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Das Archivfoto von report-k.de zeigt die Festnahmen der Kölner Polizei auf der Siegburger Straße kurz nach 18 Uhr im Jahr 2008. Kurz zuvor hatte Polizeipräsident Steffenhagen schon Bilanz gezogen.

„Ich saß mit 30 Menschen in einem Käfig, wir hatten kaum Decken, uns war kalt und wir konnten uns nicht einmal die Hände waschen“, berichtete heute die Klägerin, die anonym bleiben will, von ihren Erlebnissen im September 2008. Zusammen mit vielen weiteren Kölnern war sie an diesem Tag auf die Straße gegangen, um gegen den so genannten „Anti-Islamisierungskongress“ der vom Verfassungsschutz beobachteten Bürgerbewegung „Pro Köln“ zu demonstrieren. Von 11 bis 16 Uhr hätte sie friedlich in Nähe der Severinsbrücke demonstriert. Dann sei alles ganz schnell gegangen. „Ohne ersichtlichen Grund hat uns die Polizei plötzlich eingekesselt“, so die Kölnerin. Stundenland wäre sie danach in der Siegburgerstraße in Köln-Deutz festgehalten worden. Schließlich habe man sie zusammen mit weiteren Demonstranten in einen Bus gebracht. Dort wären die Personalien aufgenommen und ein Foto von ihr gemacht worden.


Demonstranten hinter Gitter
Danach hätte sie der Bus in das Gefangenensammellager in Brühl gebracht. Zusammen mit über 400 weiteren Menschen wäre sie dort in Gitterkäfige gesperrt worden. Der Boden sei aus Beton gewesen, dabei wären nur wenige Isomatten vorhanden gewesen. Die Decken hätten bloß aus dünnem Papier bestanden. Unter den Gefangenen hätten sich auch 75 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahre befunden. Warum sie überhaupt festgenommen wurde, hätte man ihr nicht gesagt. Erst am nächsten Morgen gegen acht Uhr wäre sie wieder freigelassen worden. Eine Begründung hätte sie jedoch immer noch nicht erhalten. Nach längerem Nachfragen hätte ein Beamter geantwortet, sie hätte Landfriedensbruch begangen. Wie der Beamte hieß, weiß sie nicht, denn die Polizei im Gefangenensammellager trug keine Namensschilder.

Unter den Festgenommen waren auch Kinder
Bereits am Tag des „Anti-Islamisierungskongresses“ war in Köln Kritik an dem Handeln der Polizei aufgekommen. Die selbst räumte nach diesem Tag jedoch keine Fehler sein. Sie gab jedoch bekannt, eine interne Untersuchung durchzuführen. Über die Ergebnisse wurde die Öffentlichkeit bislang nicht informiert. Am Abend des 21. Septembers 2008 gab sie bekannt, 404 Menschen der Gefangenensammelstelle zugeführt zu haben. Ein Großteil der Kinder und Jugendlichen wäre nach entsprechenden Lautsprecherdurchsagen der Polizei bereits vor Ort entlassen oder dem Jugendamt übergeben worden, so auch ein strafunmündiger 13-Jähriger, der nachweislich mit einem Stein auf einen Polizeibeamten geworfen hatte. Insgesamt seien 135 Menschen in Gewahrsam genommen worden, 269 Bürger wären festgenommen worden. Von den Festgenommen hätte sich in drei Fälle um Kinder, in 72 Fällen um Jugendliche unter 16 Jahren und in 23 Fällen um Jugendliche über 16 Jahren gehandelt.

„Eine Gefahrenlage hat demnach nicht vorgelegen“
Die Klage vor dem Verwaltungsgericht der zwei Betroffenen richtete sich heute sowohl gegen die Einkesselung der Polizei, als auch gegen die Verbringung in das Gefangenensammellager nach Brühl sowie gegen die dortige lange Verweildauer. Einkesselungen durch die Polizei Köln fanden nicht nur in der Siegburger Straße in Köln-Deutz statt. Wie Demonstranten berichteten, hätte die Polizei auch in der Rheingasse und an der Malzmühle einen Kessel gebildet, Menschen festgenommen und nach Brühl gebracht. Die Einkesselungen haben laut der Bürger um 14.50 Uhr (Rheingasse und Malzmühle) und um etwa 16 Uhr in der Siegburger Straße stattgefunden. Dabei hätte die Polizei jedoch bereits um 12.35 Uhr die Kundgebung der als rechtsextrem geltenden Bürgerbewegung „Pro Köln“ auf dem Heumarkt verboten. „Eine Gefahrenlage hat demnach nicht vorgelegen“, betonte heute Anwältin Dr. Anna Luczak. Zwar dürfe die Polizei Demonstranten in Gewahrsam werden, ein Anlass hätte in diesem Fall jedoch nicht vorgelegen. Auch hätten die Demonstranten keine Straftat verübt. Die Polizei habe zwar gegen 245 Personen Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruch eingeleitet. Alle Verfahren seien jedoch nur drei Tage später durch die Staatsanwaltschaft Köln eingestellt worden.

Mit ihren Klagen wollen die beiden Kölner erreichen, von dem Verwaltungsgericht Köln die Rechtswidrigkeit des polizeilichen Verfahrens feststellen zu lassen. „Uns ist wichtig, dass die Menschen künftig ihr Recht auf Demonstrationsfreiheit ausüben dürfen“, betonte der Kläger. Dieses Vorgehen der Kölner Polizei sei nicht neu, erklärte heute Tom Strausdat vom Ermittlungsausschuss Köln – einer Rechtshilfegruppe für festgenommene Demonstranten. Bereits bei dem EU-Wirtschaftsgipfel 1999, dem „Grenzcamp“ 2003 und einer Kundgebung 2003 in Köln wären Demonstranten eingekesselt und teilweise nach Brühl verfrachtet worden. In allen Fällen hätte das Verwaltungsgericht Köln im Nachhinein die Unrechtmäßigkeit dieser Handhabung der Polizei Köln festgestellt.

Urteil soll morgen fallen
Ein Urteil hat das Verwaltungsgericht Köln heute noch nicht gefällt. Das soll morgen gesprochen werden. Die Kläger zeigten sich nach der heutigen Verhandlung jedoch vorsichtig optimistisch, da die Polizei auch heute keine Begründung für ihre Vorgehensweise hätte vorlegen können, so Luczak

Report-k.de wird Sie morgen über das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln informieren

Cornelia Schlößer für report-k.de/ Kölns Internetzeitung