Köln | Im Rahmen des zweiten bundesweiten Blitz-Marathons am heutigen Donnerstag, 18. September 2014, beteiligten sich 26 Schulen mit besonderen Aktionen an Messpunkten in ihrer unmittelbaren Nähe. So auch die Klassen 4a und 4f der Idenfons-Herwegen-Grundschule in Junkersdorf. Die Kinder verteilten als „Messpaten“, in Begleitung der Polizei Rosen und selbstgebastelte „Deckzettel“ an Autofahrer, je nachdem, ob sich diese an das dortige Tempolimit gehalten hatten oder nicht.

Dabei mussten sich einige der Autofahrer auch Tadel von den Kindern anhören: „Sie sind zu schnell gefahren. Das hier ist unser Schulweg. Fahren Sie bitte nächstes Mal langsamer.“ Diese Sätze hatten die Schülerinnen und Schüler der Klasse 4a mit ihrer Lehrerin Renate Hoven tags zuvor eingeübt. An dem Vormittag wurden zahlreiche Rosen für vorbildliches Fahren verteilt, aber auch Verwarnungen durch die Polizei ausgesprochen, in der Zeit von 7.45 Uhr bis 9:50 Uhr insgesamt sieben. Die höchste gemessene Geschwindigkeit an diesem Morgen lag laut Polizei bei 43 Stundenkilometern.

„Denkzettel“ von Hannah (10) von der Idenfons-Herwegen-Grundschule in Junkersdorf

Rund 200 E-Mails an Polizei

Die Schule an der Statthalterhofallee in Köln-Junkersdorf ist eine von insgesamt 53 Kölner Schulen, vor denen im Rahmen des Blitz-Marathons Geschwindigkeitsmessungen durchgeführt werden. Rund 200 Bewerbungen dafür waren bei der Kölner Polizei eingegangen. An 26 dieser Schulen fanden über den Tag verteilt solche oder ähnliche Aktionen mit Schülerinnen und Schülern statt, die den direkten Kontakt zu von der Polizei angehaltenen Verkehrsteilnehmern suchten. „Es ist etwas völlig anderes, als Erwachsener auch einmal Tadel von einem Kind zu bekommen. So etwa prägt sich ein“, so Georg Dissen, stellvertretende Direktionsleiter Verkehr der Kölner Polizei.

Die Aktionen sollen auch noch einmal besonders auf das Schwerpunktthema des diesmaligen Blitz-Marathons aufmerksam machen, erklärt Kölns Polizeipräsident Wolfgang Albers. Fahrzeugführern müsse bewusst gemacht werden, dass Kinder im städtischen Straßenverkehr zu den besonders „schwachen Verkehrsteilnehmern“ zählten. Außerdem wolle man Autofahrern ins Bewusstsein rufen, dass Kinder nicht in der Nähe von Kindergärten und Schulen anzutreffen seien, sondern in dass man in der ganzen Stadt in jeder Situation mit ihnen rechnen müsse. Auch hätten vor allem jüngere Kinder das Problem, Abstände und Geschwindigkeit herannahender Fahrzeuge richtig einzuschätzen.

„Kinder von heute sind die Autofahrer von morgen“

Aber auch für die Kinder solle der heutige Tag lehrreich sein, so Albers. „Denn die Kinder von heute sind die Autofahrer von morgen.“ So kam die Polizei zwei Tage zuvor in die teilnehmenden Klassen der Idenfons-Herwegen-Schule und bereitete den Tag zusammen mit den Lehrkräften vor. Spielerisch wurde mit ihnen das Ansprechen der Fahrerinnen und Fahrer eingeübt. Die Kinder bastelten anschließend eigene „Denkzettel“ auf denen sie Botschaften an potentielle Verkehrsrowdys festhielten. Während der Aktion gab es dann Verkehrserziehung vor Ort: Polizeibeamte übten mit den Kindern Verhaltensregeln im Straßenverkehr, veranschaulichten ihnen wie unterschiedlich lange Reaktions- und Bremsweg bei Tempo 30 und Tempo 50 sind. Die Kinder erfuhren so, dass dort, wo das Fahrzeug bei Tempo 30 zum Stehen kommt, ein Fahrzeug mit Tempo 50 erst mit dem Bremsen einsetzt. „Wir machen das im Rahmen der Verkehrserziehung auch oft zusammen mit den Eltern, die dann auch sehr erschrocken sind, wenn sie sehen, wie groß diese Unterschiede sind.“, so eine Beamtin.

Schon geringe Geschwindigkeitsübertretungen oft fatal

„Beim Zusammenstoß eines Autos mit einem Fußgänger bei Tempo 30 liegt die Überlebenswahrscheinlichkeit des Fußgängers bei 80 Prozent, bei Tempo 50 bei 20“, so Albers. Selbst vermeintlich kleine Geschwindigkeitsübertretungen hätten oft fatale Folgen. „Rasen ist immer noch Killer Nummer Eins“, so der Polizeipräsident weiter. 660 Menschen wurden von Januar bis Ende August 2014 im Zuständigkeitsbereich der Kölner Polizei infolge zu schnellen Fahrens verletzt, 264 davon innerhalb des Kölner Stadtgebietes. Dies sei ein Zuwachs von 40 Personen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, so Albers.

NRW-weit 17.900 Kinder beteiligt  

Laut NRW-Verkehrsministerium beteiligten sich heute landesweit mehr als 17.900 Kinder mit ihren Ideen am Blitz-Marathon. Mit Briefen, per Mail und über soziale Netzwerke hatten die Schüler mehr als 3.000 Orte gemeldet, an denen Geschwindigkeit gemessen werden sollte. Über 3.000 Kinder hatten sich der NRW-Polizei als „Messpaten“ zur Verfügung gestellt. „Wir müssen allen Autofahrern bewusst machen, dass Kinder nicht nur in Spielstraßen unterwegs sind, sondern überall am Straßenverkehr teilnehmen. Zu Fuß und mit dem Fahrrad.“, so NRW-Innenminister Ralf Jäger.
Die Polizei in NRW hatte im Vorfeld mehr als 32.000 Kinder an über 1.800 Schulen nach ihren Erlebnissen mit Rasern befragt.

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Die Polizei Köln ist am zweiten bundesweiten Blitz-Marathon von Donnerstag, 18. September 6:00 Uhr bis Freitag, 19. September 6:00 Uhr mit rund 300 Beamten im Einsatz. Kontrollen durch die Kölner Beamten finden in Köln und Leverkusen sowie auf insgesamt 600 Autobahnkilometern innerhalb des Regierungsbezirks Köln statt.   

Landesweit werden mehr als 3.500 Polizisten und Mitarbeiter von Kommunen über 24 Stunden an rund 3.400 Stellen in NRW die Geschwindigkeit kontrollieren. Bundesweit sind es insgesamt über 13.000 Polizistinnen und Polizisten an fast 7.500 Kontrollstellen. Auch die Verkehrswachten beteiligen sich am siebten NRW-Blitz-Marathon.                      

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Autor: Daniel Deininger
Foto: „Messpaten“ der Idenfons-Herwegen-Grundschule in Junkersdorf übergeben eine Rose.