit zwischen Bezirksregierung und Stadt Köln droht, der eine Entscheidung wahrscheinlich erst in 2011 in Aussicht stellt."

Kölns Oberbürgermeister Jürgen Roters kommentiert den Vorgang so: „Nach meiner Einschätzung hätte Herr Frank das Amt des Kämmerers qualifiziert führen können. Herr Frank hat aber nun von sich aus eine verantwortungsvolle und weitsichtige Entscheidung getroffen, um einen langwierigen Rechtsstreit und eine damit verbundene öffentliche Diskussion von vornherein zu beenden. Er hat einen Schritt getan, um Schaden von der Stadt Köln abzuwenden. Deshalb respektiere und achte ich seine Entscheidung“.

Wie es nun weitergeht, ob aus den zusätzlich eingegangen Bewerbungen ein geeigneter Kandidat gesucht werden wird, oder die Stelle neu ausgeschrieben wird, teilte die Stadt noch nicht mit. Derzeit führt die Kämmerei der Wirtschaftsdezernent Dr. Norbert Walter-Borjans, SPD, in Personalunion. Dabei steckt die Stadt in einer wirtschaftlich äußerst angespannten Lage, wie der Kölner Oberbürgermeister in den letzten Tagen verschiedenen Medien immer wieder mitteilte.

Aktualisiert 14:40 Uhr
Die Stellungnahme der Bezirksregierung zum Rückzug von Jörg Frank:
Der Oberbürgermeister der Stadt Köln hat heute der Bezirksregierung Köln mitgeteilt, dass Herr Jörg Frank seine Erklärung der Annahme der Wahl zum Kämmerer der Stadt Köln mit Schreiben vom 07.01.2010 zurückgenommen hat. Aufgrund dieser Tatsache hat die Bezirksregierung Köln Ihre Weisung zur Beanstandung des Ratsbeschlusses vom gleichen Tag für erledigt erklärt. Herr Frank verfüge über einen einwandfreien und ehrenwerten Lebenslauf. Die Beanstandung war notwendig, weil außer seiner kommunalpolitischen Mitarbeit im Stadtrat und im Finanzausschuss keine Verbindungen zum Anforderungsprofil eines Kämmerers gemäß der Gemeindeordnung gegeben war.


Barbara Moritz, Jörg Frank und Katharina Dröge auf der Pressekonferenz zum Rückzug von Jörg Frank

Aktualisiert 15:36 Uhr
Grüne: Keine Personalentscheidung sondern eine formale Entscheidung
Auf einer eilig einberufenen Pressekonferenz äußerten sich heute Mittag in einer sachlichen und ruhigen Atmosphäre Katharina Dröge, Vorsitzende der Kölner Grünen, Barbara Moritz, Fraktionsvorsitzende der grünen Stadtratsfraktion und Jörg Frank, Geschäftsführer der Kölner Grünen, zu den Gründen des Rücktritts und zur Zukunft. Jörg Frank verdeutlichte, dass es nicht an seiner Person, so eine mündliche Aussage des Regierungspräsidenten, die auch noch schriftlich nachgereicht werde, sondern an folgender Formalie läge: So lange der aktuelle Haushalt der Stadt Köln beraten werde könne die Stelle des Kämmerers nicht neu besetzt werden. Die Haushaltsberatungen sollen im Mai 2010 abgeschlossen werden. Daher, so Frank, werde es auch keinen neuen Vorschlag bis nach der Sommerpause des Kölner Rates geben. Frank machte aber auch deutlich, dass er persönlich den Versuch unternommen hätte, seine Kandidatur auch gegenüber dem Regierungspräsidium durchzusetzen, aber als Person der Öffentlichkeit wollte er ein solches Procedere der Stadt so nicht zumuten.

Barbara Moritz machte klar, dass die Kölner Grünen weiterhin das Vorschlagsrecht für den Posten des Kämmerers innehaben: „Wir bestehen auf unser Vorschlagsrecht.“ Katharina Dröge verdeutlichte, dass die Partei hinter Jörg Frank stehe und weiterhin der Überzeugung sei, dass Jörg Frank der beste Kandidat sei. Weiter erklärte sie im Namen der Partei, dass sie die Entscheidung Franks sehr bedaure, aber respektiere. Spitz merkte die Vorsitzende der Grünen an, dass auch der Regierungspräsident ein Parteibuch habe. Regierungspräsident Lindlar gehört der CDU an und folgte auf den jetzigen Oberbürgermeister Roters im Amt des Regierungspräsidenten.

Aktualisiert um 16:00 Uhr
Politische Erfahrung wohl überschätzt
Barbara Moritz betonte, natürlich habe man im Vorfeld überprüft, ob Jörg Frank ein geeigneter Kandidat für das Amt des Stadtkämmerers sei. Im Nachhinein hätte ihre Partei wohl unterschätzt, dass sich die „Ansprüche in der Interpretation der Gemeindeordnung erhöht“ hätten, so Moritz. Zudem würden sie anders als die Bezirksregierung die politischen Erfahrungen als wichtiger beurteilen als die verwaltungstechnischen Erfahrungen. Es sei nicht richtig, dass ein Beamter der Verwaltung ohne politische Erfahrung Kämmerer werden könnte. Jörg Frank erklärte zudem, dass er seiner Meinung nach die geforderte Kompetenz im Bereich der Verwaltungsarbeit erfüllen würde, auch wenn dies der Regierungspräsident in Frage gestellt hätte. Erworben hätte er diese in seiner langjährigen politischen Arbeit in führenden Positionen. Die Entscheidung, auf das Amt zu verzichten, sei erst vor wenigen Stunden getroffen worden, meinte Frank. Am Morgen hätte er selbst sich noch von vier Anwälten Rat abgeholt. Die hätten die Lage hinsichtlich eines Urteils vor Gericht unterschiedlich beurteilt. Einig wären sie sich jedoch darin gewesen, dass der Stadt Köln ein langes Verfahren bevorstünde. Das wolle er mit seinem Rücktritt der Stadt ersparen, so Frank.

Aktualisiert um 16:15 Uhr
Stellungnahme der SPD
Die SPD-Fraktion im Rat der Stadt Köln nimmt die Entscheidung Jörg Franks, die Wahl zum Stadtkämmerer nicht anzunehmen, mit Respekt zur Kenntnis. Dies teilte die Fraktion soeben mit. Vorausgegangen sei dieser Entscheidung eine Verfügung des Regierungspräsidenten die Wahlentscheidung des Rates zu beanstanden. Martin Börschel, Vorsitzender der SPD-Ratsfraktion: "Jeder Bürger weiß: Recht haben und Recht bekommen sind oft zweierlei. Da der Rechtsweg Jahre in Anspruch nehmen könnte und sich die Stadt Köln in der schwierigsten finanziellen Situation seit Jahrzehnten befindet, ist es in diesem Fall besser, auf die Durchsetzung seiner Position zu verzichten. Insofern gebührt der Entscheidung Jörg Franks Respekt." Bis zum Abschluss der Beratungen über den städtischen Haushalt 2010 sollte nun Dr. Norbert Walter-Borjans Kämmerer der Stadt Köln bleiben, wünschte sich Börschel. Die SPD-Fraktion werde über das weitere Vorgehen in ihrer nächsten Sitzung am 13. Januar 2010 beraten.

Aktualisiert um 16:30 Uhr
CDU: Klassischer Fehlstart von SPD und Grünen
Karl-Jürgen Klipper, CDU, sieht die Situation zweipolig. Zum einen spricht Klipper von einem klassischen Fehlstart von SPD und Grünen. Seit vier Monaten warte Köln auf einen Koalitionsvertrag, deren Zustandekommen zwar kommuniziert sei, dessen Inhalte aber immer noch nicht bekannt seien. Zum anderen seien die Grünen in einer der wichtigsten machtpolitischen Fragen gescheitert, die Position des Kämmerers, eine Veto-Position zu besetzen. Klipper wirft den Grünen in dieser Frage auch Unprofessionalität vor. So hätte man die Fragen nach der Qualifikation vorab mit dem Regierungspräsidenten klären müssen, der in dieser Frage sicher nur in seiner Funktion entschieden hätte.

Klipper glaubt nicht, dass die Grünen fachlich qualifiziertes Personal in ihren Reihen haben, diese Position zu besetzen. „Die von uns bereits im Vorfeld geäußerten Bedenken haben sich voll und ganz bewahrheitet und dies zum Leidwesen der Stadt Köln. Auf Grund dieser Bedenken haben wir der Wahl von Herrn Frank im Rat nicht zugestimmt. Dieses amateurhafte Vorgehen der Koalition lässt sich nur mit der Arroganz der Macht erklären und zeichnet sich nicht durch verantwortungsvolles kommunalpolitisches Handeln aus. Gerade die Grünen haben in der Vergangenheit immer wieder großen Wert auf Transparenz und Bestenauslese gelegt. Das nun gerade diese Partei an ihren eigenen Ansprüchen gescheitert ist, macht die Ernsthaftigkeit der sonst immer aufgestellten Forderungen deutlich“, betonte Klipper.

CDU fordert neue Ausschreibung
Für die Stadt sei dieser Fehlstart von Rot-Grün ein Desaster, so Klipper. Gerade angesichts der Finanznot der Stadt und einem befürchteten Defizit von 500 Millionen Euro sei es schädlich, dass man mit dem Wirtschaftsdezernenten Dr. Norbert Walter-Borjans einen Kämmerer habe, der diese Position nur sehr unwillig ausfülle und erst jetzt eine Task Force einrichte – ein dreiviertel Jahr nachdem sich die schwierige Situation angekündigt habe. Gerade jetzt, so Klipper, brauche Köln einen Kämmerer, der nicht verwalte, sondern gestalte. Die CDU plädiert für eine erneute Ausschreibung der Position des Kämmerers, bei der aber unbedingt kommuniziert gehöre, dass jeder der fachlich qualifiziert ist, sich bewerben kann. Dann solle mit Hilfe einer Personalberatung – ein Prozess wie das bei der Besetzung von Spitzenpositionen üblich ist – der Beste gefunden werden. Die bisher eingegangen 39 Bewerbungen hält Klipper für nicht ausreichend: „Da war keine einzige 1a Bewerbung dabei“. Klipper fordert von den Grünen bei der Neubesetzung der Position des Kämmerers Objektivität, Transparenz und eine Entscheidung zum Wohl der Stadt.

FDP fordert vertrauensbildende Maßnahmen
Ralph Sterck der Fraktionsvorsitzende der FDP
im Kölner Stadtrat zeigte sich überrascht, dass es so gekommen sei. Schon vor der Wahl habe der Regierungspräsident mit dem Säbel gerasselt. Frank habe aber, als er sich in der FDP Fraktion vorstellte glaubwürdig dargestellt, dass er durchhalten werde und sich wild entschlossen gezeigt, dass er seine Kandidatur durchziehen werde. Daher habe die FDP in der Ratssitzung Frank auch unterstützt. Das jetzt beim Aufziehen der ersten Gewitterwolken Frank nicht durchhalten würde, war so nicht voraus zu sehen. Wichtig sei jetzt, dass es nicht so weiter gehe, wie das alte Jahr geendet habe, so Sterck, sondern die Kölner Kommunalpolitik müsse jetzt vertrauensbildende Maßnahmen ergreifen und professionell die Stelle des Kämmerers neu besetzen. Dazu sei unbedingt nötig die Stelle des Kämmerers offen und transparent neu auszuschreiben. Gleichzeitig muss der neue Kämmerer von einer breiten Mehrheit getragen werden forderte Ralph Sterck und signalisierte für die FDP Fraktion Gesprächsbereitschaft.


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[Cornelia Schlösser, Andi Goral]