Infolge der demographischen Entwicklung und der fortschreitenden Auflösung des klassischen Familienverbundes gewinne die rechtliche Betreuung von Menschen, die durch Krankheit, Unfall oder Alter zu einem Pflegefall werden, zunehmend an Bedeutung, so Jörg Baack, Richter am Amtsgericht Köln. So sei die Zahl der laufenden Betreuungen über einen Zeitraum von 10 Jahren um über 50 Prozent gestiegen, wie eine tabellarische Auswertung des Amtsgerichtes über die Betreuungsverfahren in den vergangenen Jahren zeigt. Dabei dauerten die Bereuungsverfahren im Durchschnitt länger als früher, zum Teil sogar über Zeiträume von über 20 Jahren. Dieser Entwicklung käme die Ausbildung geeigneter Rechtspfleger leider nicht nach: Derzeit stünden dem Betreuungsrecht 9,5 Richterpensen, 8,5 Rechtspflegerpensen und 18,7 „Arbeitskraftanteile“ im Bereich des mittleren Dienstes zur Verfügung. Die Menge an Personal sei bei Verdoppelung der Betreuungsverfahren nahezu gleich geblieben. Um die betreuungsrechtliche Abteilung gewissermaßen zu entlasten, könne jeder Bürger auch in seinem eigenen Sinne vorsorglich etwas für eine geeignete Betreuung im Pflegefall tun.

Vorsorgen, solange man noch „geschäftsfähig“ ist
Generell gäbe es zwei Wege im Falle einer „Unmündigkeit“ im pflegebedürftigen Zustand einen Vertreter für sich zu gewinnen: Der erste sehe einen Betreuungsantrag vor, der dem Betreuungsgericht vorgelegt wird. Nach einem sachverständigen Gutachten würde dem Pflegebedürftigen im Anschluss ein Betreuer gestellt werden. Dieser sei häufig ein Familienangehöriger, zumeist jedoch ein Berufsbetreuer, der von dem Betreuten selbst finanziert werden müsse. Der einfachere und meist geeignetere Weg sei eine Vorsorgevollmacht, die im „geschäftsfähigen“ Zustand erteilt werden müsse: damit sei gewährleistet, dass die Einzelheiten der Betreuung dem Willen des Betroffenen entsprechen. Dieser kann seine getroffene Wahl jeder Zeit ändern, und muss nicht fürchten mit der ersten Vollmachterteilung eine Entscheidung fürs Leben getroffen zuhaben.

„Man kann fast alles mit einem Vertreter regeln“
Mit einer Vorsorgevollmacht umgehe man außerdem die abermalige Rechenschaft vor dem Gericht, denn der eingetragene Vertreter – es können aber durchaus auch mehrere sein – vertritt den Betreuten bei nahezu allen Angelegenheiten, mit Ausnahme von drei Situationen: Der Bevollmächtigte ist nicht befugt einem medizinischen Eingriff zu zustimmen, der eine Lebensgefahr mit sich bringt. Er darf außerdem keine freiheitsbeschränkende Maßnahmen einleiten, auch wenn diese zum Schutz des Betreuten dienen. Schließlich ist der Bevollmächtigte nicht dazu berechtigt, anstelle des Betreuten in eine Organspende einzuwilligen. „Man kann fast alles mit einem Vertreter regeln“, so Richter Harald Renke,  Abteilungsleiter der betreuungsrechtlichen Abteilung am Amtsgericht Köln, „außer bei Regelungen des Testaments, der Eheschließung und de Staatangehörigkeit.“

Experten beantworten Fragen und beraten
Zur umfassenden Aufklärung der Bürger über die Vorsorgemöglichkeiten für eine Betreuung im Pflegefall informiert eine Broschüre des Justizministeriums des Landes Nordrhein-Westfalens. Diese liegt im Infobereich des Amtsgerichts aus, kann aber auch bei den Betreuungsvereinen der Stadt, zum Beispiel der Diakonie und der Caritas, angefordert werden. Am 10. November veranstaltet das Amtgericht Köln im Hörsaal der Arbeitsagentur außerdem eine öffentliche und kostenfreie Informationsveranstaltung zum Thema „Betreuungsrecht und Vorsorge“. Die Bürger werden im Anschluss an einige Vorträge die Möglichkeit haben, den anwesenden Experten Fragen zu stellen und sich beraten zu lassen.

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