Köln | Das Birlikte Festival 2016 verlief sehr ruhig. Die Holzkohlegrills dampften um die Wette, wenn der Eismann fertig war läutete ein Glöckchen. Die Veranstalter sprechen von rund 40.000 Besuchern – so viele dürften es nicht gewesen sein. Köln Multikulti – hier lebt es. Im Depot 1 des Schauspielhauses verhinderte der Antifa AK die Diskussion mit einem AfD-Gründungsmitglied. Gegen 19:00 Uhr wurde das Festival wegen einer Unwetterwarnung abgebrochen.

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Es ist 16:13 Uhr als Schauspielintendant Stefan Bachmann die Veranstaltung mit dem AfD Gründungsmitglied Konrad Adam als beendet erklärt, obwohl sie nie wirklich angefangen hatte. Die Bühne ist zu dieser Zeit besetzt von einer Gruppe des Antifa AK. Schon vor 16 Uhr standen lange Schlangen vor dem Depot 1. Die Menschen verschaffen sich Zugang, die Security kann die Türen nicht geschlossen halten und die Menschen davon abhalten ins Depot 1 zu strömen. Die Menschen skandieren antifaschistische Parolen. Auf der Bühne ist ein Transparent entrollt, die Bühne besetzt. Menschen drängen sich auch auf der Zuschauertribüne. Die Demonstranten machen einen ohrenbetäubenden Lärm. Es kommt zu intensiven Diskussionen zwischen den Initiatoren von Arsch Huh, dem Schauspielhaus und den Demonstranten. Die Emotionen kochen immer wieder hoch. Donnernder Applaus wechselt sich immer wieder mit einem gellenden Pfeifkonzert ab. Als Schauspielintendant Bachmann oder Dramaturg Thomas Laue sprechen, skandieren die Demonstranten „Wo wart ihr als die NSU-Morde passierten“.

Meral Sahin von der IG Keupstraße erklärt, dass Sie mit Konrad Adam von Angesicht zu Angesicht diskutieren haben wolle [Originalvideo von der Veranstaltung auf der Facebookseite von report-K]. Auch sie reagierte sehr emotional und persönlich. Im Publikum auch stadtbekannte Rechtspopulisten wie der Islamkritiker Jürgen Grimm, der die Demonstranten auf der Bühne als „Stalinisten“ beschimpft. Auch sie mischen sich ein, haben ein Podium und der Eindruck der entsteht ist, dass die Veranstalter Schauspielhaus und WDR überfordert sind. Der Protest verstummt erst, als bekannt gegeben wird, dass die Veranstaltung mit Konrad Adam nicht stattfinden wird. Es dauert einige Zeit bis der Saal sich leert.

Vor dem Schauspielhaus gingen die Diskussionen weiter. Vor allem werfen die Demonstranten den Unterstützern und Einladern des AfD-Mannes vor, sie nicht vor der Einladung in die Diskussion einbezogen zu haben. Nicht nur die IG Keupstraße oder Arsch huh seien Teile von Birlikte, sondern auch andere Initiativen, die sich eine Diskussion im Vorfeld gewünscht hätten. Hermann Rheindorf von Arsch huh verteidigt immer wieder die Einladung und warf den Protestierenden vor keine – wenn auch schmerzhafte Debatte – mit den Rechtspopulisten zu führen und damit müssten sie sich fragen lassen, ob sie die Freiheit der Meinung wertschätzten oder die Meinungsfreiheit torpedierten. Um 16:13 Uhr beendete Schauspielintendant Bachmann die Veranstaltung mit dem Hinweis auf Gefahren durch die Demonstration.

Das Festival war sehr friedlich, so der Sprecher der Kölner Polizei Gilles. Die Menschen schlenderten durch die Keupstraße genossen das leckere kulinarische Angebot oder informierten sich an den vielen Ständen der Kölner Bürgerhäuser, die sich in diesem Jahr am Birlikte-Festival beteiligten. Auf den Bühnen unbekanntere Musiker, aber auch die Höhner oder Zeltinger. Manche Bewohner im Veedel, etwa in der Holweider Straße hatten einfach einen Tisch unter einen Baum gestellt und feierten ihr eigenes Fest. Es mischten sich die Kulturen auf einmalige Weise, wie es nur in der Keupstraße in Köln bei Birlikte möglich ist. Und bei all den Diskussionen, Trauer, Wut und Empörung über die feigen Anschläge des NSU, die schleppende Aufklärung bleibt eine Erinnerung an diesen Tag im Gedächtnis haften: Es ist das Lächeln der Menschen, wie der des Eisverkäufers oder all der anderen, die sich heute in der Keupstraße getroffen haben. Und es wurde viel gelächelt.

Autor: Andi Goral