Berlin | Die geplante Klage von Bayern und Hessen gegen den Länderfinanzausgleich wird konkret. In einem am Freitag bekannt gewordenen Eckpunktepapier heißt es unter anderem, die jetzige Regelung führe zu „erheblichen Fehlanreizen“. Der bayerische Finanzminister Markus Söder (CSU) sagte auf dapd-Anfrage, der Freistaat weigere sich keineswegs, auch künftig in den Finanzausgleich einzuzahlen. Dies könne aber „nicht mehr in der bisherigen Höhe und in einem ungerechten System“ geschehen. Berlin und Nordrhein-Westfalen kritisierten das Vorgehen.

Am kommenden Dienstag wollen das bayerische und das hessische Kabinett in einer gemeinsamen Sitzung die Klage beim Bundesverfassungsgericht beschließen. Das Eckpunktepapier kritisiert, derzeit werde die Hauptstadtfunktion Berlins von den Ländern mitfinanziert. Dies sei aber nicht Aufgabe des Länderfinanzausgleichs. Erforderlich sei vielmehr „eine Sonderfinanzierung Berlins durch den Bund“.

Berlins Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) kritisierte das Vorhaben als unsolidarisch und wahlkampfmotiviert. „Die Unionsländer wärmen immer wieder ihre Vorschläge auf, mit denen sie schon in der Gemeindefinanzkommission gescheitert sind“, sagte er und warf Bayern und Hessen vor, sich auf Kosten von Bürgern und Unternehmen in finanzschwachen Regionen zu profilieren.

Aus Sicht von Hessen und Bayern müssen künftig „Anstrengungen zur Pflege der eigenen Steuerkraft“ belohnt und „nicht wie bisher massiv bestraft werden“. In dem Papier wird gemahnt: „Den Interessen der Nehmerländer nach möglichst umfangreichem Ausgleich steht das Erfordernis des Schutzes der Geberländer vor Überbeanspruchung gegenüber.“

Eigenverantwortung der Länder soll künftig Vorrang haben

Bayern und Hessen fordern, die Eigenverantwortung müsse nun Vorrang haben. Deshalb solle der Finanzausgleich „verstärkt das haushalts- und finanzpolitische Verhalten eines Landes miteinbeziehen“.

Ferner sei auch vor dem Hintergrund der neu eingeführten grundgesetzlichen Schuldenbremse das derzeitige System der Bund-Länder-Finanzbeziehungen nicht mehr vermittelbar und müsse „entsprechend angepasst werden“. Diese Änderungen müssten einhergehen mit einer deutlichen Erweiterung der Steuerautonomie für die Länder.

Nordrhein-Westfalens Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) nannte das Vorgehen Hessens und Bayern eine „offenkundige Wahlkampfaktion“. Mit ihrer Verfassungsklage beschleunigten beide Länder nicht die sachliche Diskussion über den Finanzausgleich, sondern sie zerstörten die Grundlage dafür. Der Finanzausgleich diene ausschließlich der Abschwächung von teils dramatischen Unterschieden im Pro-Kopf-Steueraufkommen der Länder

Im vergangenen Jahr gab es nach einer vorläufigen Abrechnung des Bundesfinanzministeriums nur noch drei Geberländer. Dazu zählt neben Bayern und Hessen auch Baden-Württemberg. Größter Zahler war Bayern mit 3,9 Milliarden Euro, größter Empfänger Berlin mit 3,3 Milliarden Euro.

Autor: Till Erdtracht und Martin Roy, dapd